Klimawandel

Baumsterben: Warum der Borkenkäfer so tödlich für unsere Wälder ist

Lange Hitzeperioden befeuern die Ausbreitung des Borkenkäfers. Wie der Käfer ganze Bäume absterben lässt, zeigt Förster Stephan Radeck.

Der Borkenkäfer bringt den Tod unter der Rinde. | © Torben Gocke

23.07.2019 | 07.06.2022, 11:56

Blomberg. Das Thermometer am Forsthaus zeigt 34 Grad. Über dem Asphalt der nahen Bundesstraße 1 ist leichtes Luftflimmern zu sehen. Der Geländewagen von Förster Stephan Radeck rollt problemlos über die huckelige Piste – weg von den befestigten Straßen, hinein in den Wald. Über gut 100 Meter muss der Wagen noch den einen oder anderen Ast zur Seite drücken, nach einer kleinen Kurve dann geht es auf einen gut breiten und freien Pfad. Gut 1000 Meter weiter tritt Radeck auf die Bremse.

„In diesem Bereich ist viel davon zu sehen, was im Wald gerade alles nicht in Ordnung ist", sagt der Förster. Ein kurzer laienhafter Blick in die Runde lässt nichts ungewöhnlich erscheinen – Radeck hilft mit Expertenwissen nach. „Der ganze Boden liegt hier voll mit grünen Nadeln", sagt der Förster. Tatsächlich: Mitten im Hochsommer sieht der Boden aus, wie der eigene Wohnzimmerboden nach dem Weihnachtsfest. Normal sei das nicht, die sterbenden Fichten verlieren ihre Nadeln. Den Grund dafür kennt Stefan Radeck ganz genau.

Typische Muster

Aus der Luft sind abgestorbene Bäume schnell zu sehen. - © Torben Gocke
Aus der Luft sind abgestorbene Bäume schnell zu sehen. | © Torben Gocke

Mit dem Schäleisen in den Händen geht der Förster zielstrebig einem Stamm entgegen. Er zeigt auf die Rinde. Über den gesamten Stamm des Baumes verteilt sind kleine rote Häufchen feinster Späne zu sehen. „Hier sind hunderte Borkenkäfer am Werk", sagt Radeck, während er mit dem Eisen etwas Rinde von dem Baum entfernt und diese dann unter die Lupe nimmt. „Hier ist der Buchdrucker am Werk. Die Muster sind ganz typisch. Ein Längsgang mit mehreren Armen zu den Seiten hinaus."

Förster Stephan Radeck blickt auf die Spuren des Borkenkäfers - © Torben Gocke
Förster Stephan Radeck blickt auf die Spuren des Borkenkäfers | © Torben Gocke

Das Käferweibchen arbeitet sich längs durch das Holz und legt dort entlang die Eier. Die Nachkommen fressen sich anschließend zu den Seiten. Für den Baum hat das fatale Folgen. Wenn sich immer mehr Schädlinge die Rinde entlang fressen, bedeutet das für die Fichte das Ende. „Bei einem ausreichend starken Befall wird unter anderem der Wassertransport im Baum geschädigt", sagt Radeck. Die Krone des Baumes wechselt im Laufe des Befalls ihre Farbe. Aus dem Grün wird ein rötlicher Ton und der Baum verliert seine Nadeln und es fällt die Rinde ab. Chancenlos sind die Fichten eigentlich nicht, verrät Radeck und geht einen Baum weiter.

Der Baum kann sich wehren

An diesem Stamm sind auch einzelne Löcher zu sehen, allerdings deutlich weniger. Auch Späne sind an der Rinde kaum zu finden. Dafür vereinzelt weiße Tropfen Baumharz. „Damit setzt sich eine Fichte gegen den Borkenkäfer zur Wehr." Der Erfolg werde jedoch geringer, wenn die Bäume durch Dürre geschwächt und die Schädlinge durch die Hitze in großer Zahl vorhanden sind. „Die Bäume können nicht mehr genug Harz bilden, um sich zu verteidigen. Das Ergebnis sehen wir dann hier", sagt Radeck und zeigt in die Runde. Viele Baumkronen weisen bereits die typische Rotfärbung auf – „und der Rest wird auch noch folgen. Fichten wird es an dieser Stelle bald nicht mehr geben."

Der Dachverband der Waldeigentümer geht davon aus, dass der Borkenkäfer bundesweit bereits rund 110.000 Hektar Wald zerstört hat. Um eine rasante Ausbreitung des Schädlings zu verhindern, müsste das betroffene Holz eigentlich schnell aus dem Wald heraus geholt werden. „Personal dafür ist allerdings gerade in ganz Deutschland heißt begehrt", sagt Radeck