Bünde

Gibt es sie nun, die sogenannten A- und B-Lagen in der Bünder Innenstadt?

nw.de hat sich umgehört und Daten ausgewertet. Und: Zwei Experten beurteilen die Entwicklung des Bünder Einzelhandels und der Immobilien im Zentrum. So entscheidend ist die Lage einer Immobilie.

Die Innenstadtlagen von Bünde. | © Schultheiss

01.12.2019 | 04.12.2019, 11:47

Bünde. Seit November dieses Jahres wird ein Käufer für einen weißen Altbau an der Eschstraße gesucht. Das Gebäude, dessen Hauptmieter eine Targobank-Filiale ist, steht für 2,4 Millionen Euro zum Verkauf. Laut dem Maklerbüro gibt es Interessenten. Ein Hinweis auf die Attraktivität der Immobilien in Innenstadtlage?

Fakt ist, dass die Stadt Bünde kürzlich ein Einzelhandels- und Zentrenkonzept hat erstellen lassen. Dieses kam schlussendlich zum Ergebnis, dass Bünde „hinsichtlich der aktuellen Einzelhandelsstruktur über eine notwendige Ausgangsbasis für eine Stärkung der vorhandenen Standorte" verfügt.

"Ich bin von Bünde überzeugt"

Kaufmann Carsten Becker investierte schon in mehrere Gebäude in der Bünder Innenstadt. „Ich bin Bünder und ich bin auch von Bünde überzeugt, wie zuvor mein Vater", betont Becker. Wie attraktiv der Standort hier sei, zeige der große Ansturm an verkaufsoffenen Sonntagen. „Die Leute kommen beispielsweise aus Bielefeld, Osnabrück und Minden extra nach Bünde", so Becker.

Carsten Becker. Foto: Dunkel - © www.gerald-dunkel.de
Carsten Becker. Foto: Dunkel | © www.gerald-dunkel.de

Auch die Zahlen der Studie zeigen, dass die Kaufkraft in Bünde für eine Kleinstadt gut sind. 313 Millionen Euro brutto beträgt der Umsatz des Einzelhandels in Bünde.

„Ein großes Kaufhaus oben und ein großes Kaufhaus unten, gesäumt von kostenlosen Parkplätzen, ist optimal und es funktioniert", sagt der Kaufmann. Auch hier bestätigt das Einzelhandelskonzept Beckers Annahmen. Standortkriterien für Neuansiedlung vom Handel seien zum einen das Flächenangebot und zum anderen verkehrsseitige Aspekte.

Die Innenstadt ist in drei Lagen eingeteilt

Die Bünder Einkaufsstraßen werden in drei Lagen eingeteilt. Eine sogenannte A-Lage befindet sich zwischen dem Tönnies-Wellensiek-Platz und dem Woolworth-Komplex. Die Bahnhofstraße gehört zum großen Teil zur B-Lage. Ab der Unterführung am Bahnhof beginnt die C-Lage. Für Investoren sind vor allem die Mietpreise ein Faktor, da sie zum einen in die Berechnung des Kaufpreises fließen, aber auch eine große Rolle bei der Berechnung der Rendite spielen.

Volker Jährling. Foto: Kenter - © Björn Kenter
Volker Jährling. Foto: Kenter | © Björn Kenter

Laut einer Veröffentlichung der Lührmann-Grundstücksmakler liegt der Mietpreis pro Quadratmeter zwischen 25 und 30 Euro. Zahlen, die Carsten Becker bestätigt: „Das kann nach oben und nach unten variieren. Dabei ist besonders die Architektur entscheidend."

Ein Großteil der Bünder Geschäftsgebäude hat eine Verkaufsfläche zwischen 30 und 200 Quadratmetern. Für größere Filialisten zu klein. Becker sieht dabei besonders die Chancen für den lokalen Einzelhandel. Die Experten des Einzelhandelskonzeptes sehen ebenfalls positive Aspekte in den kleinen Flächen. Durch das historisch gewachsene Zentrum rund um die Eschstraße und die große Dichte an kleinteiligen Geschäften käme eine hohe Aufenthaltsqualität, heißt es in der Studie.

Ein Konzept, das nicht zukunftsweisend ist"

„Eigentümer geführter Einzelhandel macht eine Stadt attraktiv", betont Volker Jährling vom Bünder Modehaus. Er warnt vor Investoren, die lediglich auf die Rendite achten. „Bei vielen Investoren ist lediglich der Mietpreis der Faktor, auf dessen Basis sie ihre Mieter auswählen. Wer am meisten zahlt, wird Mieter." Ein Konzept, dass für ihn nicht zukunftsweisend ist.

„Dadurch kommen viele Filialisten in die Stadt. Und die bringen die bundeseinheitliche Sortimentssoße mit", befürchtet Jährling. Attraktiv sei das Sortiment von lokalen Einzelhändlern. „Diese passen sich ihren Kunden an. Und die Ostwestfalen achten mehr auf Qualität", so der Geschäftsmann.

Die Zahl der Einzelhändler ist in den letzten Jahren gesunken. Gab es im Jahr 2009 noch 396 Einzelhändler in Bünde, so waren es 2018 nur noch 299 Betriebe. Die Folge sind viele Leerstände. „Deshalb ist es gut, dass wir Menschen in Bünde haben, wie Carsten Becker, der in die Stadt investiert", meint Volker Jährling. Seine Befürchtungen gelten Investoren, die nur nach einer schnellen Rendite suchen. „Es muss langfristig geschaut werden und dafür muss die Standortattraktivität aufrecht erhalten werden."

City-Passage: "Da ist nichts mehr los"

Als mahnendes Beispiel führt der ehemalige Geschäftsführer des Bünder Modehauses die City-Passage an. „Hier wurde damals nur an die Mieter, die am meisten zahlten, vermietet und die sind dann nach und nach wieder rausgegangen", erklärt Jährling. Für ihn hat das Gebäude der City-Passage die beste Lage. „Aber da ist nichts mehr los."

Beide Bünder Kaufleute loben die Arbeit von „Bünde handelt". Die Werbegemeinschaft bemühe sich hervorragend, die Stadt Bünde attraktiv zu halten. „Dabei sollte die Stadt Bünde die Werbegemeinschaft auch mehr unterstützen", mein Volker Jährling.

Am Ende besteht eine enge Kausalität zwischen einem attraktiven Angebot des Einzelhandels und der Wertigkeit einer Immobilie. „Am Ende investiere ich in einen Standort, nicht in ein Gebäude", sagt Carsten Becker.