Wie der DSC die Eintracht nervte

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Taktikcheck: Arminia legt alle Fesseln ab - weiter so!

Warum es manchmal gut ist, vom eigenen Grundmuster abzuweichen und das taktische Korsett abzulegen, erklärt unser Experte.

Jörg Weber
30.08.2021 | 30.08.2021, 14:37

Bielefeld. Mut und Leidenschaft brechen Taktik: Nachdem die Arminen in der ersten Halbzeit den Fokus auf eine stabile Defensive legten und dem Gegner den Ball überließen, warfen sie spätestens nach der fünfminütigen Verletzungspause ab der 60. Minute alle taktischen Fesseln ab und lieferten den Frankfurtern einen offenen Schlagabtausch. Die jungen Wilden Robin Hack, Bryan Lasme und Patrick Wimmer rissen die Offensive an sich und stürmten unbekümmert in Richtung Frankfurter Tor. Der perfekte Abschluss von Wimmer zum 1:1 war die Krönung einer packenden zweiten Halbzeit, in der die Arminen den Glauben an die eigenen Offensivqualitäten wiedergefunden hatten. Bitte weiter so.

Angriffspressing währt nur kurz

Das Angriffspressing der Bielefelder in den ersten fünf Minuten war nur ein kurzes Strohfeuer. Anschließend übernahmen ballsichere Frankfurter die volle Kontrolle über das Spiel und legten sich die Arminen zurecht. Diese verteidigten in einem 4:4:2 mit fast allen Spielern in der eigenen Hälfte.

Mit einer couragierten Schlussphase, in der Arminia völlig von seiner vorsichtigen Spielweise abwich, verdienten sich die Spieler Applaus ihrer Fans. | © Wolfgang Rudolf
Mit einer couragierten Schlussphase, in der Arminia völlig von seiner vorsichtigen Spielweise abwich, verdienten sich die Spieler Applaus ihrer Fans. | © Wolfgang Rudolf

Da sich dadurch für die Frankfurter nur wenige freie Räume ergaben, dauerte es bis zur 22. Minute, bis diese ihren ersten gefährlichen Angriff inszenierten. Der hatte es gleich in sich und führte über sieben Stationen mit jeweils ein oder zwei Ballkontakten zum 0:1: ein Tor wie aus dem Lehrbuch gegen einen tiefstehenden Gegner. Eingeleitet wurde der Treffer durch einen Doppelpass auf engstem Raum, an dem mit Ajdin Hrustic der spielstärkste Frankfurter beteiligt war. Der gute alte Doppelpass ist auch im modernen Fußball ein gruppentaktisches Angriffsmittel, mit dem ein oder mehrere Spieler des Gegners schnell überspielt werden können.

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Die Bielefelder dagegen mussten erfahren, dass lange Bälle auf Fabian Klos oder Florian Krüger gegen die großen und sehr robusten Frankfurter Innenverteidiger Evan Ndicka und Martin Hinteregger kein gutes Angriffsmittel waren, zumal auch die zweiten Bälle selten in den Reihen der Arminen blieben. Da auch beim Umschalten nach Ballgewinnen die Kugel sofort wieder beim Gegner landete, kamen die Bielefelder nie zu längeren Ballbesitzzeiten und Ruhe in ihrem Spielaufbau.

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Arminia Bielefeld - Eintracht Frankfurt

Frankfurt kämpft mit hohem Druck

Schon die fünf Minuten vor der Halbzeit deuteten an, dass die Frankfurter bei höherem Gegnerdruck Ballverluste erleiden und ihre zuvor gezeigte Souveränität verlieren. Mit der bis dahin besten Chance durch den Pfostenschuss von Robin Hack läuteten die Arminen in den letzten 30 Minuten ein Offensivspektakel ein, dass es in sich hatte. Der Frankfurter Torhüter Kevin Trapp wurde durch die Neuzugänge Robin Hack und dem eingewechselten Patrick Wimmer unter Dauerbeschuss genommen.

Das Publikum und die Spieler der Arminia elektrisierten sich gegenseitig und sorgten für eine Atmosphäre, die an alte Zeiten auf der Bielefelder Alm erinnerte. Das taktische Korsett hatte sich gelöst und die Spielfreude war zurück. So einfach kann Fußball manchmal sein.

Das Potenzial der Neuen macht Mut

Das dritte Unentschieden in Folge war für die Bielefelder mehr als verdient. Gegen die hoch eingeschätzten Frankfurter spielten die Arminen fast eine Halbzeit lang auf Augenhöhe. Besonders erfreulich ist, dass die jungen Neuzugänge zeigten, dass sie viel Potenzial haben und mit ihnen zu rechnen ist. Das gibt Trainer Frank Kramer Alternativen und erhöht den Konkurrenzkampf.

Die zwei Wochen bis zum Auswärtsspiel in Mönchengladbach können Trainer und Mannschaft nun unaufgeregt dazu nutzen, weitere Angriffsmittel in das Offensivspiel zu integrieren und das Umschaltspiel nach Ballgewinnen zu perfektionieren. Über allem stehen jedoch der Glaube und die Überzeugung, von den angeschlagenen Borussen aus Mönchengladbach etwas Zählbares mitzunehmen.