
Gütersloh. Seit mehr als einem Jahr fordert der Seniorenbeitrag die Einrichtung einer öffentlichen Toilette am Marktplatz. Durch den Neubau der Feuer- und Rettungswache waren die bisherigen Toilettenanlagen an dem Standort weggefallen. Seitdem gibt es nur zwei öffentliche Toiletten in der Stadt: an der Spiekergasse und vor dem Hauptbahnhof.
Einen Neubau am Marktplatz hatte die Stadt aus Kostengründen bislang abgelehnt. Eine Alternative: Die behindertengerechte Toilette an der neuen Wache für alle zugänglich zu machen. Doch Thorsten Merschmann, Leiter des städtischen Fachbereichs Technisches Gebäudemanagement, warnte jetzt im Ausschuss für Planung, Bauen und Immobilien eindringlich vor dieser Lösung - allerdings nicht aus Kostengründen.
Denn mit rund 19.000 Euro käme der Umbau noch relativ günstig. Die Rasterdecke müsste zurückgebaut und aus Vandalismusgründen durch eine geschlossene Decke ersetzt werden. Zudem müssten zwei Revisionsklappen eingebaut und notwendige Elektronik installiert werden.
Erhöhte Gefahr von Vandalismus
Weil die Zuwegung direkt an der Fassade entlang läuft, sieht Merschmann hier auch nicht die Möglichkeit eines Vorbaus. „Lediglich ein Vordach ist hier möglich.“ Zudem müsste ein Kassenautomat installiert werden, der allerdings ausschließlich mit Karte zu bedienen sei. „Bei einem Kassenautomat mit Barzahlung würde das Budget deutlich höher. Außerdem ist ein solches Gerät anfälliger.“

Der Seniorenbeirat hatte als potenzielle Nutzer nicht nur die Besucher des Marktes im Blick. Sondern auch Busreisegruppen, die den Marktplatz als Start- und Zielort haben. Bislang dürfen nur Menschen, die ihre Behinderung nachweisen können, das WC mit einem sogenannten Euroschlüssel betreten. Merschmann warnte seitens der Verwaltung allerdings dringend davor, die Toilette einem größeren Personenkreis zu öffnen. Es sei eine deutlich erhöhte Gefahr von Vandalismus zu befürchten.
Als abschreckendes Beispiel zeigte er den Ausschussmitgliedern Fotos von der Toilettenanlage auf dem Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof. Diese ist 2022 für 140.000 Euro eingerichtet worden, verfügt über eine automatische WC-Brillen-Reinigung, LED-Beleuchtung, Elektrofußbodenheizung und Sanitärobjekte aus Edelstahl. Eine Einrichtung, die nicht nur Menschen zu schätzen wissen, die sich dort erleichtern wollen, sondern offenbar auch die Drogenszene.
„Die hygienischen Zustände sind ekelerregend“

Auf den von Merschmann gezeigten Fotos sind Spritzen zu erkennen, die auf dem Boden, dem Toilettendeckel und sogar auf dem Wickeltisch liegen. „Dabei wird die Toilettenanlage zweimal täglich gereinigt. Trotzdem ist die Situation dort unter aller Sau“, so Merschmann. Auch die Urinale seien häufig verstopft. „Die hygienische Zustände sind ekelerregend.“ Selbst die Reinigungskräfte weigerten sich wegen befürchteter Gesundheitsgefahren teilweise, die Anlage überhaupt zu betreten.
„Das muss an der Feuerwache nicht eins zu eins so sein“, räumt Merschmann ein. „Aber die Gefahr besteht. Denn wir haben keine Möglichkeit, die Räumlichkeiten von der Wache aus einzusehen.“ Deshalb wolle sich die Verwaltung darauf beschränken, an der vorhandenen Behindertentoilette am Marktplatz ein entsprechendes Piktogramm anzubringen.
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Detlef Kahmen konnte für die CDU zwar einen Bedarf für eine Toilette an dieser Stelle erkennen, wollte aber dem Antrag des Seniorenbeirats nach der gehörten Schilderung der Verhältnisse am Hauptbahnhof nicht mehr zustimmen. „Das geht einfach nicht.“
Seniorenbeirat will nicht locker lassen
Der Vorschlag von Andreas Müller (Grüne), Busfahrer mit dem Euroschlüssel auszustatten, damit diese den Reisegruppen im Bedarfsfall die Toilette an der Wache öffnen können, wurde von Thorsten Merschmann ebenfalls zurückgewiesen. „Dieser Schlüssel wird nur an Personen ausgegeben, die den Grad ihrer Behinderung auch nachweisen können.“
Der Seniorenbeirät reagiert enttäuscht. Vorsitzender Jürgen Jentsch setzt sich seit vielen Jahren für mehr öffentliche Toiletten in der Innenstadt ein. „Wir erwarten jetzt einen Vorschlag der Verwaltung, wie man anderweitig eine Toilette an dieser Stelle errichten kann“, will er nicht locker lassen. Die Gefahr von Vandalismus hält er dort für weniger gegeben, als am Bahnhof. „Dann muss man halt häufiger kontrollieren. Das kann kein Grund dafür sein, auf ein WC dort ganz zu verzichten.“
Die Stadt hatte noch im September vergangenen Jahres auf Nachfrage der „Neuen Westfälischen“ mitgeteilt, dass sie das Angebot öffentlicher Toiletten für ausreichend hält und dabei auf die Aktion „Nette Toilette“ verwiesen. Teilnehmende Gastronomen erhalten dabei eine Reinigungspauschale von der Stadt, wenn sie ihre Toiletten auch für Nicht-Kunden öffnen. Die Sache hat aber einen Haken: Am Marktplatz gibt es keine Gastronomie.