Falsche Zahlen: Großer Ärger um extrem gefragte Realschulplätze in Bielefeld

Bielefeld. Die Gründe seien unklar, die hohen Anmeldezahlen an den Realschulen überraschend, sagt Schuldezernent Udo Witthaus jetzt bei der Vorstellung der Anmeldezahlen für die weiterführenden Schulen der Stadt. Mit 948 Anmeldungen (Stand 28. Februar) ist die Realschule vor den Gymnasien (837 Anmeldungen) und den Gesamtschulen (388 Anmeldungen) die gefragteste Schulform. Und die Plätze nicht ausreichend: Unterm Strich fehlen 84, also etwa 3 Klassen. &bdquo;Sehr schade, dass der Schulträger den Erfolg der Realschulen nicht mit uns feiert, sondern bei den ja eigentlich erfreulichen, hohen Anmeldezahlen immer die Verwaltung des Platzmangels und das Problem, die Kinder irgendwie unterzubringen im Vordergrund steht“, sagt Sven Pachur, seit 2002 Leiter der Luisenschule. Seit Jahren werde versucht, den Elternwillen zu steuern, auch durch Zahlen, die nicht stimmten. &bdquo;Allerdings ohne wirklichen Erfolg, aber zulasten der Kinder.“ Dass die Verwaltung &bdquo;scheinheilig beschönigte Zahlen präsentiert“, sei schon bitter und täusche falsche Tatsachen vor, kritisiert auch Tim Seidel vom Stadtelternrat scharf. Als &bdquo;Anmeldungen gesamt 2024“ führt die Stadt jetzt als Vergleichswert beispielsweise für die Heeper Realschule 107 auf. &bdquo;Es waren aber 201“, berichtet Pachur mit Verweis auf eine Veröffentlichung aus dem Amt für Schule aus dem Vorjahr. Mehr dazu: Was hinter dem Run auf die Bielefelder Realschulen steckt Aufnahmen werden als Anmeldungen aufgeführt &bdquo;Da werden jetzt die tatsächlichen, durch die Kapazitäten begrenzten Aufnahmen als Anmeldungen aufgeführt.“ 156 Anmeldungen hatte seine Schule 2024, die Stadt führt jetzt hingegen nur noch die 108 auf, die dann tatsächlich einen Platz bekommen haben. So komme die Stadt dann auf insgesamt nur &bdquo;790 Anmeldungen für 2024“. Hinzu komme, dass Kindern zugemutet wird, beispielsweise aus Heepen (aktuell 181 Anmeldungen, 108 Plätze) bis Brackwede (65 freie Plätze) oder die Senne (25 frei) gondeln zu müssen, wenn sie bei der Schulform bleiben möchten. Das führe nachweislich dazu, dass einige sich dann doch anders entscheiden würden. In Mitte/Norden fehlte definitiv eine zusätzliche Realschule. Bei den Gesamtschulen hingegen sind die ersten Anmeldezahlen, also der Elternwille, deutlich geringer als die Zahl der tatsächlichen Aufnahmen. Es sei ein Unding, dass der Elternwille seit Jahren konsequent von Verwaltung und der rot-rot-grünen Schulpolitik ignoriert werde, sagt Seidel. Lesen Sie auch: &bdquo;Situation in Bielefeld ist eigentlich illegal“: Gesamtschulen kämpfen um ihre Existenz &bdquo;Eltern entscheiden sich ganz bewusst aufgrund des Lernkonzepts und der pädagogischen Arbeit für uns“, ergänzt Pachur. &bdquo;Wir sind leistungsorientiert und auch etwas konservativ.“ Eine engere Bandbreite der Heterogenität, ein fester Klassenverband und somit stärkeres Sozialgefüge: Er stehe absolut hinter dem Konzept der Realschule und sei deshalb jetzt an diese Schulform zurückgekehrt, sagt auch Godehard Stein, neuer Leiter der Theodor-Heuss-Realschule in Sennestadt (146 Anmeldungen, 135 Plätze). Gut laufende Hauptschulen einzustampfen, sei definitiv ein großer Fehler gewesen. Die Kinder könnten von den integrierten Systemen nicht aufgefangen werden, so seine Erfahrung. Errichtung einer weiteren Realschule in Bielefeld gefordert &bdquo;Das Amt für Schule verzerrt seit Jahren bewusst die Prognosen“, sagt Jan Maik Schlifter (FDP). Mehrfach hatten die Liberalen und auch die CDU beantragt, von den Anmeldezahlen und damit vom Elternwillen auszugehen und auf dem Seidensticker-Campus neben dem Gymnasium auch die Errichtung einer mindestens dreizügigen Realschule gefordert. Rot-Rot-Grün habe das immer wieder abgelehnt. &bdquo;Ergebnis ist Jahr für Jahr eine wissentliche Unterschätzung des Bedarfs an Realschulplätzen und eine groteske Benachteiligung der Kinder und Familien, für die die Realschule die richtige Schulform ist“, sagt Schlifter. Die reine Anlegung des Elternwillens habe nur eine bedingte Aussagekraft, so Miriam Welz, schulpolitische Sprecherin der SPD. Die Anmeldezahlen zeigten zudem lediglich die generellen Anmeldungen für eine Schule, &bdquo;jedoch nicht, welche Qualifikationen die Schüler für diesen Bildungsgang mitbringen“. Eine Vielzahl der Schüler müsse nach Klasse 6, nach dem Absolvieren der sogenannten Erprobungsstufe, an integrierte Schulsysteme wechseln. Generell befürworte die SPD aber nicht, dass Schüler &bdquo;aus dem tiefsten Norden zu einem Schulplatz in den Süden fahren müssen, um dort den gewünschten Bildungsgang zu absolvieren“. Lesen Sie auch: Detaillierte Zahlen: So viel Unterricht fällt an Bielefelder Schulen aus Schulausschuss entscheidet am 18. März über Mehrklassen Ob und wo Mehrklassen gebildet werden, wird am 18. März im Schulausschuss diskutiert. &bdquo;Schüler mit einer Empfehlung für den mittleren Bildungsgang haben die Möglichkeit, diesen auch auf einer der Bielefelder Gesamtschulen zu verfolgen“, sagt Welz. Investitionen in Bildung dürften nicht gegeneinander abgewogen werden, so Lisa Brockerhoff (Grüne). Jedes Kind in Bielefeld habe das Recht auf eine gute, zukunftsfähige Schule. &bdquo;Wir investieren in Gymnasien, wie das Waldhof, und selbstverständlich auch in alle anderen Schulformen, wie zum Beispiel Gesamtschulen“, erklärt Sven Pachur und unterstreicht: Es sei nicht beabsichtigt, Schulformen gegeneinander auszuspielen. Aber die Darstellung, die auch mit Grundlage für die Schulentwicklungsplanung ist, entspreche einfach nicht der Realität und sei nicht fair. Das werde seit Jahren einfach konsequent ignoriert.

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