SCP-Fankolumne

Drei-Hasen-Grätsche: "Paderborner Saisonstart wie eine kalte Dusche"

Unser Fankolumnist Markus Lüttgens blickt sorgenvoll auf den Zweitliga-Saisonstart des SC Paderborn. Aus seiner Sicht gibt auch Cheftrainer Lukas Kwasniok derzeit keine glückliche Figur ab.

Andreas Ludwig (l.) ist seit der Erstauflage der Drei-Hasen-Grätsche im September 2019 mit dabei. Markus Lüttgens ist seit September 2022 als Kolumnist im Einsatz. | © Frank Beineke

07.08.2023 | 07.08.2023, 12:30

Er selbst bezeichnet sich als "Lipper mit Migrationshintergrund". Schließlich stammt Markus Lüttgens vom Niederrhein, ehe es ihn 2009 in den schnuckeligen Leopoldshöher Ortsteil Bexterhagen verschlug. Von dort aus ist es nicht weit nach Bielefeld, doch um Arminia macht Markus Lüttgens lieber einen großen Bogen. Er hat sein Herz an den SC Paderborn verloren. Er wechselt sich mit Andreas Ludwig als Autor unserer Fankolumne "Drei-Hasen-Grätsche" ab.

Liebe SCP-Fans,

das war eine richtig kalte Dusche. War ich kurz vor dem Saisonstart der 2. Bundesliga noch zuversichtlich und voller Vorfreude, schwankt meine Stimmung derzeit zwischen Ernüchterung und Sorge. Denn auch wenn erst zwei Spiele gespielt sind, muss man feststellen: Der SC Paderborn 07 hat einen klassischen Fehlstart hingelegt.

Markus Lüttgens wohnt zwar ziemlich nah an Bielefeld, ist aber eingefleischter SCP-Fan. - © Frank Beineke
Markus Lüttgens wohnt zwar ziemlich nah an Bielefeld, ist aber eingefleischter SCP-Fan. | © Frank Beineke

Erst das desaströse 0:5 in Fürth, dann ein in jeder Hinsicht enttäuschendes 1:1 gegen Osnabrück. Das ist einfach zu wenig und macht nicht gerade Mut für das Pokalspiel in Cottbus. Nach der Auftaktniederlage bei unserem Angstgegner Fürth konnte man sich noch mit dem einen oder anderen Argument trösten. Weit über 80 Minuten in Unterzahl zu spielen, dürfte für die meisten Vereine eine unüberwindbare Hürde sein. Trotzdem muss man nicht so baden gehen.

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Aber in Fürth hatten wir gefühlt noch nie etwas geholt. Deshalb hatte ich gehofft, dass wir dieses traditionelle Scheißspiel hinter uns lassen und im ersten Heimspiel gegen Aufsteiger Osnabrück richtig in die Saison starten. Am besten mit einem überzeugenden Sieg.

Doch weit gefehlt. Am Ende stand ein Unentschieden, das sich wie eine Niederlage anfühlt. Vor allem, weil auf dem Platz nicht zu erkennen war, welche Mannschaft gerade aufgestiegen war und welche in der Vorsaison lange im Aufstiegsrennen mitgespielt hatte.

Im Sturm klafft eine Lücke

Spielerisch war das mehr als dürftig. Viel Ballbesitz ist ja schön und gut, aber wenn er zu nichts führt, nützt alles nichts. Und es sorgt wie am Freitag für ein wenig attraktives Spiel. Endlose Ballstafetten im Mittelfeld ohne Zug zum Tor oder kreative Ideen, wie man die tief stehenden Osnabrücker knacken könnte, prägten das Spiel. Torchancen waren über weite Strecken Mangelware.

Am Freitag bewahrheitete sich, was nicht wenige Fans vor Saisonbeginn befürchtet hatten: Im Sturm klafft eine Lücke im Kader des SC Paderborn. Ein schneller, aber technisch limitierter Sirlord Conteh ist kein klassischer Stoßstürmer. Und ob ein verletzungsanfälliger Felix Platte und ein ebenfalls nicht ganz taufrischer Adriano Grimaldi im Laufe der Saison dauerhaft in guter Form zur Verfügung stehen, wage ich zu bezweifeln.

