Umwelt

Klimawandel: So wirkt sich die Trockenheit auf die Pflanzen und Tiere in OWL aus

Der regenarme Sommer macht Pflanzen und Tieren zu schaffen. Vor allem wasserhaltige Lebensräume sind bedroht. Gleichzeitig werden neue Arten heimisch.

Der Moorfrosch bevorzugt Lebensräume mit einem hohen Grundwasserstand. | © Ch. Venne

Sebastian Beeg
02.09.2019 | 02.09.2019, 10:12

Bielefeld. Der Spätsommer hatte sich Ende August noch mal zurück gemeldet. Das Thermometer kletterte noch einmal auf mehr als 30 Grad Celsius. Unter der Hitze hatten nicht nur die Menschen zu leiden. Seit Monaten erlebt der Begriff "Waldsterben" eine Renaissance, da sich die ausbleibenden Niederschläge seit gut zwei Jahren auf große Teile der Pflanzenwelt auswirken. Doch auch die heimische Tierwelt ist von den Entwicklungen betroffen.

"Die heiße Witterung ist eine sehr große vegetative Belastung für viele Organismen und setzt den Tieren ungemein zu", sagt Thomas Feldt vom Forum für Mensch und Natur, dem naturpädagogischen Zentrum der Kreisjägerschaft Bielefeld. Verbunden mit einer aufkommenden Nahrungsmittelknappheit sei dies existenzbedrohend für einige Arten. "Der Fasan ist dafür das beste Beispiel. Die Tiere verdursten schlichtweg. Vor allem Jungtiere sind davon bedroht."

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Dann ist das Erdreich einfach zu hart

Zudem gelinge es dem Fasan, wie auch anderen Vogelarten, nicht, bei längerer Trockenheit das Erdreich auf der Suche nach Nahrung aufzubrechen. "Oftmals finden sie eine staubtrockene Kruste vor, in der es auch nicht mehr viel Nahrung zu holen gibt."

Wie sehr sich die Trockenheit auf die Bestände auswirkt, weiß Feldt indes nicht genau zu sagen. "Die Witterung dürfte einen Effekt haben. Ich bin allerdings zurückhaltend wenn es darum geht, diesen zu beziffern."

Auf dem Rückzug: Die Lebensräume der Erdkröte sind besonders von der Trockenheit bedroht. - © Christian Venne
Auf dem Rückzug: Die Lebensräume der Erdkröte sind besonders von der Trockenheit bedroht. | © Christian Venne

Ein möglicher Ansatzpunkt für belastbare lokale Zahlen wären die Streckenlisten der Unteren Jagdbehörde. Diese erfassen die Zahl der getöteten Tiere bejagter Arten in einem Jahr. Allerdings fallen darunter nicht nur die von Jägern erlegten Tiere, sondern auch solche, die etwa bei einem Unfall ums Leben kamen oder Tod im Wald aufgefunden wurden.

Daraus ließen sich jedoch nur Rückschlüsse auf die Population ziehen, nicht jedoch, inwiefern die Trockenheit eine Rolle spielt. So fehlen auch für den Fasan letztlich belastbare Zahlen. "Wir beobachten zwar seit Jahren einen dramatischen Rückgang der Fasanpopulation, die Ursache dafür ist jedoch nicht geklärt. Zumal die Population relativ klein ist", sagt Jürgen Kley, Leiter der Unteren Jagdbehörde in Bielefeld.

"Das Verschwinden von Arten ist momentan ein großes Problem"

In einem größeren Kontext sprechen die Zahlen indes eine eindeutige Sprache. Die vom Bundesamt für Naturschutz herausgegebene Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands etwa verzeichnete im Zeitraum von 1998 bis 2009 einen Anstieg der vom Aussterben bedrohten Tierarten von 7 auf 10 Prozent. Ungefährdet waren 2009 indes nur noch 45 Prozent, 1998 waren es noch 51 Prozent. "Das Verschwinden von Arten ist momentan ein großes Problem", sagt der Biologe Jürgen Birtsch vom BUND Bielefeld. "Allerdings darf man sich nicht verrennen. Diese Entwicklung hat nicht nur etwas mit der Witterung zu tun. Auch die Landwirtschaft oder vermehrte Bautätigkeit tragen dazu bei."

Doch es gibt auch Lebensräume, die direkt von der Trockenheit betroffen sind, so wie stille Gewässer. "Es gibt Bereiche in unserem Gebiet, die waren in den vergangenen 30 Jahren nicht so trocken wie heute", sagt Christian Venne von der Biologischen Station Kreis Paderborn-Senne. Als Beispiel führt Venne die Kipshagener Teiche, einem Naturschutzgebiet bei Schloß Holte-Stukenbrock an. Der ausbleibende Niederschlag führe zum frühen Austrocknen der Gewässer. Das wiederum gefährdet viele Amphibien- oder Libellenarten, die die Gewässer zum Laichen und Larvenentwicklung benötigen, weiß Venne. "Es gibt einige Arten wie die Heidelibelle, deren Larven im Schlamm überleben können. Dafür braucht es aber auch eine gewisse Feuchtigkeit."

"Die Flora und Fauna sind stets in Bewegung"

Ein weiterer gefährdeter Bereich seien Moore. "Diese bieten aufgrund ihres niedrigen PH-Werts nur ausgesprochen spezialisierten Arten einen Lebensraum. Libellenarten wie die Moosjungfer oder der Moorfrosch werden enorme Probleme bekommen, wenn die Moore austrocknen." Allerdings gebe es auch Arten, die von wärmeren Temperaturen profitieren.

Ist aus Süddeutschland nach OWL eingewandert: Die Gelbbindige Furchenbiene. - © Ch. Venne
Ist aus Süddeutschland nach OWL eingewandert: Die Gelbbindige Furchenbiene. | © Ch. Venne

So breite sich die Gelbbindige Furchenbiene mittlerweile in OWL aus. Bisher war die Solitärbiene vor allem in Süddeutschland verbreitet. Nun würden auch Sichtungen aus der Senne gemeldet. Auch die Heuschreckengrabwespe, die bisher gar nicht in OWL vorkam, oder die orientalische Mörtelwespe sind mittlerweile gesichtet worden. "Diese neuen Arten heißen wir willkommen. Die Flora und Fauna ist stets in Bewegung. Diese Arten verlagern ihren Lebensraum immer weiter nördlich, weil es die klimatischen Bedingungen hergeben", sagt Venne.

Die heimischen Arten haben jedoch nach wie vor mit heißen Temperaturen zu kämpfen. "Jäger haben in ihren Revieren vermehrt Wasser eingebracht, haben Flüssigkeit auf Teichplanen ausgelegt. Die Fußspuren drumherum haben gezeigt, dass dieses Angebot von zahlreichen Arten wahrgenommen wurde", sagt Thomas Feldt. Doch auch jeder Einzelne könne bei diesen Witterungen etwas tun. "Man kann auch im eigenen Garten Wasser bereitstellen." Das gelte für Vögel, Säugetiere und Insekten.

Jürgen Birtsch und Christian Venne plädieren überdies dafür, den eigenen Garten mit heimischen Arten zu bepflanzen. Das sei vor allem insektenfreundlich und steigere die Biodiversität. "Außerdem hilft es dabei, das innerstädtische Klima zu verbessern", sagt Birtsch.