Pelle rettet den Punkt
Der SC Paderborn musste am Samstag in der Zweitligapartie beim VfL Osnabrück inklusive Nachspielzeit nach der Gelb-Roten Karte für Kai Klefisch satte 82 Minuten in Unterzahl agieren, ehe nach einem ziemlich zähen Duell ein 0:0 zu Buche stand. Das Remis hatten sich die Gäste auch durchaus verdient, obwohl sie in den ersten 17 Minuten im Elf gegen Elf auf ganzer Linie versagt hatten.
Doch in der zweiten Hälfte machte es der SCP dann richtig gut. Vorne wurden vor allem dank Joker Ilyas Ansah immer wieder Nadelstiche gesetzt. Hinten wurde sehr aufmerksam verteidigt, sodass Keeper Pelle Boevink selten eingreifen musste. Und wenn der Niederländer dann doch einmal gefragt war, entschärfte er die wenigen Osnabrücker Chancen.
Absolut sehenswert war hierbei der starke Reflex, mit dem Boevink in der 66. Minute einen Kopfball von VfL-Stürmer Erik Engelhardt von der Linie kratzte. „Eine Monsterparade", lobte Osnabrücks Trainer Uwe Koschinat. Am Ende hatte Boevink in seinem fünften Zweitligaspiel zum dritten Mal die Null gehalten. Unterm Strich hat der SCP unter der neuen Nummer eins erst zwei Liga-Gegentore kassiert. „Es ist ein Punkt der Moral und nicht selbstverständlich, dass du hier mit einem 0:0 nach Hause fährst, wenn du so lange in Unterzahl spielst", resümierte Boevink.
Koschinat vermisst die Kaltschnäuzigkeit
Für VfL-Coach Uwe Koschinat setzten sich mit dem torlosen Remis zwei Negativserien fort. Zum einen blieb der VfL Osnabrück auch im fünften Spiel unter seiner Regie sieglos. Zum anderen muss er damit in seiner Trainerkarriere weiter auf den ersten Dreier gegen den SC Paderborn warten. In bislang zehn Spielen verbuchte er mit seinen Klubs sieben Remis und drei Niederlagen gegen den SCP.
„Das 0:0 fühlt sich wie eine Niederlage an", erklärte Koschinat, dessen Team zunächst ganz stark aufgespielt hatte. „In den ersten 15 Minuten war ich von meiner Mannschaft brutalst begeistert", sagte der 52-Jährige. Doch in Überzahl ließ sein Team dann die nötige Durchschlagskraft vermissen. „Unser Abschlussverhalten war schwach. In vielen Strafraum-Situationen haben wir versucht, noch einmal den Mitspieler mitzunehmen statt sich darauf zu fokussieren, aufs Tor zu schießen", bemängelte Koschinat.
„In der zweiten Halbzeit war jedem klar, dass wir dieses Spiel gewinnen müssen. Aber am Ende sah es eher danach aus, als würde Paderborn den Lucky Punch setzen. Wir hatten nicht die Souveränität und Sauberkeit in unserem Spiel", ärgerte sich Osnabrücks Cheftrainer.
Wunder gibt es immer wieder
Paderborns Trainer Lukas Kwasniok hatte bei der Pressekonferenz nach dem Spiel wieder ein paar warme Worte für den Gegner parat, der als abgeschlagenes Zweitliga-Schlusslicht inzwischen zehn Punkte vom rettenden Ufer entfernt ist. „Es ist noch alles möglich", sagte der SCP-Coach und erinnerte dabei an den 16. März 2019. Damals hatte Kwasniok als Cheftrainer des FC Carl Zeiss Jena eine 1:3-Pleite beim damaligen Drittliga-Spitzenreiter VfL Osnabrück kassiert.
„Unsere Lage schien aussichtslos zu sein. Ich saß hier und wir hatten die Hucke vollbekommen. Doch mein Kollege Daniel Thioune, der damals Trainer in Osnabrück war, hat mir Mut zugesprochen", berichtete Kwasniok. Und siehe da: Jena holte in den letzten acht Saisonspielen satte acht Punkte Rückstand auf und sicherte sich doch noch den Drittliga-Klassenerhalt.
Routine erhält den Vorzug
Lukas Kwasniok hatte seine Startelf im Vergleich zur 0:1-Heimniederlage gegen Fürth auf drei Positionen verändert. Einen Wechsel gab es hierbei in der Dreier-Abwehrkette: David Kinsombi (28) erhielt den Vorzug vor Martin Ens (22). „Zum einen hat Enser leichte muskuläre Probleme im Adduktorenbereich. Zum anderen wollte ich eine gewisse Routine in der Dreierkette haben, um mehr Stabilität zu bekommen", begründete der SCP-Coach seine Personalentscheidung.
