„Unfassbar“: Rathaus-Koalition stoppt gefragte Zusatzklassen in Bielefeld

Bielefeld. &bdquo;Unfassbar, was da von der Koalition durchgezogen wurde“, sagt Tim Seidel vom Stadtelternrat. &bdquo;Was soll das?“, fragen auch Schulleiter und Opposition empört. Grund der Aufregung ist, dass SPD, Grüne und Linke mit ihrer Mehrheit mit einem kurzfristigen Änderungsantrag die Einrichtung von je einer Mehrklasse zum Schuljahr 2025/26 an der Gertrud-Bäumer- und an der Luisen-Realschule gestoppt haben. Entsprechend hitzig war die Debatte dazu am Dienstag im Schulausschuss. &bdquo;So etwas habe ich noch nicht erlebt, das ist wider jeder Vernunft“, sagt Sven Pachur, Leiter der Luisenschule. Wie berichtet, ist die Realschule mit 948 Anmeldungen (Stand 28. Februar) vor den städtischen Gymnasien (837 Anmeldungen) und den Gesamtschulen (388 Anmeldungen) die gefragteste Schulform in Bielefeld. Und die Plätze nicht ausreichend: Unterm Strich fehlen 84, also etwa drei Klassen. Um zumindest noch einen Teil der Kinder an ihrer Wunschschulform aufnehmen zu können, hatte das Amt für Schule in Abstimmung mit den Schulleitungen und den Schulkonferenzen die Einrichtung von je einer Mehrklasse an der Gertrud-Bäumer-Realschule und an der Luisenrealschule geplant. Raum und Personal für Mehrklassen in Bielefeld vorhanden &bdquo;Das wurde in den Vorjahren ja auch schon oft so gemacht und war im Ausschuss immer nur eine Formalie, die abgenickt wurde“, berichten Pachur und auch Ansgar Leder, Leiter der Gertrud-Bäumer-Schule. &bdquo;Wir haben sowohl den Raum als auch das Personal, als auch einen entsprechenden Schulkonferenzbeschluss.“ Warum SPD, Grüne und Linke die machbare Lösung blockieren, sei völlig unverständlich, so Seidel. Die rot-rot-grüne Ratskoalition fordert stattdessen jetzt &bdquo;die Prüfung einer zusätzlichen Klasse an der Realschule Heepen“ (181 Anmeldungen, 108 Plätze). Lesen Sie auch: Das war’s mit der Wunschschule: Viele zukünftige Fünftklässler in Bielefeld abgelehnt Das Amt für Schule habe dazu bereits bei der Suche nach gemeinsamen Lösungsvorschlägen angefragt, so Schulleiterin Stefanie Schrader. &bdquo;Aber für das kommende Schuljahr können wir uns das aufgrund der räumlichen Situation und personellen Umverteilung nicht vorstellen.“ Das habe die Konrektorin so auch der SPD nochmal deutlich mitgeteilt, die sich dazu einen Tag vor dem Schulausschuss gemeldet habe. Mehrklassen an der Gertrud-Bäumer- und der Luisenrealschule Davon, dass die mit allen abgestimmten Mehrklassen an der Gertrud-Bäumer- und der Luisenrealschule gestrichen werden sollen, sei aber nicht die Rede gewesen. &bdquo;Wir dachten, es gehe um eine zusätzliche weitere Klasse bei uns“, sagt Schrader. Aber an der Situation in Heepen habe sich nichts geändert. &bdquo;Deshalb waren wir umso erstaunter über den Koalitionsantrag im Schulausschuss.“ Sie werde das jetzt nochmal verschriftlichen, &bdquo;entscheiden werden dann andere“. Mehr zum Thema: Falsche Zahlen: Großer Ärger um extrem gefragte Realschulplätze in Bielefeld Sowohl die Form als auch der Inhalt des Antrags seien skandalös, so Leder. &bdquo;So macht man keine Schulpolitik.“ Alle Akteure seien übergangen worden, der Elternwille werde komplett ignoriert. &bdquo;Im Ergebnis werden unnötig viele Eltern verprellt und sehr verärgert und viele Kinder sehr traurig sein.“ Dass Politik Entscheidungen trifft, die absolut nicht nachvollziehbar seien, führe zu Frust und Politikverdrossenheit. Und das habe Konsequenzen weit über die Bielefelder Schulpolitik hinaus. &bdquo;Unsere Aufgabe ist aber, das gesamte Schulsystem der Stadt im Blick zu haben – und dabei auch über die fünften Klassen hinauszuschauen“, begründet Lisa Brockerhoff, schulpolitische Sprecherin der Grünen, ihren Antrag. In den Jahrgängen 7, 8 und 9 müssten viele Schülerinnen und Schüler die Schule wechseln, auch weil sie die Lernziele nicht erreichten. Das sei eine schlimme Erfahrung. Und auch für die aufnehmenden Schulen bedeute es große Herausforderungen. Die Klassen würden immer größer und neu gemischt. Eltern, die sich einen Realschulplatz für ihr Kind wünschen, berücksichtigten diese Herausforderungen nicht. Realschulen in Bielefeld würden angegriffen Auch wenn trotz Bildung der beiden vom Amt für Schule empfohlenen Mehrklassen stadtweit immer noch deutlich mehr Anmeldungen als Plätze da wären, würden die zusätzlichen Klassen perspektivisch die Existenz der weniger gefragten Realschulen Bosse und Brackwede gefährden, ergänzt Miriam Welz (SPD). Im Widerspruch zu Schulleitern, Schulverwaltung und dem eigenen SPD-Dezernenten werde hier &bdquo;vermeintlich linke Schulpolitik auf dem Rücken von Familien und Kindern durchgedrückt“, sagt hingegen Jan-Maik Schlifter (FDP). &bdquo;Das ist ein Angriff auf die Realschulen in Bielefeld. Handwerklich schlecht gemacht und mit dem Kopf durch die Wand.“ Rot-rot-grün sei &bdquo;bei der Bildungspolitik völlig von der Rolle“ und mache Familien das Leben extra schwer. Auch interessant: &bdquo;Situation in Bielefeld ist eigentlich illegal“: Gesamtschulen kämpfen um ihre Existenz Die überzähligen Schülerinnen und Schüler hätten die Möglichkeit, sich auch noch an der Martin-Niemöller-, der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Gesamtschule und der Gesamtschule Rosenhöhe anzumelden, heißt es von der Stadt. Dort sind noch viele Plätze frei. Die Aufnahme- und Ablehnungsbescheide der weiterführenden Schulen zum Schuljahr 2025/26 sollen noch vor den Osterferien, vor dem 11. April, versandt werden.

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