Öfter mal was Neues! In der letzten Ausgabe unserer Drei-Hasen-Grätsche hatte unser Fankolumnist Andreas Ludwig einen Offenen Brief an Ex-Kapitän Ron Schallenberg geschrieben. Nun kommen erstmals beide Fankolumnisten in einem gemeinsamen Beitrag zu Wort. Denn was die Verpflichtung von Ex-Nationalspieler Max Kruse betrifft, haben Andreas Ludwig und Markus Lüttgens wie so viele SCP-Fans eine unterschiedliche Meinung.
Während Andreas seinem Namen als "PaderOptimist" wieder einmal alle Ehre macht, zählt Markus zum Lager der Skeptiker. In einem sind sich beide allerdings durchaus einig: Der Transfer ist ein großes Wagnis. In der Abwägung der Risiken aber kommen sie zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Pro: "Kruse ist ein Diamant"
Von Andreas Ludwig
Es ist eine Binsenweisheit: Eine Mannschaft kann nur als Kollektiv erfolgreich sein. Auch Freigeister wie Max Kruse müssen daher in das Bild passen. Aber einen 35-Jährigen bildest du nicht mehr neu aus. Du musst seine Stärken erkennen und nutzen und seine Schwächen kompensieren.
Das weiß man aber, bevor man so einen Spieler verpflichtet. Diesen Weitblick traue ich unserem Sportchef Benjamin Weber und Trainer Lukas Kwasniok auch zu. Sie werden wissen, wie man einen solchen Spieler einsetzen muss.
Max Kruse gibt auf dem Platz alles, auch für die Mannschaft. Ich habe mir in den vergangenen Tagen viele Videos und Interviews mit und über ihn angeschaut. Und ein Eindruck hat sich verfestigt: Wenn es Probleme gibt, sagt er dir das. Max Kruse will, dass es läuft. Er ist authentisch, maximal offen und einer der letzten richtigen Typen im Fußball, nach denen sich alle sehnen.
Der Fall ist zudem ganz anders gelagert als damals bei Stefan Effenberg. Effe hatte zwar einen großen Namen, aber als Trainer nichts vorzuweisen. Kruse überzeugte unterdessen auf fast all seinen Stationen, wenn man das letzte Gastspiel in Wolfsburg einmal ausklammert. Hier kauft man also definitiv nicht die Katze im Sack. Man weiß, wer da kommt: Der maximale Kruse!
Er selbst will nicht viel labern, sondern weiß genau, worauf es jetzt ankommt. "Es gibt eigentlich nur drei Dinge zu sagen: Ich habe richtig Bock auf Fußball, bin erfolgshungrig und will mit dem SC Paderborn oben angreifen", sagte Kruse bei seiner Ankunft in Paderborn.
Und der Fitnesslevel lässt sich in der Vorbereitung sicher wieder nah an die 100 Prozent bringen, weil die Einstellung da ist. Die Laktatwerte scheinen ja schon jetzt recht ordentlich zu sein.

Zugegeben, Max Kruse ist ein Freigeist, der entsprechende Freiheiten braucht. Und die will und wird ihm der Cheftrainer gewähren. Mitspieler müssen sich anpassen und vielleicht auch den ein oder anderen Meter mehr investieren. Aber auch sie wissen, dass sie letztlich von Kruses Künsten profitieren können. Und außerhalb des Platzes scheint der SCP-Neuzugang im Umgang mit seinen Teamkollegen ja ein Kumpel-Typ ohne Starallüren zu sein.
Aber auch ich muss zugeben: Die Verpflichtung ist ein großes Wagnis. Ohne Kruse würde es beim SCP ruhiger zugehen. Es ist das klassische Sekt oder Selters, Top oder Flop, Aufstieg oder Absturz. Auch ich erinnere mich an Altstars wie Oliver Kirch oder Marcel Ndjeng, die in Paderborn nicht funktionierten. Und ich finde es auch schöner, wenn der SCP auf Eigengewächse und Spieler aus unteren Ligen setzt, die hier ihren Durchbruch schaffen.
Auf der anderen Seite hat uns in den vergangenen beiden Spielzeiten aber auch immer das entscheidende Quäntchen gefehlt. Es mangelte in vielen Partien an der nötigen Abgezocktheit. Vielleicht sind Spieler wie Kruse und Grimaldi ja genau das, was uns gefehlt hat.
