
Oerlinghausen. Es ist die Nacht zum 20. Juni 2016. Die 31-jährige Anna G. ist mit ihrem zehn Jahre jüngeren Freund Pascal L. im Auto unterwegs, weil dieser anbietet, ihr das Fahren beizubringen. Nach einer Weile suchen sich beide einen ruhigen Platz und tauschen im Fahrzeug Intimitäten aus. Im Anschluss wollen sie sich abkühlen und verlassen das Auto leicht bekleidet.
Aus dem Nichts zückt der 21-Jährige Pascal L. plötzlich ein Messer und schneidet seiner Freundin die Kehle durch. Ihre Leiche verscharrt er in einem Waldstück in der Nähe. Es dauert vier Monate, bis der tote Körper von Anna G. gefunden wird.
Aber warum musste die junge Frau sterben? Die Hintergründe kennt Carsten Ernst. Er ist der damalige Strafverteidiger vonPascal L. und hat diesen im Prozess begleitet. Ernst ist zu Gast in der aktuellen Podcastfolge und spricht über seine persönlichen Eindrücke im dramatischen Mordfall.
Die Psychose von Pascal L. – alle Fakten im Überblick
- Der 21-jährige Pacal L. ist in der Nacht zum 20. Juni 2016 mit seiner zehn Jahre älteren Freundin im Auto unterwegs. Die beiden haben Geschlechtsverkehr, im Anschluss ersticht er sie mit einem Messer.
- Die Leiche von Anna G. verscharrt er in einem Waldstück in der Nähe. Sie wird erst vier Monate später gefunden. Dominik P. streitet die Tat zunächst ab.
- Später legt er ein Geständnis ab. Er behauptet, Anna G. habe von ihm verlangt, sie zu töten. Die Staatsanwaltschaft glaubt diese Version nicht und erhebt Anklage wegen Totschlags.
- Vor Gericht sagt der 21-Jährige plötzlich aus, dass ihm imperative Stimmen in seinem Kopf befohlen haben, die Frau umzubringen. Ärzte stellen bei Pascal L. eine paranoide Schizophrenie fest.
- Wegen mangelnder Schuldfähigkeit wird Pascal L. freigesprochen und im Mai 2017 auf unbestimmte Zeit in eine forensische Psychiatrie in Detmold eingewiesen.
Pascal L. kommt aus einem behüteten Elternhaus
Der 21-Jährige wächst in einem stabilen Umfeld auf, seine Kindheit ist charakterisiert durch ein harmonisches Familienleben. In der achten Klasse fängt er jedoch an, Drogen zu konsumieren. Über Marihuana landet er bei Ecstasy und LSD, oft in Kombination mit Alkohol. Darunter leiden auch seine schulischen Leistungen. Er schafft zwar den Realschulabschluss, das Berufskolleg bricht er im Anschluss allerdings ab.
Er fängt zwar eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker an, wird dort allerdings aufgrund häufiger Fehlzeiten fristlos gekündigt. Laut Strafverteidiger Ernst sind in dieser Phase die ersten Anzeichen einer paranoiden Schizophrenie bei Pascal L. erkennbar. Die Krankheit ist geprägt von Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Später wird dieser Umstand Anna G. zum Verhängnis.
Vor Gericht äußert sich im Rahmen des Prozesses auch der Bruder des 21-Jährigen. Pascal L. sei ein herzlicher und liebenswürdiger Familienmensch. Mit zunehmendem Drogenkonsum hätte er sich allerdings mehr und mehr zurückgezogen. Dem Bruder gegenüber thematisiert Pascal L. auch, dass er immer öfter Stimmen in seinem Kopf hört.
Aufgrund der Beziehung zu Anna G. zieht sich Pascal L. zurück
Im Dezember 2015 kommen Pascal L. und Anna G. zusammen. Freunde berichten, dass sich der 21-Jährige in dieser Zeit extrem zurückzieht. Schnell zieht die 31-Jährige bei ihm ein, ins Jugendzimmer im Haus der Eltern.
Im Sommer 2016 kommt es dann zum traurigen Ende der Beziehung, die in der Tötung der Frau in der Nähe des Windrads in Leopoldshöhe endet. Im Anschluss an die Tat gibt Pascal L. an, eingeschlafen zu sein. Anna G. sei dann nicht mehr da gewesen und er wisse nicht wo sie sei. Er meldet sie nie als vermisst, in seinem Zimmer wird jedoch das Handy der Verstorbenen entdeckt.
Als feststeht, dass Pascal L. seine Freundin erstochen hat, gibt dieser an, sie auf ihr Verlangen hin getötet zu haben. Vorherige Selbstmordversuche der 31-Jährigen seien gescheitert und so habe er ihr einen Gefallen tun wollen. Abba G. habe die letzten Stunden inklusive des Geschlechtsverkehrs genau geplant, heißt es vom Täter.
Die Aussage von Dominik P. ändert sich vor Gericht
Doch die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht und erhebt Anklage wegen Totschlags. Vor Gericht ändern sich die Aussagen von Pascal L. dann und er legt im März 2017 ein ungewöhnliches Geständnis ab. Er gibt zu, aufgrund des häufigen Konsums verschiedener Drogen seit 2015 in einer Art Parallelwelt zu leben.

Stimmen in seinem Kopf haben ihm laut eigener Aussage befohlen, seine Freundin zu töten. Er habe für einen Weltherrscher gehandelt, der allerdings nur in seiner Fantasie existiert. Auch Äußerungen seitens Julia R., die von Selbstmord spricht, habe er fälschlicherweise für bare Münze genommen.
Pascal L. wird untersucht, die Ärzte stellen paranoide Schizophrenie fest. Im Verlauf des Prozesses sagen auch weitere Zeugen aus, dass der Mann in einer Detmolder Klinik für Psychiatrie in ambulanter Behandlung gewesen sei. Die Ärztinnen hatten ihn zu dem Zeitpunkt als depressiv, allerdings nicht fremdaggressiv eingeschätzt.
Schuldunfähigkeit bei Pascal L.
Zwar entscheidet das Gericht, dass strafrechtlich ein Mord passiert sei, trotzdem spricht es den 21-Jährigen aufgrund seiner Psychose und der damit einhergehenden Schuldunfähigkeit frei. Pascal L. wird auf gerichtliche Anordnung für unbestimmte Zeit in eine forensische Psychiatrie eingewiesen.
Dort ist er seit Mai 2017 und befindet sich laut Ernst auf einem sehr guten Weg, die Krankheit zu besiegen. Aus Sicht des Strafverteidigers sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis Pascal L. ohne Gefahr für seine Mitmenschen wieder in die Gesellschaft integriert werden könne.