Jeder achte Laden steht leer

Bünde. Wer aufmerksam die 1,4 Kilometer von der Bahnhof- bis zur Eschstraße entlangschlendert, kommt zu zwei Erkenntnissen: Hier gibt es sehr viele Geschäfte - und viele Leerstände. Eine Zählung der NW ergibt die stolze Anzahl von 183 Läden, die sich vom Beginn der Fußgängerzone an der Eschstraße bis zum Bahnhof am Wegesrand präsentieren. Davon stehen aktuell 21 leer - das ist jeder achte.Warum das so ist, erklärt oft schon ein Blick ins Schaufenster. Dort weisen Zettel auf einen Umzug, eine Neueröffnung oder schlichtweg auf das Aus eines Geschäfts hin. Ein kurzer Überblick: Den ersten Leerstand vom Bahnhof aus gibt es auf der rechten Straßenseite - dort entsteht aktuell ein großes Sport-Wetten-Geschäft. Daneben eröffnet eine Spielhalle; etwas weiter in Richtung Rathaus ist ein Friseur umgezogen, daneben stehen ein leerer Imbiss und eine frühere Schuhwerkstatt. Auch die Räume einer früheren Arztpraxis, eines Haarpflege-Geschäfts, eines Porzellan-Ladens und eines Optikers stehen leer. Vor allem im mittleren Bereich der Bahnhofstraße herrscht in den Schaufenstern Leere; an einer Stelle stehen vier Läden nebeneinander leer. Aber auch an der Eschstraße gibt es Leerstände. Diese Situation kennt Harmut Korth allzu gut. Sein Ledermodengeschäft an der Bahnhofstraße 78 will er eigentlich seit Jahren aufgeben - findet aber keinen Nachfolger. Und: "Leerstände haben wir ja schon genug. Dann mache ich notgedrungen lieber noch weiter." "Die Bahnhofstraße ist einfach zu lang" Er halte die Situation an der Bahnhofstraße für nicht normal. "Es wird schwer, die Läden zu vermieten. Jeder will mit seinem Geschäft in die Fußgängerzone an die Eschstraße." Er erinnert sich an die Zeit, als die Bahnhofstraße noch die Einkaufsstraße war. "Erst seit den 70er Jahren ist die Eschstraße die bevorzugte Einkaufsstraße. Davor war das eine Einbahnstraße." Man müsse aus der Bahnhofstraße wieder eine Fußgängerzone machen. Die Stadt müsse sich was einfallen lassen, damit sie attraktiv bleibe. Denn wenn die Bahnhofstraße nicht mehr funktioniere, wird die ganze Innenstadt nicht mehr funktionieren, sagt er. Nur bei dem Frühlingsfest, Zwiebelmarkt oder an verkaufsoffenen Sonntagen werde die Straße besucht. "Aber auch dann hat keiner eine Tüte in der Hand. Das lohnt sich nicht." Georg Kruthoff hat die Situation bereits vor etlichen Jahren bemängelt - und sieht sich in seiner Kritik heute bestätigt: "Die Bahnhofstraße ist für eine Stadt wie Bünde einfach zu lang", sagt der Geschäftsführer der Handel Bünde GbR. Das habe ein Einzelhandels-Gutachten schon vor mehr als zehn Jahren ergeben. Da die große Nachfrage nach Verkaufsflächen in den 70er Jahren längst nachgelassen habe, seien die vielen Leerstände keine Überraschung. "Man sollte den Eigentümern der Gebäude empfehlen, einige Läden in Wohnraum umzurüsten", schlägt Kruthoff vor. Der CDU-Politiker vermisst zudem gute Restaurants und Cafés, die zum Verweilen einladen. "Die, die es hier gibt, sind gut und halten sich schon lange. Aber davon brauchen wir mehr", wünscht sich Kruthoff. Das würde die Einkaufsstraße attraktiver machen - und das könnte die Bahnhofstraße somit neu beleben. "Heute kommen viele Menschen doch nur dorthin, um schnell eine Besorgung zu erledigen. Dann setzen sie sich direkt wieder ins Auto und sind weg." Das sei in Städten wie Bielefeld und Münster ganz anders. Kruthoff: "Da sitzen in den Fußgängerzonen überall Menschen und trinken Kaffee." Über die Mischung der einzelnen Geschäfte sagt er: "Ich bin grundsätzlich froh über jedes neue Geschäft. Aber Brillen- und Handy-Läden haben wir mittlerweile wahrlich genug." Der Verwaltung und Politik sei das Thema durchaus bekannt, sagt Kruthoff. Aber: "Es ist nicht einfach, Händler nach Bünde zu locken." Auch die Stadt Bünde gibt in einer Stellungnahme an, dass es die Leerstände leider seit vielen Jahren gebe. Viele inhabergeführte Geschäfte seien im Laufe der Jahre aufgegeben worden und die späteren Mietverhältnisse waren von kurzer Dauer. "Ein Großteil der Immobilien, in denen Leerstände vorhanden sind, bedürfen einer grundlegenden Renovierung. Nur so lassen sich Interessenten finden", teilte die Pressesprecherin mit. Wichtig hierbei sei auch, dass größere Verkaufsflächen mit barrierefreiem Zugang geschaffen werden. Das lässt sich nur durch Abriss umsetzen, aber das sei eine Sache der Eigentümer. "Das Erscheinungsbild der Bahnhofstraße wird sich künftig aber auch wandeln", heißt es in der Stellungnahme. Möglicherweise werde sich dort mehr Dienstleistung in Kombination mit "Wohnen" wiederfinden. Abschließend weist die Pressesprecherin darauf hin, dass Bünde kein Einzelfall sei. "Die Erscheinungen finden sich in allen Kleinstädten und Mittelzentren", sagt sie.

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