Oerlinghausen

Wandern beschert Oerlinghausen einen Touristenboom

Immer mehr Menschen entdecken Oerlinghausen als Freizeitgebiet. Die Corona-Krise hat dem Ausflugsziel „Teutoburger Wald“ neuen Schwung gegeben.

Auf Tageswanderung rund um den Tönsberg. Robert Bormes und Marion Berges aus Gronau entdecken die Wanderwege Oerlinghausens. Im Hintergrund ist die Schutzhütte am Wassertretbecken zu sehen. | © Horst Biere

01.05.2020 | 01.05.2020, 05:00

Oerlinghausen. Ausgerechnet die Corona-Krise, die das Leben weltweit fast zum Stillstand bringt, hat einer uralten Freizeitaktivität neuen Schwung verliehen: dem Wandern. Und Oerlinghausen, als Bergstadt mitten in der Wanderregion Teutoburger Wald, gilt als Ausflugsziel Nummer eins. „Es ist erstaunlich, festzustellen, wie viele Leute sich derzeit für Oerlinghausen interessieren“, sagt Bettina Schneider, zuständig für Tourismus in der Stadtverwaltung, „die Anfragen nach unseren Angeboten haben sich etwa verdreifacht.“

„Vor allem Familien mit Kinder melden sich bei uns“, erzählt sie, „aber auch Paare, die sich spontan entschließen, einen Tagesausflug zu unternehmen.“ Zur Vorinformation über die Bergstadt klicken viele Besucher auf der Internetseite „Outdooraktive“ das Oerlinghausen-Angebot an. Da schossen die Klickzahlen für Wanderinformationen am vergangenen Wochenende drastisch nach oben. „An normalen Tagen liegen wir bei etwa 300 Seitenaufrufen, am letzten Samstag stiegen die Klicks auf fast 1.000“, sagt Bettina Schneider. Das seien dann Gäste gewesen, die am Sonntag die verschiedenen Wanderrouten unter die Sohlen nahmen.

»Es ist echt herrlich hier«

Wanderführer Wilfried Kohlmeier und Tourismus-Verantwortliche Bettina Schneider kennen sich im Wald aus. - © bi
Wanderführer Wilfried Kohlmeier und Tourismus-Verantwortliche Bettina Schneider kennen sich im Wald aus. | © bi

Durch „Mundpropaganda“ haben sie von Oerlinghausen mit den vielen Wanderwegen gehört, sagen zum Beispiel Marion Berges und Robert Bormes, die auf dem A5-Weg rund um den Tönsberg unterwegs waren. Die jungen Wanderer wohnen in Gronau an der niederländischen Grenze und hatten sich am Vortag im Internet über die Bergstadt informiert. „Über die A33 ist man sehr schnell am Teutoburger Wald. Wir hatten uns schon vorher den Wanderparkplatz am Welschenweg ausgesucht und sind dann losgegangen“, sagt Marion Berges, „es ist echt herrlich hier.“

Familie Isaak aus Leopoldshöhe hatte keine so lange Anfahrt, doch die Eltern genießen es, nach der Wanderung mit ihren drei Kindern am Wassertretbecken am Tönsberg auf den großen Liegebänken eine kleine Rast einzulegen. Die „Seele und die Beine baumeln lassen“ empfiehlt ihnen die Aufschrift auf der Bank am Frischwasserbecken neben der Skulptur des Feuersalamanders.

Die hohe Attraktivität verdankt die Bergstadt offenbar der Fülle von gut ausgeschilderten Rundwanderwegen. Sie wurden zumeist im Zuge des Deutschen Wandertages in Detmold vor zwei Jahren aufgefrischt und seither sehr gut gepflegt. Etwa 120 Kilometer durchziehen die heimischen Laub- und Mischwälder sowie die schöne Heidelandschaft der Senne. Zwar verändert sich das Landschaftsbild durch das großflächige Fällen der trockenen Fichten derzeit, doch an vielen Stellen bekommt der Wandertourist dadurch auch eine weitere Rundumsicht.

Eidechsenpfad für Familien

Je nach Lust und Laune ist in Oerlinghausen vom kurzen Spaziergang bis zur mehrstündigen Wandertour alles drin. Mitten durch die Bergstadt verläuft zudem der Hermannsweg (Kennzeichnung „H“), einer der bekanntesten Wanderwege in Deutschland. Er ist insgesamt etwa 225 Kilometer lang. Von Oerlinghausen aus lassen sich am Hermannsweg entlang längere Tageswanderungen zum Hermannsdenkmal nach Detmold oder zur Sparrenburg nach Bielefeld unternehmen.

Wenn Bettina Schneider Anrufe von interessierten Touristen bekommt, gibt sie gern Ratschläge für Wandertouren, die auf die jeweiligen Besucher zugeschnitten sind. „Kürzlich meldete sich eine Familie, die sogar mit kleineren Kindern auf Tour gehen wollte. Denen habe ich den Eidechsenpfad empfohlen“, sagt sie. Das ist ein etwa vier Kilometer langer Spazierweg, der zwischen dem Freilichtmuseum und dem Segelflugplatz liegt und entlang der Schaukoppel mit den Exmoor-Ponys führt.

»Wandern ist Wellness für die Seele«

Wer dagegen gut zu Fuß ist, meint sie, der sollte auf die „Ochsentour“ gehen. Dieser etwa zehn Kilometer lange Wanderweg durchzieht das neue Naturschutz-Großprojekt in der Senne, in denen die gutmütigen Hochlandrinder zu Hause sind. Auf großen Schautafeln lernen Kinder wie Eltern viel über die Landschaft: Was suchen halbwilde Rinder aus Schottland oder kleine Ponys aus England in den Waldgebieten der Wistinghauser Senne? Wer waren die ursprünglichen Bewohner dieser durch die Eiszeiten geprägten Landschaft? Die Antworten liefern die Informationstafeln, die an den Weidekoppeln stehen, gleich mit.

„Meine Lieblingstour ist die Schmugglerroute“, verrät Bettina Schneider. „Die führt durch schattige Laubwälder entlang der Schopke bis zum Bartholdskrug, dem alten Schmugglerlokal an der früheren lippisch-preußischen Grenze.“

Auch die Bewohner aus Oerlinghausen und dem Umland stellten erstaunt fest, wie schön die Landschaft vor ihrer eigenen Haustür ist. „Ich nenne das Wandern in unserer Region immer ‚Wellness für die Seele‘“, sagt sie.

Feedback der Besucher

Über einen QR-Code könne man sich schon vorab alle Informationen aufs Handy laden. Andere Tourismusseiten wie die bekannte „OerliPlus App“, „Lippe to Go“ oder der„Teuto-Navigator“ sind ebenfalls damit verlinkt. Bettina Schneider möchte alle Besucher aber auch ermutigen, ihre persönlichen Eindrücke über das Wandern in der Bergstadt zu schildern: mit Worten oder mit Fotos.

Per E-Mail könne Tagesgäste, Wanderer oder Spaziergänger ihre Kommentare und Bilder zuschicken. Wenn die Einwilligung zur Veröffentlichung vorliegt, könne so jeder Besucher auch anderen Touristen seine persönlichen Oerlinghausen-Eindrücke zukommen lassen.

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