Herford

Schulterschluss: Möbelverbände bündeln in Herford ihre Aktivitäten

Der Verband der deutschen Möbelindustrie (VDM) in Bad Honnef und der Verband der Holz- und Möbelindustrie in Herford (HDH) wollen gemeinsam ihre beiden Standorte stärken.

Schulter an Schulter: Jurist Klemens Brand (. l.) sowie Hauptgeschäftsführer Lucas Heumann (beide Verband der Holz- und Möbelindustrie) und VDM-Geschäftsführer Jan Kurth vor dem Herforder Marta-Museum, wo die Neuausrichtung der Möbelindustrie-Verbandsstruktur bekannt gegeben wurde. | © Peter Steinert

Peter Steinert
03.07.2019 | 03.07.2019, 15:48

Herford. Dachverband, Fachverband, Regionalverband. Die Verbände der Möbelindustrie waren vielschichtig aufgestellt und agierten mitunter parallel. Der Verband der deutschen Möbelindustrie (VDM) in Bad Honnef und der Verband der Holz- und Möbelindustrie in Herford bündeln ihre Aktivitäten. „Damit werden beide Standorte gestärkt", sagt Jan Kurth als künftiger Geschäftsführer beider Interessensvertretungen.

Künftig viel schnelleres Feedback

Kurth folgt zum 1. Februar auf Lucas Heumann, der altersbedingt seinen Posten als Geschäftsführer in Herford räumt. Dritter starker Mann im derzeitigen Team ist Jurist Klemens Brand, der für die in Herford ansässigen Bundesfachverbände als auch für den Regionalverband Westfalen-Lippe tätig ist und der die Vorteile des neuen Konstrukts hervorhebt. „Der VDM hat die Regionalverbände als Ansprechpartner. Die Regionalverbände ihrerseits haben den Zugang zu den Unternehmen. Künftig werden die Verbände ein viel schnelleres Feedback erhalten."

Maßgeblich gefordert sein wird Jan Kurth, der seit Mai vergangenen Jahres Geschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie (HDH) sowie des VDM (beide Bad Honnef) ist. Und der künftig auch in Herford verantwortlich zeichnet. Intern heißt es, dass der Takt jeweils dort vorgegeben werde, wo der Geschäftsführer präsent sei. Jan Kurth weiß das und will als direkter Ansprechpartner für die Unternehmen zwischen Bad Honnef (wie bisher) und Herford (demnächst) pendeln. Und in beiden Städten wohnen.

Die Kooperation schließe das Personal ein, das laut Jan Kurth „an beiden Standorten operativ verzahnt" und „künftig enger zusammenarbeiten" werde. Sechs Beschäftigte sind es in Bad Honnef, in Herford zwölf. Ein erweitere Kraft kommt in der Hauptstadtvertretung Berlin hinzu.

Maßgeblichen Entscheidungen auf europäischer Ebene

Wobei die maßgeblichen Entscheidungen auf europäischer Ebene gefällt werden. Lucas Heumann: „80 bis 90 Prozent der Vorgaben beschließt Brüssel. Dabei geht es unter anderem um die Kennzeichnung von Möbeln oder um Richtlinien für Maschinen". Mit dem europäischen Möbelverband sehen sich die deutschen Möbler in Brüssel gut vertreten.

Gerade vor diesem Hintergrund seien, wie es heißt, die anstehenden personellen Veränderungen bei der Führung der in Herford ansässigen Verbände sowie der von allen Leitungsgremien bestätigte Umbau der Verbandsstrukturen der Möbelindustrie notwendig gewesen. Zwei Jahre habe der Abstimmungsprozess gedauert, so Jan Kurth. Von vornherein habe festgestanden, dass Herford weiterhin eine tragende Rolle spiele, da in Ostwestfalen-Lippe bis zu 70 Prozent der deutschen Küchenmöbel sowie 15 Prozent der Polstermöbel hergestellt werden und zudem 30 Prozent der Möbelzulieferer ansässig sind.

Jan Kurth: „Ich bin mir sicher, dass mit diesem Schritt die vorhandene Expertise der Beschäftigten in den unterschiedlichen Themenfeldern noch besser als in der Vergangenheit genutzt werden kann, um den gestiegenen Anforderungen in einem globalisierten Markt zu begegnen. Gerade die vergangenen Monate haben beispielsweise gezeigt, welchen unschätzbaren Wert die vorhandene juristische Expertise für die Beurteilung von kartellrechtlichen Fragestellungen hat."

Synergieeffekte für die Verbandslandschaft

Für Lucas Heumann ist der Schulterschluss der Verbände eine Chance, „Synergieeffekte für die Verbandslandschaft der Möbelindustrie zu erschließen, Doppelarbeit zu vermindern und das Serviceangebot für Mitgliedsunternehmen und Branche zu optimieren."

Seit 1996 ist Heumann Geschäftsführer der Verbände der Holz- und Möbelindustrie Nordrhein-Westfalen. Damals hätte lediglich eine Rechtsabteilung existiert. „Darüber hinaus gehende Branchenfragen haben eine völlig untergeordnete Rolle gespielt", so Heumann, der Herford zu einem Zentrum serviceorientierter Dienstleistungen aufbaute. „Dieses Serviceangebot wollten wir bei der anstehenden Strukturdiskussion nicht nur erhalten, sondern stärken."

Kommentar der Redaktion

Zusammenschluss ist Pflicht und nicht Kür

Peter Steinert

Zwei lange Jahre brauchte es, bis sich Bundes- und Regionalverbände der Möbelindustrie dazu durchrangen, ihre verkrusteten Strukturen zu verändern. Ob es reicht, dass der 450 Mitglieder zählende Verband der deutschen Möbelindustrie sowie die in OWL solide aufgestellten Verbände der Holz- und Möbelindustrie Nordrhein-Westfalen gemeinsame Sache machen, bleibt abzuwarten. Notwendig ist diese Kooperation auf jeden Fall, zumal die Verbände lediglich dem Markt folgen. Auf dem ging in den vergangenen Jahrzehnten vielen kleineren Betriebe die Luft aus. Vor allem die Großen überlebten. Unterm Strich verzeichnete die Branche gar ein Auftragsplus. Selbst das Fachpersonal wurde, trotz neuer Techniken, leicht aufgestockt. Wenn Jan Kurt als Verbands-Geschäftsführer und neuer starker Mann von „wichtigen Strukturveränderungen zur Verschlankung und zur Effizienzsteigerung" spricht, dann ist diese Kooperation angesichts einer sich konsolidierenden Branche nicht Kür, sondern Pflicht.

INFORMATION


Wachstum in den USA und China

Peter Steinert

In den USA, China und Skandinavien sieht die Branche Wachstumschancen. Vor allem der amerikanische Markt sei angesichts des dort vorhandenen Angebots vielversprechend. Im Inland sei hingegen das Wachstum begrenzt und der Markt in Teilbereichen gesättigt. Deswegen müssten die deutschen Möbler Auslandsmärkte erschließen, was allerdings durch die bereits ansässige Möbelindustrie erschwert werde. Der Importdruck, insbesondere aus Osteuropa, verschärfe zudem die Lage.