Darum ist Güterslohs erstes Lastenrad so beliebt

Güterslohs erstes Lastenrad wird immer beliebter – denn es kann von jedem Bürger gemietet werden. Und mittlerweile hat es sogar auch einen Namen.

Amelie Förster überzeugte die Juroren mit ihrem Namensvorschlag „GusTaf" – ausgeschrieben: „Gütersloher und Stahlrossfans transportieren alles auf’m Fahrrad". | © Jens Dünhölter

22.09.2019 | 22.09.2019, 10:30

Gütersloh. Die große, feierliche, mit Spannung erwartete sowie auf Seiten der klimafreundlichen Zweirad-Mobilisten von enormer Vorfreude geprägte Premiere feierte das erste freie Lastenrad für den Kreis Gütersloh schon im Mai.

Die aus der Gütersloher Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), der Gesellschaft für Natur und Umwelt, der Umweltstiftung der Stadt sowie Fahrrad Rottstock bestehenden Kooperationspartner wollten mit der Anschaffung des tageweise, gegen eine kleine Spende, mietbaren, umweltschonenden, emissionsfreien Transportmittels auch für größere Gegenstände eine echte Alternative zum PKW anbieten.

Hunde-Chauffeur, Blumenerde-Lieferant, Packesel für Infostände

Inzwischen sind vier Monate vergangen. Seine Alltagstauglichkeit hat das Lastenrad an exakt registrierten 45 Ausleihtagen beim Transport 100 Kilogramm schwerer Kiessäcke, als Getränkekisten-Halter, Hunde-Chauffeur, Blumenerde-Lieferant, Packesel für Infostände oder diverse sperrige, schwere Baumarkt-Artikel längst unter Beweis gestellt. Auch die erste Schramme an der Außenverkleidung des Packbereiches ist wieder verschwunden.

Ausgelegt ist das freie Lastenrad einschließlich Fahrer für ein Gesamtgewicht von 200 Kilogramm. - © Jens Dünhölter
Ausgelegt ist das freie Lastenrad einschließlich Fahrer für ein Gesamtgewicht von 200 Kilogramm. | © Jens Dünhölter

Beim Manövrieren mit dem 2,46 Meter langen Fahrzeug (gut 60 bis 70 Zentimeter länger als ein normales Rad) war ein Ausleiher irgendwo angeeckt. Mehrere potenzielle Kauf-Kandidaten für eigene Lastenräder buchten das inklusive Fahrer/Fahrerin mit 200 Kilogramm belastbare abgasfreie Verkehrsmittel bei den Betreibern des ADFC sogar gleich für mehrere statt des vorgesehenen einen Tages. Im Gleichtritt ziehen AFDC-Schatzmeister Daniel Neuhaus und sein Kollege Fritz Spratte darum ein sehr zufriedenes Fazit: „Der Bedarf ist eindeutig da."

Ein ganz besonderer Name musste her

Auch der von den Initiatoren im Rahmen der Präsentation ausgerufene Namen-Findungsprozess ist inzwischen erfolgreich abgeschlossen. Ganz offiziell, bereits mit eigener Homepage ausgestattet, firmiert das von jedermann kostenlos buchbare Transportmittel unter dem Namen „GusTaf". Ausgeschrieben steht das für „Gütersloher und Stahlrossfans transportieren alles auf’m Fahrrad".

Bei der Namensfindung hat die NW ein klein wenig mitgeholfen. Aus einer Flut von fast unglaublichen 65 Einsendungen wurde der Vorschlag der ehemaligen Volontärin Amelie Förster von den Juroren auf Platz 1 gekürt. Daniel Neuhaus: „Wir waren völlig überrascht, wie viele tolle Ideen zusammen gekommen sind. Das spricht für die große Akzeptanz in der Bevölkerung".

Nach dem entsprechenden Aufruf in der NW machte sich die zweirad-affine Journalistin sofort ans Werk: „Es musste ein vermenschlichter Begriff sein, die Rahmenfarbe schwarz stand für mich für einen Herren, außerdem sollten die Buchstaben G und T vorkommen", schildert Amelie Förster die Ausgangsbasis ihres Wortspiels. Die beiden blau unterlegten Großbuchstaben „G" und „T" auf orangenem Untergrund symbolisieren das Einsatzgebiet im gesamten Kreis Gütersloh. Bei der ein paar Tage danach anstehenden ersten Ausfahrt mit „GusTaf" stellte die Namenspatronin sehr schnell den Unterschied zu den kürzeren, normalen Drahteseln fest: „Durch den langen Radstand fährt es sich viel wackeliger als ein normales Rad."

Die erste Fahrt ist abenteuerlich

Man brauche „erst ein paar hundert Meter, um sich an das andere Fahrverhalten zu gewöhnen." Nach einer Runde um den Block konnte Amelie schnell wieder lachen: „Beim Anfahren habe ich gedacht, ich kann kein Rad mehr fahren." Beim anschließenden Wechsel auf ihren normalen Drahtesel habe sich dieses Gefühl ein zweites Mal eingestellt. Daniel Neuhaus bestätigt diese Eindrücke: „Die ersten 200, 300 Meter haben oft Abenteuercharakter. Nach einem Kilometer hat man den Bogen raus."

Obacht samt vorsichtiger Fahrweise sei nur beim Durchqueren enger Absperrpfosten oder dem Um-die-Kurve-Fahren geboten. Deshalb habe sich auch die Abholung/Stationierung beim für Pflege und Wartung verantwortlichen Zweiradbetrieb Rottstock unter den Ulmen als „sehr vorteilhaft" erwiesen. Daniel Neuhaus: „Die Leute fahren ohne Ladung los. Das macht es einfacher."

Neuer Online-Kalender für Buchungsanfragen

Den nächsten Popularitätssprung erhoffen sich die Betreiber vom ADFC von dem neuen Online-Kalender für Buchungsanfragen. Der komplette Online-Buchungsvorgang soll bald erfolgen können. Daniel Neuhaus: „Wir warten auf die Fertigstellung der Software. Das machen Ehrenamtliche nebenbei." Bislang muss für Terminanfragen eine e-mail an lastenrad\@adfc-guetersloh\.de geschickt werden. Ob der Anschaffung des mit Elektrounterstützung, wartungsarmem Riemenantrieb, Scheibenbremse sowie stufenloser Schaltung gut 5.000 Euro teuren „Mercedes unter den Lastenrädern" (Daniel Neuhaus) ein zweites „Riese und Müller"-Modell folgt, lassen die Anhänger klimafreundlicher Mobilität offen.

Fritz Spratte als „Antreiber ohne festen Posten" (Daniel Neuhaus) präferiert die Idee „eines durch einen Dienstleister abgedeckten Warentransportes in der Innenstadt". Auch Lösungen „für Handwerker hält er für „sehr praktikabel". Extrem positiv hat der ADFC das Interesse anderer Kommunen im Kreis wahrgenommen. Derzeit laufen erste Gespräche mit der Stadt Harsewinkel. Möglicherweise könnte dort „im Frühjahr" der Startschuss für ein Lastenrad fallen. Momentan kreisen viele Gedanken um die Standortfindung. Es gäbe „weder in Harsewinkel noch in Marienfeld einen Fahrradhändler zur Stationierung".