
Bielefeld. Die lange Dürre hat sich in den Herbstmonaten des vergangenen Jahres nicht fortgesetzt. Es hat viele trübe und nasse Tage gegeben, und vor allem der Oktober 2019 sei überdurchschnittlich regenreich gewesen, sagt Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Essener Klimabüro des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Nachdem die Sommermonate Juni, Juli und August 2019 wie schon das gesamte Jahr 2018 erneut sehr trocken gewesen waren, hat sich die Niederschlagsbilanz zum Jahresende hin also wieder etwas gebessert.
Von Entwarnung für die von Dürre, Stürmen und Borkenkäfern geplagten Wälder kann aber noch keine Rede sein - denn die tieferen Bodenschichten sind noch immer allzu trocken, warnt Bertram Leder, der Leiter des neugegründeten Zentrums für Wald und Holzwirtschaft in Arnsberg.
Fast elf Prozent weniger Niederschlag als im langjährigen Mittel
In Zahlen liest sich die Niederschlagsbilanz für 2019 so: So fielen an der Station Bielefeld-Sennestadt im vergangenen Jahr 851,3 Liter Regen pro Quadratmeter. Das waren 10,8 Prozent weniger als im langjährigen Mittel zwischen 1981 und 2010, als hier im Durchschnitt 954,1 Liter Niederschlag gemessen wurden. Die Trockenheit war damit deutlich weniger krass als im Extremjahr 2018, als in Bielefeld-Sennestadt nur 635,4 Liter Regen und Schnee fielen, 33,4 Prozent weniger als im langjährigen Mittel. In Bad Lippspringe bei Paderborn, wo das Jahr 2018 ebenfalls besonders trocken war, wurden 2019 immerhin 907,7 Liter Niederschlag gemessen, ein Minus von "nur" 4,6 Prozent in dieser Region.
Nähert sich die Dürre also jetzt ihrem Ende? Die Sorgen der Meteorologen, Forstwirte und Landwirte sind zumindest noch nicht verflogen. Über die Jahre 2018 und 2019 zusammengenommen fehlen insgesamt eben 300 bis 400 Liter Niederschlag, rechnet der Meteorologe Kesseler-Lauterkorn vor. Und die ersten Januar-Tage seien erneut recht trocken gewesen.
Bäume mit tiefen Wurzeln leiden unter Trockenstress
Die Einschätzung des Meteorologen teilt der Waldexperte Bertram Leder: Die obersten Zentimeter der Böden seien inzwischen gut durchnässt, doch die tieferen Schichten seien "immer noch sehr trocken". Vor allem Bäume mit tiefen Wurzeln - zum Beispiel Eichen oder Kiefern - litten daher unter einem kaum verminderten Trockenstress. Für Buchen sei die Situation etwas besser, weil sie als "Herzwurzler" ein gemischtes (oft standortangepasstes) Wurzelsystem ausbilden.
Für viele vom Borkenkäfer befallenen Fichten kommt der Regen unterdessen trotz ihrer flachen Wurzeln zu spät. Das Branchenmagazin "Agrarheute" berichtet, dass in den vergangenen zwei Jahren bundesweit mehr als 2.000 Quadratkilometer Wald dahingerafft worden seien - maßgeblich durch die stärkste Massenvermehrung von Borkenkäfern seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Borkenkäfer habe leichtes Spiel gehabt, weil die Bäume mangels Wasser nicht ausreichend Harz als Abwehrmittel bilden konnten.
Pilze könnten dem Borkenkäfer zusetzen
Forstwirtschaft und Holzindustrie sprechen davon, die Schäden seien schlimmer als durch den sauren Regen in den 80er Jahren. Die Fichtenholzpreise rauschten 2019 um mehr als 30 Prozent in den Keller.
Bertram Leder befürchtet, dass der Höhepunkt der Borkenkäferplage und des Waldsterbens noch bevorsteht und erst im Jahr 2020 erreicht sein könnte. Hilfe könnte aber von natürlichen Widersachern der Borkenkäfer kommen - bestimmten Pilzen. "Wenn das warme und feuchte Wetter anhält, könnten viele Käfer verpilzen und sterben", sagt der Fachmann. So hätte der bisher noch allzu milde Winter am Ende vielleicht auch sein Gutes.