Auch die Neuzugänge überzeugen nicht alle. Vor allem David Kinsombi hat mich bisher enttäuscht. Einem gestandenen Zweitligaprofi dürfen nicht so viele Fehler passieren wie am Freitag. Er wirkt noch ein wenig wie ein Fremdkörper in der Mannschaft.

Eine der wenigen Lichtblicke war die Leistung von Laurin Curda. Auf der rechten Seite sorgte der Neuzugang aus der vierten Liga immer wieder für Wirbel. Leider wurde er vor allem in der ersten Halbzeit viel zu selten angespielt.

Umstellungen kommen zu spät

Alles in allem war das in den ersten beiden Spielen sportlich viel zu wenig. Was den Verantwortlichen dafür in den Fokus rückt: Cheftrainer Lukas Kwasniok. Ich finde, er gibt derzeit auf und neben dem Platz kein gutes Bild ab. Dass sein Matchplan gegen Fürth nach der frühen Roten Karte für seinen "Wunschspieler" Visar Musliu schnell über den Haufen geworfen wurde, kann man ihm sicher nicht vorwerfen. Die Reaktion darauf schon.

Nach dem Spiel meinte Kwasniok, die Mannschaft hätte das Spiel verzögern und das 0:0 in die Halbzeit retten sollen, um dann die Taktik neu zu besprechen. Ob das bei einer Spielzeit von fast 40 Minuten eine gute Idee ist, sei dahingestellt. Aber wenn es Kwasnioks Plan war, warum war er dann nicht in der Lage, ihn seiner Mannschaft auf dem Platz zu vermitteln?

Rächte sich vielleicht, dass er mit Jannik Huth einen Torwart zum Kapitän gemacht hatte, der im Spiel weniger Einfluss auf die Mannschaft nehmen kann als ein Feldspieler? Oder warum konnten Führungsspieler wie Florent Muslija oder Max Kruse diese Taktik nicht beherzigen und an ihre Kollegen weitergeben?

Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Osnabrück berichtete Kwasniok dann von einer ehrlichen Aussprache und einer sehr guten Trainingseinheit am Mittwoch und versprach, dass die Mannschaft auf dem Platz eine Reaktion zeigen werde. Davon war am Freitag nichts zu sehen. Kwasnioks Matchplan ging nicht auf, der SC Paderborn entwickelte viel zu selten Torgefahr. Das muss aber gegen eine individuell schwächer besetzte Mannschaft wie Osnabrück der Anspruch sein.

Irritierender Auftritt des Trainers

Dennoch reagierte unser Cheftrainer nicht. Die Einwechslung von Kai Klefisch für den indisponierten David Kinsombi hätte ich mir schon zu Beginn der zweiten Halbzeit gewünscht. Das 1:0 in der 56. Minute schien Kwasniok zunächst Recht zu geben. Doch trotz der anschließenden Drangphase hatte ich auf der Süd nie das Gefühl, dass der SCP das Spiel im Griff hatte.

Das 1:1 in der 80. Minute war dann fast die logische Konsequenz. Der anschließende Dreifachwechsel von Felix Platte, Filip Biblija und Maximilian Rohr fünf Minuten vor Schluss kam viel zu spät, um das Ruder noch herumzureißen. Insgesamt sieht für mich gutes Coaching anders aus.

Etwas irritierend fand ich auch den anschließenden Auftritt von Kwasniok in der Pressekonferenz. Es war vielleicht nicht falsch zu sagen, dass der SCP über 90 Minuten die bessere Mannschaft war. Aber Fußball ist ein Ergebnissport und ein 1:1 zu Hause gegen einen Aufsteiger kann nicht der Anspruch eines SC Paderborn sein, der als Ziel ausgegeben hat, sich gegenüber der vergangenen Saison zu verbessern.

Davon sehe ich noch nichts. Vor allem spielerisch war das in den ersten beiden Spielen ein Schritt zurück. Und da hätte ich mir vom Cheftrainer (selbst-)kritische Worte gewünscht.


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