Und bei allem Respekt vor Spielern wie Kirch oder Ndjeng. Max Kruse ist noch einmal ein anderes Kaliber, was die individuelle Qualität betrifft. Er ist ein Diamant in unserem Kader, um den uns andere Klubs beneiden. Sollte das Experiment daher glücken, wird der SCP in der kommenden Saison den nächsten Schritt machen. Es könnte der entscheidende Schritt zum dritten Bundesliga-Aufstieg der Vereinsgeschichte sein.
Contra: "Rückkehr zum SC Hollywood"
Von Markus Lüttgens
Was zunächst wie ein schlechter Scherz klang, ist nun tatsächlich passiert. Der SC Paderborn 07 hat Max Kruse verpflichtet. Eine Entscheidung, die mich ein Stück weit fassungslos macht, schockiert und die unsere gesamte Fanszene auf jeden Fall polarisiert. Es wird wohl keinen SCP-Anhänger geben, der keine Meinung zum prominenten Neuzugang hat.
Eines vorweg: Max Kruse war ein genialer Fußballer. Vielleicht ist er es immer noch. Beweisen konnte er es seit November vergangenen Jahres nicht mehr, weil er vereinslos war. Dass ihn seither kein anderer Klub verpflichten wollte und er nun bei einem Zweitligaklub anheuert, der nicht gerade der Nabel der Fußballwelt ist, ist eine Tatsache, die einen zum Nachdenken bringen sollte. Andere Vereine haben sich gescheut, Max Kruse aufzunehmen. In einem Interview sagte er selbst, dass sie Angst vor der Unruhe hatten, die durch seine Anwesenheit im Verein entstehen kann.
Dann ist der gute Max auch schon 35 Jahre alt. Das ist nicht mehr das beste Fußballeralter. Ob sein Alter und seine Spielweise zum laufintensiven Paderborner Stil passen, daran habe ich meine Zweifel. Fraglich ist auch, ob Kruse charakterlich zum SCP passt. Die Mannschaft war in den letzten Jahren immer dann erfolgreich, wenn sie als Kollektiv zusammenhielt. Bei Kruse hingegen hatte man bei seinen bisherigen Stationen manchmal den Eindruck, dass er vor allem für sich selbst spielt.
Hinzu kommt, dass Fußball nie seine einzige Priorität war und ist. Pokerturniere, die Gründung eines Rennteams und eine intensive Social-Media-Präsenz im Verbund mit seiner Frau schienen und scheinen ihm ebenso wichtig zu sein.

Außerdem machte er in der Vergangenheit auf mich den Eindruck eines Spielers, der schnell lustlos wird, wenn es nicht so läuft, wie er sich das vorstellt. Und dies auch gerne öffentlich kundtut. Bei seiner letzten Station in Wolfsburg konnte man das gut beobachten. Insgesamt also viele Faktoren, die sein Engagement für mich zu einem großen Wagnis machen.
Natürlich kann es funktionieren und Max Kruse wird zum Führungsspieler, der die Mannschaft auf ein höheres Niveau bringt. Aber unterm Strich ist das Risiko zu groß, vor allem weil der SC Paderborn mit seiner Verpflichtung den erfolgreichen Weg der vergangenen Jahre verlässt. Denn da kam der Erfolg über das Kollektiv der Mannschaft. Und wenn das Experiment nicht funktioniert und ein nörgelnder Kruse von der Bank oder der Tribüne Störfeuer sendet, könnte es mit diesem guten Mannschaftsgefüge vorbei sein.
Alles in allem erinnert mich die Verpflichtung von Max Kruse an die Ära Stefan Effenberg. Auch da wurde ein großer Star, der außerhalb des Platzes für viel Aufmerksamkeit sorgte, als Hoffnungsträger geholt. Wie das endete, ist bekannt und ich hatte ehrlich gesagt gehofft, dass die Zeiten des "SC Hollywood" damit ein für alle Mal Geschichte sind. Doch nun kehren sie womöglich zurück.
In diesem Sinne, liebe SCP-Fans. Was haltet ihr von dem Transfer? Sekt oder Selters?