Wieder mehr Paare in Bielefeld geben sich das Ja-Wort, Paartherapeuten ausgebucht

Bielefeld. Die Bielefelder sind Ja-Sager: So wurde in der Stadt 2022 wieder häufiger geheiratet. Das geht aus aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes hervor. Im OWL-Vergleich liegt Bielefeld mit 1.250 Hochzeiten aber nur auf Rang 5. Die Liste führt der Kreis Lippe mit 1.789 Eheschließungen an. Aber es wurden in Bielefeld mehr Ehen als 2021 geschlossen – in dem Jahr waren es 1.232. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 85.000 Hochzeiten in NRW. Elf Prozent davon wurden im Vorjahr in Ostwestfalen-Lippe gefeiert. Damit nähern sich die Zahlen wieder dem Niveau vor der Corona-Pandemie an. Die Eheschließungen in Bielefeld entsprechen diesem Trend. Denn 2019, also ein Jahr vor der Pandemie, sind hier genauso viele Ehen geschlossen worden wie im Vorjahr - nämlich 1.250. Das Corona-Jahr 2020 war sogar noch besser, damals wurden 1.315 Ehen begründet. Es wird aber nicht nur häufiger &bdquo;Ja“ gesagt, sondern die Ehen halten auch wieder länger, wie eine weitere Statistik des Landesamtes zeigt. In Bielefeld trennten sich demnach verheiratete Paare 2022 im Schnitt nach 14,3 Ehe-Jahren. Damit liegt Bielefeld allerdings unter dem Landesschnitt von 15,3 Jahren und dem Durchschnitt Ostwestfalen-Lippes mit 15,7 Ehejahren. 2012 waren es in Bielefeld noch 14,2 Jahre bis zur Scheidung. Corona war ein Katalysator - sowohl bei Ehen als auch Krisen Dass wieder mehr Paare heiraten und mehr darum ringen, ihre Beziehung in Krisenzeiten noch zu retten, dafür nennt Andreas Haase einen möglichen Grund: der Wunsch nach Sicherheit. "Wir leben in unsicheren Zeiten", sagt der Paartherapeut vom Bielefelder Institut für Paarberatung. Kriege, Klimawandel, die Angst vor Wohlstandsverlust oder gar Armut seien Faktoren, die in der Gesamtheit das Lebensgefühl beeinflussen. "Da möchte man sich eine sichere Insel schaffen." Und diese Insel auch behalten. Selbst, wenn mit dem auserwählten Menschen nach Jahren nicht mehr alles möglich ist, sei man doch eine lange Zeitspanne miteinander gegangen, habe vielleicht Kinder, sei Großeltern, habe ein gemeinsames Haus. "Auch diese gemeinsame Zeit gibt eine Form von Sicherheit", sagt Haase. Der Paartherapeut betont, dass dies seine subjektive Wahrnehmung sei, eine wahrnehmbare Tendenz, keine empirischen Fakten. Die Pandemie sei auf alle Fälle ein Katalysator sowohl in Richtung Ehe als auch in Richtung Beziehungskrise gewesen. Fakt ist, dass das Bielefelder Institut für Paarberatung gut ausgelastet ist. Die sechs Therapeutinnen und Therapeuten, die stets im gemischten Team arbeiten, sind auf Monate ausgebucht. "Wir haben seit gut einem halben Jahr einen Aufnahmestopp", sagt Haase. Die Themen, die bei den Beratungen angesprochen werden, sind vielfältig: Fremdgehen, Veränderung der sexuellen Orientierung, Intimität und Sexualität, Kinderbetreuung, unterschiedliche Erziehungshaltung, schwere Erkrankungen, neue Liebe. Kleinigkeiten bringen langjährige Beziehungen ins Wanken Auch Unverständnis dem Partner gegenüber gehört dazu, Streit wird dabei schnell destruktiv. "Streiten will gelernt sein", so der Therapeut, "man muss achtsam sein, die Wünsche und Bedürfnisse des Gegenübers anhören, auch, wenn es nicht die eigenen sind." Manchmal seien es bestimmte Muster, die bei langjährigen Partnern durch Kleinigkeiten plötzlich zum großen Thema werden und alles ins Wanken bringen. Mehr als die Hälfte der Scheidungsverfahren (52,5 Prozent) wurde 2022 übrigens von den Ehefrauen beantragt. Bei 5,5 Prozent der Scheidungen stellten die Eheleute den Antrag gemeinsam; in 42,0 Prozent der Fälle ging die Initiative von den Ehemännern aus. Die beliebtesten Monate zum Heiraten waren August und September mit jeweils 150 Eheschließungen. Dicht gefolgt vom Juni (141), Juli (129) und Mai (125). Das teilt die Stadt Bielefeld mit. 35 Hochzeitspaare im Jahr 2022 waren gleichgeschlechtlich (neun männlich, 26 weiblich). Von den verheirateten Paaren nahmen 995 einen gemeinsamen Familiennamen an. Bei 248 Eheschließungen wurde kein Ehename bestimmt, so dass die Eheleute ihren bisherigen Namen behalten haben, heißt es von der Stadt. Bielefelder Sparrenburg beliebtester Hochzeitsort Das Standesamt Bielefeld bietet für das Ja-Wort verschiedene Trauorte an. Diese externen Trauorte waren in den Sommermonaten sehr begehrt. So wurde auf der Sparrenburg 326 Mal geheiratet, und im Museumshof Senne und Museum Huelsmann jeweils 61 Mal. Mehr Ehen bedeuten allerdings nicht unbedingt mehr Kinder. So wurden 2022 in Bielefeld 336 weniger Geburten beurkundet als im Vorjahr. 2021 beurkundete das Standesamt laut Stadt Bielefeld 4.896 Geburten, 2022 waren es 4.560 Geburten. Davon waren 51 Prozent der Kinder männlichen und 49 Prozent weiblichen Geschlechts.

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