Delbrück. Seit November 2024 gab es Ausgrabungen bei Bentfeld, die viele überraschende Funde zutage brachten. Eine archäologische Fachfirma, begleitet vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), untersuchte eine Fundstelle mit Siedlungsspuren aus den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt. Nun sind die Arbeiten beendet und die Erkenntnisse, die die Untersuchung des Baugebietes an der Schafbreite bereits jetzt liefern, können sich – laut einer Mitteilung des LWL – sehen lassen: Insgesamt erfasste das Expertenteam rund 400 archäologisch relevante Befunde und auch eine archäologische Sensation.
Darunter waren zahlreiche Pfostengruben, unter denen sich zwei Gebäude sicher zu erkennen gaben, zwei Grubenhäuser und verschiedene andere Formen von Gruben sowie zwei Brunnen und ein Brandgrab. Zudem wurden 750 Einzelfunde aus der alten, unter einem mächtigen Eschboden erhaltenen Kulturschicht geborgen – allein 600 davon aus Metall.
Das archäologische Grabungsteam unter der Leitung von Sven Knippschild begleitete die Erweiterung des Wohngebietes an der Schafbreite. Bei der Entdeckung des Randbereiches einer Siedlung des 2. bis 3. Jahrhunderts vor acht Jahren sah es noch so aus, als läge hier eine einzelne Siedlungsstelle vor. Im Winter 2024 wurde jedoch klar, dass das Grabungsareal zu unterschiedlichen Zeiten besiedelt gewesen sein muss. Die Funde aus den verschiedenen Zeiten zeigen außerdem, dass dessen jeweilige Bewohner Zugang zu römischer Sachkultur gehabt haben müssen.
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Siedler hatten Kontakt in den römischen Kulturraum
Die neuen Ausgrabungen hätten das Bild dieser Fundstelle aber nochmal erweitert, denn es sei jetzt auch eine Bestattung nachgewiesen worden: Das vereinzelte Brandgrab barg Reste vom Scheiterhaufen wie Holzkohle, Leichenbrand und auch Teile von verbrannten Beigaben. Dem Verstorbenen waren neben einer Lanzenspitze, zwei Gewandspangen, einem zerbrochenen Kamm aus Knochen und einem Feuerstahl auch eine Tierkopfschnalle mit Beschlägen beigegeben worden.
Diese Schnalle datieren die Fachleute aufgrund ihrer Form in das 4. oder 5. Jahrhundert. Sie belege erneut den Kontakt der Siedler in den römischen Kulturraum, da sie zu einem sogenannten römischen Militärgürtel gehörte.
Es sei ein besonderer Fund, denn es sei das erste Grab in Ostwestfalen, in dem Teile eines römischen Militärgürtels nachgewiesen werden konnten.

Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld, LWL-Archäologie für Westfalen betont zudem: „Auffällig ist die Parallele mit einem Platz in Scharmede, wo 2016 Siedlungsspuren des 1. bis 4. Jahrhunderts zutage getreten waren und die Menschen ebenfalls Zugang zur römischen Sachkultur hatten. Plätze wie diese helfen uns, immer besser zu verstehen, wie die Menschen der Region in der Zeit der Ankunft der Römer und in den nachfolgenden Jahrhunderten lebten und wirtschafteten, über welche überregionalen Kontakte und Verbindungen sie verfügten und wie sich das Siedlungsgefüge in der Völkerwanderungszeit veränderte.“
Balkenrest mit zeichenartigen Ritzungen ist einmalig
Als echte archäologische Sensation erwies sich in der Endphase der Ausgrabung schließlich ein Brunnen. „Anfangs gingen wir von einer sehr flach angelegten, trichterförmigen Senke aus, die als Viehtränke gedient haben könnte“, erläutert Grabungsleiter Sven Knippschild. Bei der weiteren Ausgrabung habe sich dann aber eine durch typische Keramik in die Völkerwanderungszeit datierte Baugrube gezeigt, in der sogar noch einige Konstruktionshölzer und Flechtwerkreste erhalten waren, und eine aus drei Baumstammteilen zusammengesetzten Brunnenröhre von über einem Meter Durchmesser. „Die organische Erhaltung war tatsächlich so gut, dass wir außer Hölzern auch einen Lederrest und an einer Stelle sogar noch einen Insektenflügel bergen konnten“, berichtet Knippschild weiter.

Völlig außergewöhnlich und für die Völkerwanderungszeit Westfalens einzigartig sei dann am letzten Grabungstag noch der Fund eines Balkenstückes mit verschiedenen Bearbeitungsspuren. „Das Balkenstück war sicher ehemals an einem Haus verbaut und wurde später für die Brunnenkonstruktion recycelt“, beschreibt Knippschild den Fund. Als große Besonderheit zeigt der Balkenrest außerdem einige zeichenartige Ritzungen. Ihrer möglichen Bedeutung sollen weitere Untersuchungen nachgehen.
Fundplatz in Bentfeld gilt als außergewöhnlich
In einer Holzkohleschicht wurden auch Reste zweier kleiner Glasperlen aus durchsichtigem beziehungsweise blauem Glas sowie eine sehr große Perle aus grünem Glas gefunden. Mit der Auswertung der Ausgrabung in Bentfeld wird das Archäologenteam weitere Erkenntnisse zu diesem außergewöhnlichen Fundplatz und seiner Umgebung gewinnen. „Besonders der Brunnen mit der ihn überlagernden Holzkohleschicht ist dabei eine herausragende Quelle“, betont Sven Spiong die Bedeutung dieses für die Region einmaligen Befundes.
Nachdem die Ausgrabungen nun beendet sind, kann die Erschließung des neuen Baugebietes beginnen. „Hierüber sind wir natürlich sehr froh“, bestätigt Delbrücks Bürgermeister Werner Peitz und betont zugleich: „Es war uns aber natürlich auch sehr wichtig, dass mit der Ausgrabung an der Schafbreite eine weitere überregional bedeutende Fundstelle auf Delbrücker Boden fachgerecht dokumentiert und die aus ihr zu gewinnenden Erkenntnisse und Funde so für die Zukunft erhalten werden konnten.“
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