Frischer Wind beim SC Paderborn: Trainer Kettemann lässt Team mitsprechen und hört zu

Paderborn. Sechs Spieltage sind absolviert, Zeit für eine erste Zwischenbilanz des SC Paderborn unter seinem neuen Trainer Ralf Kettemann. Und diese fällt positiv aus. Dabei trat der 39-Jährige im Sommer in große Fußstapfen: Schließlich hatte Lukas Kwasniok den Klub zuvor vier Jahre lang geprägt, ihn mit seiner offensiven Handschrift als Chefcoach stabil in der oberen Tabellenhälfte der 2. Bundesliga etabliert und gleichzeitig die Wahrnehmung des Vereins in Deutschland verbessert. Der Umbruch beim SCP war zudem groß. Neben dem Trainer gingen zwischen den Spielzeiten auch der Geschäftsführer Sport sowie zig Spieler, die als Leistungsträger galten. Die wohl entscheidendste Frage dabei aber war: Was bleibt, wenn ein prägender Trainer geht und was verändert sich mit einem Nachfolger, der erstmals im Profibereich arbeitet? Die Antwort nach zweieinhalb Monaten Amtszeit fällt differenziert aus: Kettemann hat vieles von der Idee seines Vorgängers übernommen, trotzdem aber mit leisen, kleinen Akzenten für eine neue Dynamik gesorgt. Historisch gut: Paderborns Dennis Seimen auf dem Weg zum Top-Torhüter SC Paderborn: Erst war der Trainer der Star, nun die Mannschaft Bei Lukas Kwasniok war es – von ihm so gewollt oder nicht – der Trainer selbst, der fast immer im Mittelpunkt stand. Mit provokanten Aussagen und bewussten Reizpunkten lenkte er die Aufmerksamkeit auf sich. Die Mannschaft konnte im Schatten des lautstarken Coaches in Ruhe arbeiten. Gleichzeitig wusste sie: Auch nach einem schlechten Spiel würde es der Trainer in den anschließenden Mediengesprächen schon schaffen, andere Reizpunkte zu setzen. Unter Ralf Kettemann hat sich dieses Bild gewandelt: Der neue Chef gibt sich nahbar, entspannt, beantwortet jede Frage mit Bedacht. Und anstatt eine Show abzuziehen, lässt er lieber die Mannschaft glänzen, diese auch einen großen Teil der Verantwortung tragen. Kapitän Felix Götze bestätigt: &bdquo;Natürlich hat sich etwas geändert. Es wäre Quatsch, wenn sich nichts geändert hätte. Der Trainer ist eine sehr kommunikative Person. Er bezieht uns bei allem mit ein. Er hört sich unsere Meinung an und fragt, wie sich Dinge auf dem Feld anfühlen. Und bei so einer jungen und freundlichen Mannschaft ist das genau der richtige Weg.“ Lesen Sie auch: Wechsel vom SC Paderborn 07 zum 1. FC Köln gescheitert: Jetzt spricht Raphael Obermair SCP07: Bei Ralf Kettemann steht die Optimierung im Vordergrund Dass Kettemann Wert auf den Umgang miteinander legt, zog sich schon bei seiner offiziellen Vorstellung wie ein roter Faden durch seine Aussagen. &bdquo;Ich bin ein sehr offener Mensch, der sich gerne mit Menschen unterhält und sehr interessiert ist“, sagte der 39-Jährige über sich selbst. Gleichzeitig beschrieb er sich als &bdquo;freiheitsliebend“ und &bdquo;nicht den strukturiertesten Menschen“. Gute Ideen entstehen seiner Überzeugung nach auch beim Spaziergang, unter der Dusche oder zu Hause – nicht nur auf dem Trainingsplatz. Selbstoptimierung spielt für den gebürtigen Crailsheimer ebenfalls eine große Rolle: &bdquo;Ich finde es spannend, mich mit mir selbst zu beschäftigen. Entwicklung ist für mich ein zentraler Wert. Ich möchte nicht stehen bleiben.“ Diese Haltung spiegelt sich auch im täglichen Umgang mit seiner Mannschaft wider. Der Prozess des neuen SC Paderborn ist in vollem Gange. Lesen Sie auch: Warum Doppeltorschütze Bilbija lieber für den SC Paderborn als für Hertha BSC spielt SC Paderborn unter Ralf Kettemann: Variabler Fußball statt Dauer-Intensität Zwar ist das 3-4-3-System geblieben, doch sind auf dem Platz auch Unterschiede zu erkennen. Während Kwasnioks Fußball extrem laufintensiv und ballbesitzorientiert war, wirkt der SCP unter Kettemann variabler. Mal attackiert das Team früh und provoziert hohe Ballgewinne, mal zieht es sich zurück und lauert auf Konter. Kwasnioks Spielweise hatte indes oft Handball-Charakter: ein geduldiges Zurechtlegen des Gegners, bis die Lücke da war. Das sah mitunter etwas attraktiver aus, war aber auch mit hohem Risiko verbunden, wenn im Aufbau Fehler passierten. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von SC Paderborn 07 (@scp07_official) Unter Kettemann scheint die Balance zwischen offensivem und defensivem Spiel aber insbesondere die etwas gemäßigtere Intensität dafür zu sorgen, dass die Spieler weniger fehleranfällig sind. Das spiegelt sich aktuell auch an den wenigen Gegentoren wieder. Seit nunmehr 318 Minuten hat der SCP kein Gegentor mehr kassiert, das entspricht mehr als fünf Stunden Spielzeit. &bdquo;Als Kollektiv machen wir es einfach gut. Wir verteidigen gut, werfen uns in alles rein. Und so gewinnst du die Spiele“, sagt Götze. Lesen Sie auch: Abwehrbollwerk des SC Paderborn steht gegen Lautern vor einer Bewährungsprobe Was Lukas Kwasniok und Ralf Kettemann eint Trotz aller Unterschiede eint beide Trainer ihr klarer Anspruch: Der SCP will seine Zuschauer mit attraktivem Fußball ins Stadion locken. Lukas Kwasniok ist das vier Jahre lang zumeist gelungen, auch unter Ralf Kettemann gelingt das bislang. Zwei der drei Heimspiele der noch jungen Saison waren ausverkauft, der Zuschauerschnitt liegt aktuell bei 14.823. Das zeigt: Die Fans kommen gerne und haben augenscheinlich Spaß am neuen Paderborner Weg. So hatte Sebastian Langes Vorgänger Benjamin Weber mit der Verpflichtung von Kettemann offensichtlich ein gutes Händchen. Ob die neue Ausrichtung ähnlich erfolgreich wird wie in der Kwasniok-Ära, muss sich derweil erst beweisen. Die Grundlagen jedenfalls stimmen: &bdquo;Wenn wir so spielen wie gegen Berlin, dann kann es weit nach oben gehen“, sagt Götze. &bdquo;Aber jetzt kommt Lautern, die haben auch kein schlechtes Spiel gemacht. Da kommt ein Brocken. Aber wenn wir uns wieder so strukturiert in alles reinhauen, dann bin ich guter Dinge.“

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