Überlastete Hotlines

Ansturm zum Start: Menschen aus OWL kommen nur schwer an Impftermine

Beide Hotlines für die Terminvergabe waren stundenlang kaum zu erreichen, Server brachen zusammen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen bitten derweil um Geduld - und spätere Terminbuchung.

"Bitte warten. Bitte warten. Bitte warten." Am Montagmorgen war bei der Impftermin-Vergabe viel Geduld nötig. | © picture alliance / Eibner-Pressefoto

25.01.2021 | 27.01.2021, 10:16

Bielefeld/Düsseldorf (dpa/sim/IK/nit). Zum Start der Impftermin-Vergabe in NRW sind die Anmelde-Webseiten und Hotlines geradezu überrannt worden. Deshalb kamen zahlreiche impfwillige Menschen ab 80 Jahren am Montag telefonisch nicht durch und hatten auch online zunächst keinen Erfolg. Die für die Organisation zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe sprachen von einer Überlastung und baten darum, den Termin zu einem späteren Zeitpunkt zu buchen.

Extrem hohe Zugriffszahlen auf die Webseiten und ein hohes Anruferaufkommen bei der Hotline 116 117 hätten zu erheblichen Verzögerungen bei der Terminbuchung geführt, berichten die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Eine Sprecherin der KV Westfalen-Lippe teilte mit, zum Start seien sekündlich 700 Zugriffe auf die Online-Plattform registriert worden - "drei Mal mehr, als wir erwartet hatten".

Insgesamt seien bis zum frühen Montagabend in Nordrhein-Westfalen 244.300 Termine für Erst- und Zweitimpfungen vergeben worden, teilte das NRW-Gesundheitsministerium gegenüber nw.de mit.

Stundenlang am Telefon und auf der Webseite

Viele Anrufer beschwerten sich gegenüber nw.de über die Probleme. Es meldeten sich Menschen aus Ostwestfalen-Lippe, die stundenlang vergeblich versucht hatten, Termine zu ergattern. "Total frustriert" sei er, sagte beispielsweise ein Bielefelder, der für seinen 88-jährigen Vater einen Termin vereinbaren wollte. Abwechselnd habe er es telefonisch und online versucht, schließlich sei das System wegen technischer Probleme ganz zusammengebrochen. "Was für ein Versagen der Verantwortlichen."

Einen Teilerfolg errang eine andere Anruferin: Nach unzähligen Versuchen konnte sie mit einer Mitarbeiterin sprechen. Aber auch die konnte nicht helfen - wegen "technischer Probleme". Im Kreis Gütersloh, für den mehr als 10.000 Termine freigeschaltet waren, konnten wegen dieser Probleme bis zum Nachmittag nur knapp 400 vergeben werden, später stieg die Zahl dann.

"Jeder wird drankommen, aber eben nicht sofort"

"Wir haben es mit rund einer Million Impfberechtigten zu tun, die aktuell Termine für eine Schutzimpfung vereinbaren können", so das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage. Bei einem "so großem Vorhaben" könne es "auch mal ruckeln". Die Kassenärztlichen Vereinigungen arbeiteten mit Hochdruck daran, Engpässe zu beseitigen. Laut KV sitzen 1.200 Mitarbeiter in den Call-Centern.

"Niemand muss sich Sorgen um seine Impfung beziehungsweise seinen Termin machen", sagten die Organisatoren. "Jeder, der geimpft werden möchte, wird drankommen, aber eben nicht sofort. Niemand muss befürchten, zu spät zu kommen." Laut NRW-Gesundheitsministerium gingen keine Impftermine verloren.

SPD spricht von "Impfchaos"

Während Ministerpräsident Armin Laschet von einem "gelungenen Start" trotz anfänglicher Probleme sprach, nannte die SPD im Düsseldorfer Landtag die Probleme "Impfchaos". Sie beantragte eine Aktuelle Stunde zur Impfstrategie im Landtag.

Herfords Landrat Jürgen Müller (SPD) machte die Landesregierung für die Schwierigkeiten verantwortlich: Das Land sei seiner Verpflichtung, die Terminvergabe zu entzerren, nicht nachgekommen. Der Leiter des Impfzentrums Lippe, Ludger Böhlen, meint, die Probleme hätten vermieden werden können, "wenn die Anmeldungen lokal gelaufen wären". Nun müssten die Mängel "schnellstmöglich" behoben werden.

"Erste Prioritätsgruppe viel zu groß"

Britta Haßelmann, Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Bielefeld, sprach von einer "Zumutung". "Seit Wochen wissen die Landesregierung und die Kassenärztliche Vereinigung, dass der Start für die Vergabe der Impftermine an ältere Menschen in NRW an diesem Montag erfolgt", sagte Haßelmann. "Zeit zur Vorbereitung und zur Sicherstellung genügender Kapazitäten hatten sie."

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz bemängelte, dass die Gruppe der über 80-Jährigen zu umfangreich sei. "Jetzt verschluckt sich das Vergabe-System, weil Jens Spahn die erste Prioritätsgruppe viel zu groß gefasst hat", sagte Stiftungs-Vorstand Brysch mit Blick auf Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU). "Ein kleinteiligeres Vorgehen wäre für die Impfwilligen erfolgreich und weniger frustrierend." Diese Fehler dürften sich in der zweiten Prioritätsgruppe nicht wiederholen.

560.000 Erstimpfungen im Acht-Wochen-Zeitraum

Pro Woche sollen in den 53 Impfzentren ab dem 8. Februar etwa 70.000 Menschen Erstimpfungen erhalten. Das NRW-Gesundheitsministerium rechnet in den ersten acht Wochen mit insgesamt 560.000 Erstimpfungen. Drei Wochen nach dem Start begännen dann weitere 560.000 Zweitimpfungen, sagte am Montag ein Ministeriumssprecher. In allen Fällen werde der Biontech-Impfstoff eingesetzt. "Wann weitere Impfstoffe hinzukommen, kann derzeit noch nicht gesagt werden."

Bei der am Montag gestarteten Terminvergabe werden nach Angaben des Sprechers Termine zur Erstimpfung für den gesamten am 8. Februar beginnenden Acht-Wochen-Zeitraum vergeben. Die Leitungen sind täglich von 8 Uhr bis 22 Uhr besetzt. Wer im rheinischen Teil von NRW lebt, soll die kostenfreie Rufnummer 0800 116 117 01 wählen, Menschen in Westfalen die ebenfalls kostenfreie Rufnummer 0800 116 117 02. Wer nur die 116 117 wählt, wird weitergeleitet. Im Internet sind die Anmeldeportale unter der Adresse www.116117.de zu finden.