Herford. 450.000 Euro. Um diese Summe ging es schließlich in der Sitzung des Stadtrates am Freitag, 7. Februar. SPD, Grüne, Linke und FDP haben sich geeinigt. Sie segneten die städtischen Ausgaben der Jahre 2020/21 in einem sogenannten Haushaltsbegleitbeschluss mit Einstimmen-Mehrheit ab.
Die strittigen Gelder sind indes nur Teil des Gesamtpakets, das auf 220 Millionen Euro kommt und vornehmlich aus Sozialaufwendungen, Personalausgaben, die Kreisumlage und Mieten besteht. Die 450.000 Euro sind quasi die Sahne auf der Torte – freiwillige und zusätzliche Leistungen der Stadt. Wie ein Radwegekonzept, das Spielschiff auf dem Linnenbauerplatz, die Quartiersentwicklung etwa in Elverdissen oder das Bildungshaus in der Radewig.
CDU, Bürger für Herford, Liste 2004 und der aus der SPD-Fraktion ausgetretene Ratsherr Martin Wolf stellten sich gegen das Viererbündnis. Die Kernkritik richtete sich gegen eine Neuverschuldung, die in diesem Jahr etwa 5,1 Millionen Euro ausmachen und im Folgejahr 9,8 Millionen Euro betragen wird.
„Vom Bürgermeister kommen keinerlei Einsparvorschläge"
Einer der Mahner war CDU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Rußkamp. „Man weiß jetzt schon, dass die Zahlen und Änderungsvorschläge die wirkliche Politik nicht abbilden. Als große Diskussion wird in der Stadt das OWL-Forum geführt. In diesem Haushalt ist aber kein Cent zur weiteren Entwicklung vorgesehen, weil Herr Kähler für seine Vorstellungen keine Mehrheit hat", so der Christdemokrat, dessen Kritik direkt auf das Stadtoberhaupt zielte: „Vom Bürgermeister kommen keinerlei Einsparvorschläge."
Für den CDU-Chef ist die Verabschiedung eines Doppelhaushalts eine Entmündigung des Wählers, da der Haushalt des Jahres 2021 vor der Kommunalwahl im September feststehe. Wolfgang Rußkamp: „Dieser Haushalt ist unglaubwürdig, schwächt alle Anstrengungen zum Sparen und streut dem Bürger Sand in die Augen. Denn die nächste Steuererhöhung wird kommen."
„Wer sich unsere Vorschläge anschaut, wird sehen, dass wir einige wichtige Schwerpunkte gesetzt haben."
Für die SPD verteidigte Horst Heining (SPD) den Maßnahmenkatalog: „Wer sich unsere Vorschläge anschaut, wird sehen, dass wir einige wichtige Schwerpunkte gesetzt haben. Wir haben im letzten Jahr den Klimanotstand für Herford ausgerufen, jetzt geht es darum, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Ein wichtiger Bereich ist dabei für uns zum Beispiel der lokale Verkehr. Wir möchten, dass mehr Bürgerinnen und Bürger ihren Privatwagen einmal stehen lassen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad in die Stadt fahren."
Beim Thema Rad herrscht Konsens. „Wir wollen die Sicherheit der Radfahrerinnen und Radfahrer durch entsprechen Baumaßnahmen erhöhen sowie die Abstellmöglichkeiten sicherer und geschützter gestalten", versprach Heining, der nicht nur in den Klimaschutz, sondern auch in die Quartiersentwicklung investieren möchte.
"Eine Menge Innovation drin, die die Stadt nach vorne bringt"
Die SPD liegt mit diesen Vorschlägen auf einer Wellenlänge mit den Linken, der FDP, aber auch den Grünen. Dessen Sprecher Herbert Even nannte als vorrangige Ziele die Punkte Klimaschutz, Radverkehr, den Zusammenhalt der Gesellschaft sowie Stadtentwicklung. Letzteres betreffe neben dem Stiftberg auch die Radewig. „Ich glaube, hier ist in unserem Vorschlag auch eine Menge Innovation drin, die die Stadt nach vorne bringt", sagte der grüne Ratsherr.
Eben diese Innovationen vermisse er bei der CDU. „Zu wenige Ziele und gar keine Visionen, wie die Stadt im Jahr 2035 aussehen soll. Das ist das große Problem der CDU", sagte Herbert Even, der auch Bürgermeister Tim Kähler in die Pflicht nahm: „Wir müssen die Finanzen im Augen behalten. Herford ist eine der am höchst verschuldeten Städte in OWL."
Inez Déjà (Die Linke) sah einige der Forderungen ihre Partei durch den gemeinsamen Begleitbeschluss erfüllt. „Da muss aber noch mehr kommen", so die Fraktionsvorsitzende, die vehement gegen die Pläne des OWL-Forums (Kosten: über 90 Millionen Euro) ist. Inez Déjà: „Wenn wir so viel Geld zum Ausbau der vorhandenen Kulturlandschaft in Bildung, Gesundheit, ÖPNV oder den öffentlich geförderten Wohnraum stecken würden, wären wir bei der Bekämpfung der sich zunehmend verschlechternden Lebensbedingungen, zumindest in unserer Stadt, ein gutes Stück weiter."
Um 18.01 Uhr war der Doppelhaushalt nach kurzer Debatte verabschiedet worden. Im Vorfeld hatte der Stadt ein FinanzstoppFinanzstopp gedroht, weil dem Bürgermeister zunächst Mehrheiten fehlten, um den Haushalt verabschieden zu können. Erst die Einigung der vier Parteien auf einen Begleitbeschluss machte das positive Abstimmungsergebnis möglich.