Gütersloher Konzernerbe und Friedenspreis-Juror: Reinhard Zinkann wird 65

Gütersloh. Er gilt als extrem gut vernetzt und kommunikativ, als Marketingtalent. Sein guter Ruf als Unternehmer reicht weit über OWL und Deutschland hinaus: Reinhard Zinkann, einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter des Gütersloher Weltkonzerns Miele, der mit seiner lockigen Haarpracht und seiner ungezwungenen Art oft wie ein großer Junge wahrgenommen wird, kommt ins Rentenalter. An diesem Sonntag feiert er seinen 65. Geburtstag. Die einstige Bedeutung hat das Datum eigentlich längst verloren, selbst angestellte Beschäftigte sollen ja bald mindestens bis 67 arbeiten. Und so sagt der gewichtige Unternehmer, den der Bielefelder Journalist Wilfried Massmann vor wenigen Jahren als intellektuellen &bdquo;Liebling der Götter“ beschrieb, ganz klar: &bdquo;Als Unternehmer denke ich in der Tat noch nicht an den Ruhestand. Deshalb ist auch die Nachfolge im Moment noch kein Thema.“ Zinkann also, der sich für seine Familie und sich selbst &bdquo;vor allem Gesundheit“ wünscht, steht voll im Saft und keinesfalls auf der Zielgeraden, und zum Geburtstag darf er eine Flut von Glückwünschen erwarten. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht von Zinkann in den höchsten Tönen. &bdquo;Das wirtschaftlich Richtige und das menschlich Richtige in Einklang zu bringen“, sei Zinkann gelungen, findet der Bundespräsident, der als gebürtiger Lipperländer der Region OWL besonders verbunden ist und dem Geburtstagskind in einem persönlichen Schreiben gratuliert. Stellenabbau &bdquo;sehr bitter, auch für mich persönlich“ Ausgerechnet im Jubiläumsjahr – 125 Jahre nach der Gründung des im Premiumsegment positionierten Hausgeräteherstellers Miele – fühlte sich Reinhard Zinkann gezwungen, angesichts von Nachfrageschwäche und scharfer internationaler Konkurrenz eine Reihe schwerer Entscheidungen zu verantworten, um die gedeihliche Entwicklung des Unternehmens nicht zu gefährden. Unter anderem sollen in Deutschland in den nächsten Jahren etwa 600 Stellen abgebaut werden, 700 weitere werden aus der Waschmaschinenproduktion in Gütersloh in ein Werk nach Polen verlagert. &bdquo;Dass wir ausgerechnet in diesem Jubiläumsjahr den Abbau von Arbeitsplätzen ankündigen müssen, ist sehr bitter, auch für mich ganz persönlich“, sagt Zinkann dazu. Doch er setze alles daran, &bdquo;dass der Abbau sozialverträglich umgesetzt wird“. Andererseits habe Miele sich seit 1899 immer wieder den &bdquo;notwendigen Veränderungen gestellt und die damit verbundenen Herausforderungen als Chancen genutzt“. Mit anderen Worten: Der Manager und Gesellschafter – als Firmenerbe in vierter Generation – bleibt optimistisch und nimmt die Probleme, die Miele monatelang bundesweit in die Schlagzeilen brachten, kämpferisch. Er tut dies gemeinsam mit Markus Miele, dem anderen geschäftsführenden Gesellschafter, mit dem Zinkann regelmäßig gemeinsam auftritt. Ein Team, das sich perfekt ergänzt Beide wirken wie Partner, die sich perfekt ergänzen: Miele eher bodenständig, Zinkann mehr weltläufig. Der eine steht für Solidität, der andere für Luxus. Der erste technisch versiert, der zweite ästhetisch interessiert, wobei die Ästhetik nicht auf Design, Stil und edle Kleidung beschränkt ist. Bei manchen Zuhörern berüchtigt sind Zinkanns launige Vorträge und Begrüßungsreden, die gelegentlich mit lateinischen Wendungen geschmückt sind. Wer kein Latinum hat, muss dafür ein bisschen Humor aufbringen. Persönliches Engagement bringt der promovierte Betriebswirt Zinkann seit vielen Jahren weit über die eigene Firma hinaus auf, die Liste seiner Ehrenämter ist lang. In sechs Jahren als Präsident des Industrie- und Handelsclubs (IHC) OWL etwa hat er seine Netzwerke genutzt und zahlreiche prominente Unternehmer und Manager in die Region geholt. Bis heute ist Zinkann Ehrenpräsident des IHC. Er gehört dem Bundesvorstand des Wirtschaftsrates der CDU an, vertritt im ZVEI, dem Fachverband der deutschen Elektro- und Digitalindustrie, die Hausgeräteindustrie, er unterstützt Firmen in Aufsichtsräten und Beiräten. &bdquo;Im Dienste des Friedens und der Verständigung“ Neben weiteren Ämtern und Aufgaben sorgt aber vor allem sein Wirken als Vorsitzender der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe seit 2004 für außerordentliche Resonanz. Der von der Gesellschaft seit 1998 alle zwei Jahre vergebene &bdquo;Preis des Westfälischen Friedens“ hat unter Zinkanns Ägide (er ist auch Vorsitzender der Jury) weiter an internationalem Renommee gewonnen. Zuletzt war Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Mai nach Münster gekommen, dorthin, wo 1648 am Ende des 30-jährigen Kriegs der Westfälische Friede vereinbart wurde. Zinkanns Einsatz für kulturelle und soziale Projekte zeige, dass er seine Rolle als Unternehmer &bdquo;weit über den wirtschaftlichen Erfolg hinaus verstehe“, lobt der Bundespräsident. Die Werte, für die Zinkann und Miele stünden, würden so auch &bdquo;in der Gesellschaft verankert“ – Zinkann leiste damit &bdquo;einen wichtigen Beitrag im Dienste des Friedens und der Verständigung in Europa“, so Steinmeier. Der so geehrte Gütersloher macht sich unterdessen große Sorgen um den Frieden, speziell in der Ukraine &bdquo;stehen die Chancen für einen baldigen Frieden im Moment leider nicht besonders gut“, fürchtet er. Wichtig sei, dass &bdquo;der Westen die Ukraine weiterhin nach Kräften unterstützt“, sagt Zinkann. Und zugleich seien Verhandlungen wichtig, &bdquo;den Dialog suchen und im Gespräch bleiben, so schwer es auch fallen mag“, so Zinkann. &bdquo;Denn wer miteinander redet, schießt nicht aufeinander.“

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