Corona-Krise

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Darauf kommt es beim Homeschooling vor allem an

Eine Lerntherapeutin aus OWL gibt Eltern für den Unterricht zu Hause wertvolle Tipps.

Sabine Omarow ist Lerntherapeutin in Paderborn.  | © Omarow

Matthias Bungeroth
24.11.2020 | 24.11.2020, 17:43

Paderborn. Es ist für viele Eltern eine sehr herausfordernde Situation: Plötzlich kann der Unterricht ihrer Kinder wegen eines Coronaausbruchs oder -verdachts nicht mehr im gewohnten schulischen Umfeld stattfinden. Er wird nach Hause verlagert. Homeschooling heißt diese Variante des Unterrichts. Doch was können Eltern tun, um mit dieser ungewohnten, zumeist auch neuen Situation angemessen umzugehen? "Das wichtigste ist der Hausfrieden", sagt Sabine Omarow, Lerntherapeutin aus Paderborn.

Um ihn zu erhalten, sei es wichtig, gemeinsam ruhig und entspannt an die Phase des Homeschoolings zu gehen, damit keine Seite überfordert werde. Denn die meisten Eltern, gibt sie zu bedenken, müssten ja auch in ihrem Beruf arbeiten. Und: "Eltern haben vieles vergessen, was sie in der Schule gelernt haben." Deshalb verstünden sie auch nicht auf Anhieb alle Aufgaben, die ihre Kinder zur Bearbeitung mit nach Hause bringen. "Das ist eine sehr schwierige Situation für alle Seiten."

"Es ist wichtig, das Kind nicht alleine zu lassen"

Omarow rät deshalb: "Man sollte sich mit den Kindern hinsetzen und fragen, welche Aufgaben sie alleine lösen können." Dadurch entstehe gleich zu Beginn des Homeschooling eine Vertrauenssituation. Als zweiten Schritt empfiehlt Omarow, dass das Kind mit den leichteren Aufgaben anfangen solle, bevor die Dinge an die Reihe kommen, die das Kind weniger gut kann. Denn an diesem Punkt müssten die Eltern bereit sein, helfend zu unterstützen. Sie müssten präsent sein. Wenn sie selber etwas nicht wissen, sollten sie dies aber auch zugeben.  "Mut zur Lücke", empfiehlt Omarow.

Das bedeute letztlich, dass man dem Kind und der Schule gegenüber in diesen Fällen klar sagt: "Dann machen wir das nicht." Dies sei kein Beinbruch, denn das Wichtigste sei bei allem Lerneifer, dass man die Gesundheit des Kindes erhält und der Schule zurückspiegelt, dass man bestimmte Dinge einfach nicht leisten kann. "Es ist wichtig, das Kind nicht alleine zu lassen." Denn auf diese Weise signalisierten die Eltern, dass sie zu ihrem Kind stünden. Sie sollten in diesen Situationen den freundlichen Kontakt mit der Schule suchen um zu erklären, warum man etwas nicht machen könne.

"Lernen kann nur in entspannter Atmosphäre stattfinden"

Das signalisiere man auch, indem man sich die Aufgaben gemeinsam mit dem Kind anschaue. Meistens bekommen die Kinder Arbeitsblätter mit nach Hause."Es gibt Kinder, die das bestimmt alles schaffen." Doch das sei nicht immer so.  Es sei deshalb wichtig, dass man in lockerer Atmosphäre arbeite. "Wenn Eltern sich schon angespannt an den Tisch setzen um zu lernen, merkt das Kind das sofort." Dann sei es besser, in diesem Fall auf die heimische Schulstunde zu verzichten. "Eltern müssen auf sich selber achten, ob sie ruhig genug sind, um mit dem Kind zu arbeiten", fasst Omarow zusammen.

"Lernen kann nur in entspannter Atmosphäre stattfinden. Es muss auch Spaß machen", unterstreicht die Lerntherapeutin. Sie rät Eltern zudem, sich während der Phase des Homeschoolings auch mit anderen Eltern auszutauschen, die in einer ähnlichen Situation sind. "Ältere Kinder aus der Nachbarschaft sind manchmal bessere Lehrer beim Erklären." Diese Ratschläge könne man sich auch online ins Haus holen über Zoom oder andere Plattformen, empfiehlt Omarow.

"Es wäre schön, wenn wir das gar nicht mehr bräuchten"

Bei der Dauer einer Lerneinheit zuhause sollte man sich auf jeden Fall nach dem Kind richten. Bei Jüngeren muss man laut Expertin eher auf die Konzentration achten. Nach einer Dauer von 45 Minuten sei eine Stunde Pause nicht schlecht. Diese soll das Kind möglichst auch zum Spielen an der frischen Luft nutzen, rät die Paderbornerin. Und wie steht es mit der Angst, auf bestimmten Feldern den Anschluss zu verlieren? "Darüber sollte man sich nicht zu große Gedanken machen", rät Omarow. "Es gibt wenige Fächer, wo das nicht nachholbar ist. Ruhe zu bewahren ist wirklich das Wichtigste."

Manche Kinder lernen zuhause sogar mehr als in der Schule. Das weiß auch Omarow. Dennoch hat sie grundsätzlich ein kritisches Verhältnis zum Homeschooling. "Es wäre schön, wenn wir das gar nicht mehr bräuchten."  Sie plädiert dafür, dass grundsätzlich viel mehr Geld in die Bildung, für mehr Lehrer und bessere Lernkonzepte ausgegeben werden sollte. Denn: "Ich bin der Meinung, dass die Schule als Lernort unbedingt erhalten werden muss. Wir sind soziale Wesen und wir brauchen das".

INFORMATION


Was ist Homeschooling?

Homeschooling ist eine Variante individualisierenden Unterrichts, "bei der das gemeinsame Arbeiten in der Klasse zeitlich befristet aufgehoben und durch Hausarbeit ersetzt wird, die mit digitalen und analogen Unterrichtsmedien unterstützt wird."

Das sagt der Oldenburger Schulpädagoge Hilbert Meyer. Er fügt hinzu: "Es kann vor allem dann erfolgreich sein, wenn sich die Schülerinnen und Schüler schon vor Beginn des Homeschoolings Arbeitstechniken und Haltungen für selbstreguliertes Arbeiten angeeignet haben." (bth)