Blank und strahlend: 720 Orgelpfeifen finden ihren Platz

Spenge. Fein säuberlich hatten die Spezialisten der Orgelbaufirma Ahrend aus Leer die Orgelpfeifen einzeln verpackt; 720 an der Zahl. "Mit Stoffhandschuhen", sagt Kirchenmusiker Hinrich Paul, "damit es keine Fingerabdrücke gibt. Oder sie zerkratzen. Und in der umgekehrten Reihenfolge, wie sie installiert werden." Gefertigt sind sie aus nahezu reinem Blei. Überzogen lediglich mit einer hauchdünnen Zinn-Schicht. Paul: "Das wurde in der Barock-Zeit auch so gemacht." Diese 720 Pfeifen sind jetzt in die Barock-Orgel in der Wallenbrücker Marienkirche eingesetzt worden. Sie ist mit fast 400 Jahren die älteste Orgel im Ravensberger Land und die drittälteste in Westfalen. Allerdings musste das barocke Instrument dringend restauriert werden, denn viele der historischen Pfeifen litten an Bleifraß. Mitte März 2020 war Orgelbaumeister Hendrik Ahrend aus Leer offiziell damit beauftragt worden, die Orgel zu restaurieren. Das sollte im Zustand von 1755 geschehen, der am besten dokumentiert ist. In Ahrends Werkstatt in Leer wurden auch die historischen Pfeifen der Wallenbrücker Barockorgel restauriert. Insgesamt 261 waren noch erhalten. Zum größten Teil stammten sie aus dem 17. Jahrhundert. Ursprünglich sind 720 Pfeifen im Hauptwerk gewesen. Knapp 460 mussten also noch rekonstruiert werden. "Die haben wir in historischer Art dazu gebaut", sagte Ahrends Mitarbeiter Markus Collmann. Die noch erhaltenen Jahrhunderte alten Pfeifen wurden restauriert. Wo es Bleifraß gab, wurde der beseitigt. "Befallene Stellen, die richtig zerfressen und zerbröselt waren, haben wir herausgeschnitten und mit passendem Material ergänzt", erzählt Collmann. Die Arbeiten sind mittlerweile abgeschlossen. Mit drei Kollegen ist Collmann darum jetzt nach Wallenbrück gereist und hat die 720 Pfeifen in das Orgelgehäuse eingesetzt. Ein Unternehmen mit Weltgeltung Das Aussehen der Wallenbrücker Orgel entspreche dem des Klanges: "Blank und strahlend", findet Hinrich Paul. Damit sei der Zustand von 1755 hergestellt. Ob es sich auch klanglich damit tatsächlich so verhält, weiß Hinrich Paul wohl spätestens Ende Juni. Denn da jetzt die Pfeifen senkrecht und präzise installiert sind, kann Orgelbaumeister Hendrik Ahrend sich ab 7. Juni der Intonation, also der klanglichen Anpassung an die räumlichen Gegebenheiten in der Marienkirche widmen. Das könne - schätzt Paul - zwei Wochen dauern. Parallel dazu stimmt der Meister die Orgel auch. Paul freut sich auf den Moment, wenn er die Orgel das erste Mal hören darf. Seine Erwartungen sind hoch. Bezeichnet er den Betrieb aus Leer doch als "Unternehmen mit Weltgeltung". "Die sind absolute Spitzenklasse." Und das sollte sich auch auf die Orgel auswirken. Bereits 2017 lief die Ausschreibung zur Rekonstruktion der historischen Orgel in Wallenbrück von 1624. Da es keine Baupläne von dieser Orgel gibt, mussten Vorbilder für Pfeifen und Bauteile gefunden werden, die nicht mehr vorhanden waren. Als solche Vorbilder kamen die Orgeln in Langwarden von 1650 und Ochtersum von 1734 infrage. Und so machten sich die Mitglieder des Fördervereines Orgel Wallenbrück vor vier Jahren auf den Weg nach Norddeutschland. Orgelbaumeister Hendrik Ahrend, der die Orgel in Langwarden 2015 restauriert hatte, erklärte den Spengern das Instrument und antwortete auf Fragen. Die Optik entspricht dem hellen Klang Kirchenmusiker Paul erläutert, dass eine mitteltönige Orgel &bdquo;einmalig, durch nichts zu ersetzen" sei. Er schwärmt von der &bdquo;Harmonie der reingestimmten Intervalle". Das werde bei Stücken, die im 17. und 18. Jahrhundert für die Orgel komponiert wurden, sehr deutlich. Und: &bdquo;Der besonders reine und strahlende Klang tut der Seele wohl." Auch die Optik der Orgel entspricht dem Klang: Hell. Sie ist in einem lichten Beige mit blau-grünen Elementen lackiert. Und damit hat sie wohl wenig gemeinsam mit der ursprünglichen Farbgebung. Eine Untersuchung habe ergeben, dass im Original wohl ein hoher Schwarzanteil, ein wenig Erdrot und wohl auch Indigo verwendet worden war. Aber eine genaue Rekonstruktion des alten Aussehens sei nicht möglich. Hinrich Paul beziffert die Gesamtkosten für die Restaurierung der Barock-Orgel auf 270.000 Euro. Bis auf 10.000 Euro sei die Summe gegenfinanziert. Die Mittel kamen aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen des Vereines, aus Eintrittsgeldern von Sonderkonzerten für die Orgel, aus Stiftungen, vom Kirchenkreis und auch von der Kirchengemeinde Spenge.

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