Diskussion um Mehrklassen Was hinter dem Run auf die Bielefelder Realschulen steckt

Bielefeld. Run auf die Realschulen: Zum neuen Schuljahr gibt es stadtweit 75 mehr Anmeldungen als Plätze. Was steckt hinter dieser aktuellen Entwicklung? Und gibt es für jedes Kind denn dann überhaupt auch einen Platz? Die Realschulkapazitäten zu erweitern hat die Stadt nämlich grundsätzlich nicht geplant. Von der Schulverwaltung waren zuletzt für die Realschulen stets auskömmliche Zahlen vorhergesagt worden. Warum haben jetzt so viele Bielefelder Eltern ihre Kinder an Realschulen angemeldet, während die Nachfrage nach Sekundar- und Gesamtschulplätzen - den sogenannten integrativen Systemen - deutlich zurückgegangen ist? Werden aktuell mehr Realschulempfehlungen ausgesprochen, weil die Leistungen der Schüler nachgelassen haben? Oder folgen mehr Eltern der Schulempfehlung? Das könne er so nicht bestätigen, sagt Oliver Pape, Grundschulformsprecher und Leiter der Hans-Christian-Andersen-Grundschule in Sennestadt. Die Empfehlungen erfolgten immer in enger Abstimmung mit den Eltern und hätten sich nicht verändert. Er habe für die Entwicklung erst einmal keine Erklärung. Durch den Wegfall der Hauptschulen habe sich allerdings der Ruf der Gesamtschulen nicht unbedingt verbessert, ergänzt er. Starke Profilbildung, ob im Sport oder mit dem bilingualen Zweig "Wir freuen uns natürlich erst einmal, dass unsere Schulform so beliebt ist und die Eltern unsere Arbeit honorieren", sagt Daniel Norkowski, Sprecher der Bielefelder Realschulen und Leiter der Theodor-Heuss-Realschule (THS) in Sennestadt. Die starke Profilbildung an den Realschulen, ob im Sport oder mit dem bilingualen Zweig in Heepen, sei für Eltern sehr attraktiv. Während an den anderen beiden Realschulen im Süden der Stadt, in Brackwede und Senne, jeweils noch etwa 50 Plätze frei sind, hat die THS mit 149 Anmeldungen 14 Plätze zu wenig. Noch größer ist der Andrang an der Realschule Heepen. Dort liegen bislang 192 Anmeldungen vor, es gibt aber nur 108 Plätze. Auch an der Luisen-Realschule ist wieder sehr gefragt: Dort fehlen bei 183 Anmeldungen 75 Plätze. Zusammen mit der Verwaltung werde jetzt geprüft, wo zusätzliche Klassen geschaffen werden können, so Norkowski. "Eltern wollen möglichst homogene Gruppen, dass Regeln durchgesetzt werden und die Kinder behütet lernen und individuell gefördert werden", ergänzt Sven Pachur, Leiter der Luisenschule. Wie die Stadt jetzt mit der erneut gestiegenen Nachfrage umgehe, sei spannend. Er wolle - wie auch schon in den Vorjahren - dem Schulträger wieder anbieten, eine Mehrklasse einzurichten. Stolz sei er über die positive Rückendeckung der Eltern, die sie mit der Schulwahl zeigten. Die fehle hingegen von Schulpolitik und Verwaltung. Politisch gewollt seien die sogenannten integrativen Systeme. "Wenn sich die Stadt allerdings nach dem Elternwillen richtet, brauchen wir auf jeden Fall weitere Realschulplätze", sagt Pachur. Mehrklassen seien da dauerhaft keine Lösung. Das hätten auch engagierte Eltern seit Jahren immer wieder angemerkt. Schul-Zusagen für alle spätestens nach den Osterferien Wie bereits im ganzheitlichen Schulentwicklungsplan beschrieben, bestehe an der Schulform Realschule vor allem ein Verteilungsproblem, da sich die vorhandenen Raumkapazitäten örtlich nicht mit der Nachfrage an Schulplätzen deckt, heißt es auf Nachfrage aus dem Amt für Schule. Gesamtstädtisch könnten mit der Bildung von Mehrklassen ausreichend Realschulplätze angeboten werden. In der Fortschreibung der Prognosen der Schulentwicklungsplanung werde das Schulformwahlverhalten weiterhin analysiert. "Die Prognosen basieren auf Schülerzahlen und nicht auf Anmeldezahlen, so dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussagen zu Verschiebungen von Trends im Schulformwahlverhalten treffen lassen", ergänzt Christian Pötting in Vertretung für Amtsleiterin Susanne Beckmann. Stadtweit liegen laut Daten aus dem Amt für Schule die Realschulen jetzt mit 939 von insgesamt 2.281 Anmeldungen für die weiterführenden, städtischen Schulen vorne. Im vergangenen Jahr war diese Schulform für 821 von insgesamt 2.236 neuen Fünftklässlern die erste Wahl. Während die ersten Anmeldezahlen bei den städtischen Gymnasien mit 787 etwa gleichgeblieben sind (Vorjahr 793), sind sie an den Sekundarschulen (von 190 auf 146) und an den Gesamtschulen (von 432 auf 409) rückläufig. Konkrete Vorschläge der Verwaltung für Mehrklassen werden in der nächsten Schulausschuss-Sitzung am 7. März erwartet. Spätestens nach den Osterferien soll dann für alle Eltern klar sein, in welche Schule ihre Kinder nach der Grundschulzeit gehen können.

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