
Bad Oeynhausen. Es sind nicht nur die Schülerinnen und Schüler, die derzeit wegen der Corona-Pandemie unter erschwerten Bedingungen und überwiegend daheim lernen müssen.
Auch für die Auszubildenden gibt es fast ausschließlich an den Berufsschulen digitalen Unterricht. Deutlich anders als vor Corona gestaltet sich auch der praktische Teil der Ausbildung. Vier junge Leute geben beispielhaft Einblick in ihren Alltag und zeigen dabei nicht nur negative Veränderungen auf.
Friseurin
Auch wenn Friseursalons nun schon zum zweiten Mal bei den vorsichtigen Öffnungen zu den bevorzugten Betrieben gehören - zumindest für mehrere Monate waren auch sie geschlossen. "Gut, dass es Frisurenköpfe gibt", lobt Emily Prignitz den praktischen Ersatz für die persönliche Kundschaft.
Die behaarten Plastikköpfe sind ansteckungsfrei, leicht vom Salon ins ins eigene Zimmer zu bewegen und vor allem in ihrem Ausbildungsbetrieb, dem Friseursalon Hermes, in großer Zahl vorhanden. "Ab ist ab", sagt sie schmunzelnd, soll heißen, mehr als drei, vier Schnitte lässt auch ein langmähniger Frisurenkopf nicht zu und ist dann eben für weitere Übungseinsätze mit der Schere unbrauchbar.

Zusätzlich zur Heimarbeit gab es aber auch regelmäßige Arbeitseinsätze im Salon. Ebenfalls an Frisurenköpfen, aber unter ständiger Aufsicht und Anleitung einer Meisterkollegin oder ihres Chefs Michael Hermes. "Ganz schön anstrengend", bilanziert die 17-jährige ihre Schulungseinsätze. Die sind zwar mit vier bis zu sechs Stunden kürzer als ein normaler Arbeitstag, aber eben auch durch die ständige 1:1 Betreuung auch viel intensiver.
Und der kleine Plausch mit der Kundin, der sonst auch schon mal für Entspannung sorgt, fällt natürlich auch aus. Ausbildungsdefizite, die ihre Zwischenprüfung im Frühjahr beeinträchtigen könnte, sieht die Emily Prignitz jedenfalls nicht. "Ich habe durch den Einzelunterricht schon mehr gelernt als zu normalen Zeiten", ist sie sicher.
Kammsträhnen beispielsweise gehören noch nicht zu den Aufgaben in der Zwischenprüfung, werden von ihr aber nach den vielen Übungsstunden am Frisurenkopf schon beherrscht.
Bäckereifachverkäufer
Bäckereien gehören wie Supermärkte zu den systemrelevanten Branchen, die Geschäfte blieben trotz Corona immer geöffnet. Auch Homeoffice kam für die Mitarbeiter im Verkauf nicht in Frage. "Meine Ausbildung wurde durch Corona nicht unterbrochen", freut sich Cameron Marek, seit August 2018 Azubi bei Bäckerei Brante.
Als Nachteil wertet er allerdings, dass der wöchentliche Berufsschulunterricht seit Monaten nur noch digital erteilt wird, er habe zwar schnelles Internet und sei auch immer voll bei der Sache, allerdings sei die Kommunikation mit den Lehrern und Mitschülern deutlich erschwert: "Nachfragen ist mühsam".
Brötchen und Brot, Torte, Gebäck und belegte Brötchen - unverändert muss Camerion Marek bei der praktischen Arbeit hinter der Ladentheke Fachkenntnisse beweisen und Kunden beispielsweise bei Bedarf die unterschiedlichen Backzutaten erläutern. "Hygieneregeln sind dazu gekommen", nennt er eine coronabedingte Veränderung. Und das gillt nicht nur mit Blick auf das eigene Verhalten. Zusammen mit seinen Kolleginnen muss er auch stets darauf achten, das die Kunden die Regeln einhalten.
Zutritt nur mit Maske und das -zumindest in der Filiale in Oberbecksen - auch nur von maximal drei Personen. "Da gab es gelegentlich auch unerfreuliche Gespräche", bilanziert der Eidinghausener. Allerdings kann er den Diskussionen mit uneinsichtigen Kunden mit Blick auf seine Ausbildung mittlerweile auch einen positiven Aspekt abgewinnen. Marek: "Ich habe gelernt, immer freundlich und höflich zu bleiben".
