Ganz NRW gilt Sperrgebiet

Blauzungenkrankheit verbreitet sich rasant: So ist die Lage in OWL

Seit rund zwei Wochen infizieren sich in NRW immer mehr Rinder- und Schafbestände mit dem Virus. Tierhalter unterliegen strengen Auflagen. Eindämmen lassen sich Ausbrüche aber nur schwer.

Vor allem Schafe infizieren sich aktuell vermehrt mit der Blauzungenkrankheit. | © Symbolbild: Peter Kneffel/dpa

24.07.2024 | 24.07.2024, 08:41

Düsseldorf (dpa). In Nordrhein-Westfalen nehmen Fälle der Blauzungenkrankheit bei Rinder- und Schafbeständen rasant zu. Das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) spricht von einer explosionsartigen Ausbreitung mit anhaltend steigenden Fallzahlen in ganz NRW – auch Ostwestfalen-Lippe ist betroffen und das gleich in mehreren Städten und Kreisen.

Die Virus-Erkrankung bei Wiederkäuern werde über blutsaugende Mücken weitergegeben – und die feuchte und warme Witterung der vergangenen Wochen sei ideal für diese Gnitzen, sagt eine Sprecherin.

Die erkrankten Tiere, vor allem die Schafe, zeigen Symptome wie Lahmheit, Fieber, gestörtes Allgemeinbefinden mit verminderter Futter- und Wasseraufnahme, Nasenausfluss, vermehrter Speichelfluss und Ödem- und Krustenbildung, insbesondere im Kopfbereich. Die Infektion könne zum Tod der Tiere führen, betont das Lanuv.

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Blauzungenkrankheit stellt keine Gefahr für Menschen dar

Für Menschen ist der Erreger nicht gefährlich. Der Name kommt daher, dass Zungen von erkrankten Schafen manchmal blau gefärbt sind. Experten empfehlen Impfungen gegen das Virus des Serotyps 3 (BTV-3).

Laut Landesamt Lanuv sind im Jahr 2024 bisher 504 BTV3-Ausbrüche gemeldet worden. 27 weitere Verdachtsfälle befinden sich derzeit noch in Abklärung. Von den Ausbrüchen entfallen 227 auf Rinderbestände, 267 auf Schafbestände – und auch zehn Ziegenbestände seien betroffen. Auch in den angrenzenden Niederlanden komme es zu erheblichen Zunahmen.

Vor gut einer Woche hatte auch der Rhein-Sieg-Kreis im Umkreis von Bonn mehrere Fälle der Blauzungenkrankheit gemeldet. Am 12. Juli sei BTV-3 erstmals in einem Rinder- und Schafbestand nachgewiesen worden. Laut Lanuv kommen die Meldungen aus dem gesamten Land NRW.

Blauzungenkrankheit: So ist die aktuelle Lage in OWL

- © Friedrich-Loeffler-Institut
Aktuelle Übersicht, Stand 18. Juli, über Ausbrüche von Blauzungenkrankheit in Deutschland. | © Friedrich-Loeffler-Institut

Die Stadt Bielefeld hatte am vergangenen Montag berichtet, dort sei man mit einem kleinen Schafbestand und einem größeren Milchviehbetrieb betroffen.

Im Kreis Paderborn ist bereits in der vergangenen Woche die erste Infektion gemeldet worden. Betroffenen ist ein Bürener Schafbestand. Auch im Kreis Höxter gibt es einen ersten konkreten Fall.

Gleich drei gemeldete Infektionen werden aus dem Kreis Herford gemeldet. Im Kreis Gütersloh sollen sich Tiere in den Städten Rheda-Wiedenbrück und Schloß Holte-Stukenbrock mit dem Virus infiziert haben, weitere Verdachtsfälle würden derzeit abgeklärt.

Der Kreis Lippe hatte von vereinzelten Verdachtsfällen bei Schafen berichtet. Einen Ausbruch der Blauzungenkrankheit im Kreisgebiet halte man für möglich, aber noch nicht bestätigt. Erste Infektionen werden auch aus dem Kreis Minden-Lübbecke gemeldet.

Blauzungenkrankheit wird über Gnitzen übertragen

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Ein Veterinär impft ein Rind mit einer Pistolenspritze gegen die Blauzungenkrankheit. | © Archiv: Holger Hollemann/dpa

Die Krankheit wird ausschließlich über Gnitzen übertragen. „Gnitzen können selbst mehrere Kilometer pro Tag fliegen und werden vom Wind weitergetragen“, heißt es beim Lanuv. Bei feuchtem, warmem Klima könnten sich die Mücken erfolgreich vermehren. Und: „Ihre bei diesem Wetter optimalen Stoffwechselbedingungen sorgen zudem dafür, dass sich das Virus hervorragend in den Gnitzen vermehren kann.“

Den Behörden sind Verdachtsfälle zu melden. Der Tierhalter muss bei einem Verdacht einen Hoftierarzt rufen, der Blutproben nimmt, um zu klären, ob es wirklich BTV3 ist oder eine andere Erkrankung. „Sobald die Blauzungenkrankheit nachgewiesen ist, wird die Sperrung des Betriebes aufgehoben. Grund der Sperrung ist es, abzuwarten, ob das Testergebnis möglicherweise eine von Tier zu Tier innerhalb der Herde übertragbare Erkrankung ergibt“, so das Lanuv. Da die Blauzungenkrankheit ausschließlich von den Gnitzen übertragen werde, bringe eine Sperrung in diesem Fall nichts.

Dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zufolge war die Blauzungenkrankheit nach 2021 in Deutschland zunächst nicht mehr nachgewiesen worden. Bis Herbst 2023 galt Deutschland offiziell als frei von der Erkrankung. Nach einem Ausbruch in den Niederlanden mit über 1.000 Fällen hatte der Kreis Kleve aber dann im Oktober 2023 über den Befall eines Schafes am Niederrhein berichtet. Seitdem ist ganz NRW als betroffenes Gebiet – Sperrgebiet – ausgewiesen. Es gibt laut FLI auch Ausbrüche in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen.