Gastbeitrag: Amos Pieper erzählt die Geschichte des Arminia-Aufstiegs

Wir sind aufgestiegen. Was für ein gutes, geiles, unfassbar überwältigendes Gefühl ist das. Aber: Wir können es nicht richtig feiern. Wir halten Abstand, spielen vor leeren Rängen. Es ist brutal schade, dass die Fans fehlen und an diesem Erfolg nicht so teilhaben können wie sonst. Und dass gerade nicht die Zeit dafür ist, die Bundesliga gebührend feiern zu können. Bislang hatte ich wenig Zeit, alles in Ruhe einzuordnen und zu realisieren. Ich hatte 105 ungelesene Nachrichten, als ich nach dem Dresden-Spiel auf mein Handy geschaut habe. Und entschuldige mich hiermit bei allen, denen ich nicht sofort antworten konnte. Lob, Glückwünsche, aber auch erste Kartenanfragen für die Highlightspiele – da war alles dabei. Diejenigen, die mir wirklich nahestehen wie meine Familie und die besten Freunde, haben sich einfach mit mir gefreut. Ich kann es kaum abwarten, nach der langen Saison endlich wieder längere Zeit in die Heimat zu fahren. Wenn ich irgendwann einmal von diesem Aufstieg erzähle, werde ich von einem megageilen, verschworenen Haufen berichten, der wir sind. So viele überragende Typen, eine geile Truppe. Aber auch von Corona – das gehört leider dazu. Wenn ich einen Wunsch freihätte, würde ich mir dieses Virus wegwünschen. Der Lockdown, der Spielstopp, die dritte Vorbereitung haben alles schwieriger gemacht. Aber wir haben auch diese Prüfung bestanden. Und daher ist der Aufstieg einer der verdientesten überhaupt. Er ist stolz auf mich, hat er nur gesagt Das Spiel von Hamburg gegen Osnabrück habe ich mit meiner Freundin vom Sofa aus verfolgt. Ich hatte ja gar nicht damit gerechnet, dass der HSV noch Punkte lassen würde. Beim spontanen Autokorso am Abend wurde der Aufstieg langsam greifbar. Gejubelt hatten wir ja bereits nach dem Dresden-Spiel, alle waren happy, das ein oder andere Bierchen wurde getrunken. Doch da war keine Menge, die mitgefeiert hat. Wir waren unter uns, und das war für einen Moment sehr komisch und ungewohnt. Ich habe erst einmal meinen Vater angerufen, der Motivator und zugleich mein größter Kritiker ist. Es war kein langes Gespräch. Er ist stolz auf mich, hat er nur gesagt. Den einen Moment zu finden, an dem wir wussten, dass uns etwas Großes gelingen kann, ist im Nachhinein schwierig. Im Trainingslager im Sommer hatten wir spätestens am Abschlussabend schon gemerkt, dass es bei uns allen zwischenmenschlich stimmt. Dann kamen die guten Spiele dazu. Comebacks wie das beim 2:2 gegen Karlsruhe haben uns das Gefühl gegeben, dass es unfassbar schwer ist, gegen uns zu gewinnen. Und: Keiner hat sich auf der Ersatzbank hängen lassen. Es gab nie einen, der den Stinkstiefel gespielt hat. Alle haben einen großen Anteil daran, dass die Stimmung immer positiv geblieben ist. Corona hat gezeigt, wie stabil wir geworden sind So richtig klar wurde uns quasi mit der Corona-Pause, um was es hier eigentlich geht. Es kamen immer mehr Berichte, man wurde öfter darauf angesprochen, um das Thema Bundesliga kam keiner mehr herum. Da war auch intern die Zielsetzung klar. Das wollten wir uns nicht mehr nehmen lassen. Doch dann kam die Spielabsage gegen Osnabrück. Corona fühlte sich bis dahin so weit weg an von uns, irgendwo in China. Doch plötzlich wurde alles heruntergefahren. Mir war schnell klar, dass die Pause länger dauern würde als zwei, drei Wochen. Aber auch diese Krise haben wir geschafft. Im Nachhinein kann man daran erkennen, wie stabil wir als Mannschaft geworden sind. Das gilt auch für mich persönlich. Obwohl ich noch lange kein &bdquo;alter Hase" bin, habe ich viel Erfahrung gewonnen, mit dem Erfolg kam das Selbstverständnis in den Aktionen. Wer ist eigentlich der Abwehrchef? Und das Zusammenspiel mit den Jungs wurde immer besser. Ich wurde mal gefragt, wer denn der Abwehrchef sei? Jocke (Joakim Nilsson, Anm. d. Red.) oder ich? Ich hatte keine richtige Antwort darauf, wir beide und alle anderen in der Abwehr ergänzen uns einfach richtig gut. Dann haben wir mit Tego (Stefan Ortega Moreno, Anm. d. Red.) auch noch so einen starken Rückhalt im Tor. Als er uns letztens sagte, dass er in einer Saison noch nie öfter als elfmal ohne Gegentor geblieben ist und wir seinen Rekord gebrochen hätten, war das ein ziemlich schöner Moment. 13 Mal hatten wir zu Null gespielt. Nach dem letzten Saisonspiel, in dem wir noch einmal alles geben werden, wird es Zeit, den Kopf freizukriegen und etwas anderes zu sehen. Die Saison war lang und anstrengend. Zuhause warten die besten Kumpels schon länger auf mich, da ist einiges geplant. Mit dem Urlaub ist es in diesem Jahr aus bekannten Gründen nicht ganz so leicht, aber ein paar Tage in Den Haag stehen auf der Liste. Mal gucken, was geht. Vorfreude auf die Weltspitze Und dann startet schon bald die nächste Mission. Robert Lewandowski, Erling Haaland und Co. – das wird einfach nur mega-interessant. Ab dann werden wir wissen, wo das höchste Level in unserer Sportart liegt. Hinter diesen Namen kommt nicht mehr viel, das ist die absolute Weltklasse. Ich hatte auch in der Regionalliga nie das Ziel aus den Augen verloren, mich einmal mit den Besten messen zu wollen. Jetzt wird es so kommen. Am meisten freue ich mich natürlich auf den BVB. Als A-Junior habe ich in den Finalrunden vor ein paar Jahren mal vor 33.000 Zuschauern im Westfalenstadion gespielt, das war schon laut. Bitte, bitte, mögen zu diesem Spiel wieder alle Zuschauer erlaubt sein! Für den Auftakt wünsche ich mir alles, aber keinen Top-Gegner wie Bayern, Dortmund, Schalke oder Gladbach. Denn ich befürchte, dass zum Saisonbeginn noch keine vollen Stadien möglich sein werden. Und uns Spielern als auch unseren Fans wünsche ich, dass sie jedes einzelne dieser Topspiele in stimmungsvollen Arenen genießen können. Das haben wir alle uns verdient.

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