„Wenn man sich dann die ersten 15 Minuten anschaut, würde ich sagen: Es ist so lala aufgegangen", gab Kwasniok zu. Auch Kinsombi leistete sich als zentraler Innenverteidiger die ein oder andere Unsicherheit, wenngleich sein Trainer erklärte: „Es lag in allerletzter Linie an David Kinsombi." Nach der Gelb-Roten Karte für Kai Klefisch rückte Kinsombi dann zunächst auf die Sechs, ehe er nach einem Doppelwechsel in Minute 36 auf der rechten Seite in einer prima funktionierenden Dreier-Mittelfeldreihe agierte. „Und da hat David ein sehr gutes Spiel gemacht", lobte Kwasniok.
Heuer muss zuhause bleiben
Innenverteidiger Jannis Heuer hatte unterdessen auch im zweiten Pflichtspiel des Jahres 2024 den Sprung in den 20er-Kader verpasst. Dabei ist der 24-Jährige weder krank noch verletzt. Lukas Kwasniok entschied sich vielmehr erneut dafür, Calvin Brackelmann den Vorzug zu geben. „Calvin hat den Vorteil, dass er einen feinen linken Fuß hat und noch größer und schneller ist", begründete Paderborns Trainer.
Zudem mache Laurin Curda in der Dreier-Abwehrkette derzeit einen herausragenden Job. Auch deshalb wird es wohl bis zum Ende der Winter-Transferperiode keine Nachverpflichtung mehr für die Defensivabteilung geben. „Ich sehe keinen Grund, noch einen Innenverteidiger zu holen. Wir haben dort viele unterschiedliche Spielertypen", so Kwasniok.
Wenn es still wird an der Bremer Brücke
Auch in Osnabrück wurde am Samstag gegen den geplanten Investorendeal der Deutschen Fußball Liga (DFL) protestiert. So verzichteten beide Fanlager in den ersten zwölf Minuten auf einen organisierten Support. „Wir hatten Glück, dass die Bremer Brücke still war, sonst wäre es für uns noch schwieriger geworden", sagte SCP-Coach Lukas Kwasniok angesichts des fulminanten Starts der Hausherren.
Allerdings scheint die Stille seinem Team nicht allzu gut zu bekommen, denn schon im Heimspiel gegen Fürth hatte seine Mannschaft die Anfangsphase komplett verschlafen. Nach der zwölften Minute wurde es dann gewohnt laut an der Bremer Brücke. Diesmal flogen nach dem Ende des Stimmungsboykotts aber keine Tennisbälle oder Schoko-Goldtaler aufs Spielfeld. Das hätte auch nicht allzu viel Sinn gemacht, denn auf beiden Tribünen hinter den Toren sind in Osnabrück große Fangnetze gespannt.
Osnabrück zeigt Flagge gegen Rassismus
„Nie wieder ist jetzt". Das ist das Motto, unter dem der deutsche Profifußball rund um den 27. Januar, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, der Opfer des Nationalsozialismus gedenkt. Beim VfL Osnabrück wird diese Erinnerungskultur mit Leben gefüllt. So wurde die VfL-Initiative „Tradition lebt von Erinnerung" 2019 mit dem Julius-Hirsch-Preis des Deutschen Fußball Bundes (DFB) ausgezeichnet.
Vor dem Heimspiel gegen Paderborn setzte eine ganze Stadt ein Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus. So waren 25.000 Bürgerinnen und Bürger am Samstagvormittag zu einer Kundgebung in den Osnabrücker Schlossgarten gekommen, um gegen Rechtsextremismus, Hass und Hetze zu demonstrieren. Dabei hatten die Organisatoren ursprünglich 200 Teilnehmer angemeldet.
„Da ist man einfach stolz auf diese Stadt", sagte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter, die ebenso wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und DFB-Präsident Bernd Neuendorf vor dem Anpfiff der Zweitligapartie eine Rede an der ausverkauften Bremer Brücke hielt. Dabei wies sie auf die Vielfalt des Fußballs hin. „Hier spielen heute Spieler aus 15 verschiedenen Nationen", so Pötter.
„Wir haben sieben Millionen Mitglieder und eine starke Kraft", sagte derweil DFB-Chef Neuendorf und fügte an: „Wir müssen daher immer klar sagen, wofür wir stehen. Und der Fußball steht für das Verbindende und nicht für Ausgrenzung und Hass."
Dass Boris Pistorius am Samstag im Stadion war, ist übrigens alles andere als ungewöhnlich. Der SPD-Politiker ist unweit der Bremer Brücke aufgewachsen, eingefleischter VfL-Fan und hatte sich bereits das Hinspiel in Paderborn live vor Ort angeschaut.