Gastronomie Spree-Engel schließt bald - der Liebe wegen

Bad Oeynhausen. Knapp ein Vierteljahr will Julia Janke ihre Gäste noch mit leckeren Gerichten, kalten und warmen Getränken versorgen, Mitte September wird die 35-Jährige ihren "Spree-Engel" im Lenné-Karree schließen. Grund dafür seien weder Corona noch wirtschaftliche Zwänge. "Es ist die Liebe", betont sie im Gespräch mit der NW. Und verrät dann auch, für wen ihr Herz so stark schlägt. Vor sechs Jahren hat die gebürtige Bad Oeynhausenerin, die ihre Ausbildung bei Zwei-Sterne-Koch Kolja Kleberg absolviert hat, ihr Bistro-Restaurant an der Viktoriastraße eröffnet. &bdquo;Ich erfülle mir meinen beruflichen Traum", hatte sie damals betont. Und zwar - abgesehen von einer Service-Mitarbeiterin - ganz allein. "Kochen, putzen, einkaufen", zählt sie einen Teil ihrer Tätigkeiten auf. Wobei ihr eins besonders wichtig ist: "Ich habe auch alles allein finanziert". Julia Jankes Vater ist Rainer Janke, Vorstand der Sparkasse Bad Oeynhausen-Porta Westfalica. Bei Abschluss des Mietvertrages war die Sparkasse Eigentümerin des Lenné-Karrees, immer wieder waren anschließend Gerüchte laut geworden, es habe Sonderkonditionen für die Tochter des Vorstands gegeben. "Das hat mir das Leben schwer gemacht", bilanziert Julia Janke, macht aber auch klar: "Ich habe von meinem Vater nie einen Cent bekommen". Auch der Mietvertrag sei zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen worden - und nun eben von ihr fristgerecht zum 30. September gekündigt worden. Um einen Nachmieter muss sie sich nicht kümmern. Das macht stattdessen der städtische Wirtschaftsförderer Patrick Zahn, der dabei das Projekt "Kurstadtladen" nutzen will. "Seit vier Jahren super gelaufen" "Die Entscheidung für meine Kündigung war von langer Hand geplant", sagt Julia Janke. Ein Restaurant ganz allein zu führen, koste viel Kraft, lasse kein Privatleben mehr zu, das könne man nur ein paar Jahre durchhalten. Außerdem müsse sie nun endlich zurück zu ihrer großen Liebe. "Ich brauche Berlin", stellt sie klar. In der Hauptstadt hat sie ihre Ausbildung absolviert, erste berufliche Erfahrungen gesammelt. "Die Stadt ist offen und vielfältig", lobt sie. Vor allem aber: "Es gibt dort mehr Publikum". Und zwar solches, das ihre eigenen Ansprüche und Qualitäten zu schätzen wisse und auch bereit sei, dafür entsprechend zu zahlen. "In Bad Oeynhausen habe ich meine Grenzen erreicht", ist sie sicher. Nach den ersten zwei Jahren sei das Geschäft mit Mittagstisch, Abendkarte und Catering "super gelaufen", aber sie könne nun kaum noch zusätzliche Gäste gewinnen, die "sich meine hohe Qualität leisten können". Das sei in Berlin eben ganz anders. Außerdem sei es in der Großstadt sicher auch leichter, nachhaltig zu kochen. Janke: "Das Angebot an Lebensmitteln aus der Region und biologischem Anbau ist dort größer und preiswerter". Jetzt Bewerbungen als Angestellte Allerdings wird sich Janke nicht gleich nach ihrem Umzug nach Berlin auf die Suche nach neuen Lieferanten machen. "Ich suche mir dort erst einmal eine Stelle als Angestellte", hat sich die Gastronomin vorgenommen. Nicht unbedingt zwingend als Küchenmeisterin in einem gehobenen Gastronomiebetrieb, auch eine Führungsposition in einem Feinkostgeschäft beispielsweise zieht sie in Betracht. Wobei sie auch klar stellt: "Langfristig führe ich wieder mein eigenes Bistro". Wobei sie schon jetzt weiß, was sie anders als in Bad Oeynhausen machen will: Ich suche mir Hilfe in der Küche, damit ich mich auch mal selbst persönlich am Tisch um meine Gäste kümmern kann". Und natürlich steht auch mit Berlin der Ort schon fest. Es gibt schließlich große Lieben, die ein Leben lang halten.

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