Löhne. Im Baugebiet "Zum Flachsland" werden bald die ersten Häuser entstehen. Die künftigen Anwohner leben auf einem archäologisch bedeutenden Gelände.
Dort, wo sie demnächst wohnen werden, haben schon vor 1.800 Jahren Menschen eine Siedlung gehabt. Erste Besiedlungen sind noch deutlich früher nachweisbar als zu Beginn der Grabungen erwartet. Ursprünglich waren die Experten von einer mittelalterlichen Siedlung ausgegangen. Jetzt reichen die Spuren bis in die römische Kaiserzeit zurück.
Mittlerweile sind die Grabungen der Archäologen, vom Unternehmen "Archaeofirm" aus Insernhagen, abgeschlossen. Die Arbeiten wurden vom dafür zuständigen Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) beaufsichtigt. Archäologinnen und Archäologen konnten bereits ganz knapp unter der Oberfläche Reste von verstreut liegenden Gruben entdecken. Keramikfunde beweisen, dass die Gruben im hohen Mittelalter angelegt wurden.
Mindestens drei Gebäude und Hofstellen
"Unsere Suchschnitte zeigten, dass im östlichen Teil des Baugebietes mit einer weiteren Ausdehnung der Siedlungsspuren zu rechnen war. Daher wurde hier der Mutterboden weiter abgetragen, um die Gesamtbefundlage einschätzen und dokumentieren zu können", berichtet Grabungsleiter Sebastian Düvel.

"Dadurch konnten wir mehrere Pfostenreihen feststellen, die zu mindestens drei Gebäuden von mindestens zwei Hofstellen gehörten", so Düvel weiter. Die Verteilung der Befunde zeigt dabei, dass hier der südwestliche Grenzbereich einer Besiedlung erfasst wurde, die sich weiter nach Norden fortgesetzt haben dürfte.
"Die aktuelle Fundstelle in Gohfeld ist von besonderer Bedeutung, weil sie erstmals eine archäologische Verbindung zu der im Jahr 933 schriftlich erwähnten Ansiedlung Jolenbeke herstellt, also zur Siedlungsgeschichte des früheren Gohfelder Ortsteils Jöllenbeck, in dem das Grabungsareal liegt", erläutert Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen. "Da zum alten Jöllenbeck die urkundlich erstmals im Jahr 1035 genannte Simeonkirche gehörte, wissen wir auch, wo die in den Hofstellen am Flachsland lebenden Menschen vor gut 1.000 Jahren zum Gottesdienst gingen", führt Spiong weiter aus.
Spuren deutlich älterer Tage
Nun sind, bevor die Arbeiten am Ende der Woche abgeschlossen sein werden, noch Spuren deutlich älterer Zeit zutage gekommen: In einer Grube entdeckten die Fachleute zwei fast vollständig erhaltene Gefäße aus der älteren Römischen Kaiserzeit. Sie belegen, dass dieser Bereich auch schon vor etwa 1.800 Jahren ein begehrter Siedlungsplatz war - so wie vor 1.000 Jahren und auch heute wieder.
"Dass hier Ausgrabungen nötig geworden sind, hat uns völlig überrascht", sagt Olaf Schweneker, der den Grund für den Bau des Mehrfamilienhauses gekauft hatte. "Wir freuen uns daher sehr darüber, dass die Archäologen die Ausgrabung zügig abschließen konnten." Nachdem alle Befunde dokumentiert wurden, können die Bagger nun mit der Arbeit beginnen. Nicht alle Bereiche des Baugebiets, in denen die Siedlungsreste entdeckt wurden, sind von tiefergehenden Bodeneingriffen betroffen. Darüber hinaus stehen an einigen besonders befundreichen Stellen keine Baumaßnahmen an. So wird ein Teil dieser Spuren aus der Gohfelder Geschichte als ortsfestes Bodendenkmal für zukünftige Generationen unter der neuen Bebauung erhalten bleiben.

Auf der Fläche des Baugebiets sind insgesamt zehn Wohneinheiten geplant. Sechs von ihnen sind in einem Mehrfamilienhaus geplant. Dazu kommen vier Einfamilienhäuser. Die Bebauung gelingt jetzt im zweiten Anlauf. Die erste Planung von Architekt Henning Bökamp war von der Ratsmehrheit als überdimensioniert empfunden worden. Sie wurde deshalb abgelehnt.