Zimmermann
"Ich habe die richtige Berufswahl getroffen", ist Erik Zünd sicher - auch mit Blick auf Corona. Anders als andere Auszubildende, beispielsweise in der Gastronomie, hat er bislang auf keinen praktischen Arbeitstag verzichten müssen. Der 24-Jährige absolviert bei Holzbau Grübbel eine Lehre als Zimmermann, lernt also einen handwerklichen Beruf, der auch in strengsten Lockdown-Zeiten ausgeübt werden durfte.
"Außerdem sind wir häufig draußen und können auf Baustellen Abstand halten", zählt er spezielle Vorteile auf. Für die Maskenpflicht, die auch für seine Einsätze gilt, gibt es kleine Ausnahmen. "Wenn wir ein Dach einlatten, könen wir ohne Maske arbeiten", berichtet der Löhner. Die Tätigkeit sei ohnehin körperlich anstrengend und solle nicht zusätzlich durch den Atemschutz erschwert werden.
Weil beispielsweise für Holzhäuser viele Bestandteile in der Werkstatt vorbereitet werden müssen, gehört auch das Betriebsgelände zu seinen Arbeitsorten. Auch dort gilt ein strenges Hygienekonzept. Um gefährliche Nähe zu verhindern, dürfen sich die Mitarbeiter nicht mehr im Umkleideraum ihre Arbeitskleidung anziehen, sondern müssen das schon daheim tun.
Neben den Zimmerleuten arbeiten bei Grübbel auch Tischler und Dachdecker, sie haben für Frühstücks- und Mittagspausen gemeinsam den Aufenthaltsraum genutzt. "Jetzt essen wir nur noch getrennt in Berufsgruppen mit Abstand", bedauert Zünd. Ein direkter persönlicher Erfahrungsaustausch beispielsweise mit den Azubis aus der Tischlerei entfällt.
Möglich ist der aber immerhin mit den 15 anderen jungen Leuten, die wie Zünd in den Holzbetrieben im Kreis eine Zimmererlehre absolvieren. Weil die Berufsschulklasse klein ist, wird das theoretische Wissen nicht nur digital, sondern auch im Präsenzunterricht erteilt.
Veranstaltungskaufmann
Abgesehen von den Sommermonaten sind das GOP, Palmengarten, Leander und der große Saal im Kaiserpalais seit einem Jahr geschlossen. "Ich bin ziemlich lahmgelegt", bedauert Daniel Quester. Showprogramm, Hochzeiten, Familienfeiern, Kongresse, Tagungen zählt er als Beispiele auf, wo er ohne Corona tätig geworden wäre.
Der 22-Jährige hat im August 2018 eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann im GOP begonnen: "Von der Planung bis zur Durchführung will man das Beste aus einer Veranstaltung rausholen", beschreibt er sein Berufsziel. Dazu gehört nicht nur das Wissen um Technik und Marketing, sondern vor allem die gute Kommunikation mit den Kunden. Schließlich sollen ja dessen Wünsche erfüllt werden. "Vor Corona haben sich Kunden erst einmal unsere Räumlichkeiten angeschaut und dann in persönlichen Gesprächen Einzelheiten mit uns besprochen", erinnert sich Quester.

Das ist nun schon seit Monaten nicht möglich, überwiegend per Telefon würden Kunden, die für eine Zeit nach dem Lockdown planten, nun beraten. "Da gehts dann meist um organisatorische Details, echte Vorfreude auf eine große Party ist kaum spürbar und vermittelbar", hat Quester festgestellt.
"Im GOP gibt es 20 Jahre Veranstaltungserfahrung", lobt der Lübbecker. Deshalb gebe es zahlreiche interne Schulungen, in denen die Veranstaltungsvorbereitung und Durchführung simuliert werden könne. Auch bei dem neuen Angebot der digitalen Koch-Shows werde er miteingesetzt.
"Werbung ist besonders wichtig geworden", nennt Quester einen Ausbildungsbestandteil, der in Coronazeiten zusätzlichen Stellenwert erlangt hast. Und bei dem der junge Mann seine Kreativität unter Beweis stellen konnte. Zusammen mit einem Kollegen war er in den Innenstädten der Region unterwegs. Auf einem Anhänger transportierte er eine Musikanlage, um auf sich und sein Infomaterial aufmerksam zu machen. Quester: "Das hat funktioniert".
Ob ihm die Veranstaltungsbranche bald wieder die sichere berufliche Zukunft erlaubt, wie zu Beginn der Ausbildung erhofft? Quester hat da seine Zweifel und schon mal Ausschau nach einer Alternative gehalten. In den letzten Monaten hat er bereits online-Praktika in Wirtschaft und Investment absolviert. Und dazu die freie Zeit genutzt, die ihm die Corona-Pandemie zwangsweise verschafft hat.