
Brakel. Nicht jeder hatte Gummistiefel dabei und wollte deshalb auch nicht unbedingt durch die Schlammmassen ganz nah heran ans Ufer – so gab es statt symbolischem Spatenstich lieber ein Foto auf dem trockenen Boden der idyllischen Nethebrücke.
Ganz so ruhig wird es dort, am Rande Hembsens, in den kommenden Monaten aber nicht bleiben: Für die Renaturierung der Nethe werden wohl tausende Lkw-Ladungen Erde bewegt. Dieser Aufwand soll sich lohnen: Ziel ist der Schutz der Ortschaft gegen ein 100-jähriges Hochwasserereignis sowie die Verbesserung des ökologischen Zustandes des Flusses.
Für mehr Schutz gegen Hochwasser
Rund 2,4 Millionen Euro müssen für die aufwendige Renaturierung her. Zu 80 Prozent wird die Maßnahme durch die Detmolder Bezirksregierung gefördert – „sonst wäre es finanziell für uns auch gar nicht zu stemmen“, sagt Bürgermeister Hermann Temme. Brakel selbst muss also Eigenmittel in Höhe von etwa 470.000 Euro für das Projekt aufwenden.
„Der Klimawandel schreitet fort und so ist es wichtig, dass wir alles tun, um die Bevölkerung vor möglichen Katastrophen zu schützen“, sagt Temme. Und der beste Schutz gegen Hochwasser sei es, dem Fluss genügend Platz zu bieten, damit er sich ausbreiten kann.

Auch die ökologische Situation soll verbessert werden: „Wir möchten die Nethe zum Teil wieder in ihren ursprünglichen Flusslauf zurückversetzen“, sagt Christof Münstermann (Bauamt). Im 20. Jahrhundert sei eine Begradigung des Flusses zur Gewinnung von Siedlungsraum und Landwirtschaftsflächen erfolgt. Nun aber werde der Wasserlauf durch die Renaturierung auf etwa drei Kilometer Flusslänge „schwungvoll“ verdoppelt.
Erster Bauabschnitt soll im September enden
62.000 Kubikmeter Boden müssen dafür ausgebaggert und 8.300 Quadratmeter Baustraße errichtet werden. Rund 23.300 Kubikmeter Retentionsraum sollen entstehen: Flächen, die bei einem Hochwasser überschwemmt werden und dem Fluss den nötigen Platz zum zeitweiligen Ausufern geben.
Verändern wird sich dadurch auch der Verlauf des Radweges R2: Er wird direkt entlang der Renaturierungsmaßnahme führen und einen extra „Info-Point“ dazu erhalten, so die Stadtverwaltung.
Im September sollen die aktuell beginnenden Maßnahmen abgeschlossen werden. Für das Jahr 2023 ist dann ein zweiter Bauabschnitt geplant: Über eine Gesamtlänge von 520 Metern sollen Hochwasserschutzmauern und Geländeanhebungen gebaut werden. Als zusätzlicher Schutz vor möglichem Hochwasser.
Das Dezernat für Ländliche Entwicklung und Bodenordnung der Bezirksregierung hatte im Vorfeld dieser Maßnahmen ein umfangreiches Flurbereinigungsverfahren durchgeführt. Innerhalb dieses Verfahrens erfolgte die Bereitstellung der erforderlichen Flächen im Konsens mit den Eigentümern.
Eine Entwicklung, die einen langen Vorlauf bedurfte: „Seit rund 18 Jahren bin ich im Brakeler Stadtrat aktiv – das war seither immer ein Thema“, erinnert sich Ulrike Hogrebe-Oehlschläger. Nach rund 20 Jahren auf der Agenda kann dieses Thema aber nun tatsächlich angegangen und umgesetzt werden.