Konjunkturumfrage in OWL

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Dramatischer Holzmangel bremst Aufschwung im Handwerk ab

Trotz Corona-Krise geht es im Handwerk in Ostwestfalen-Lippe etwas bergauf. Neben knappen Rohstoffen drohen aber zwei weitere Probleme.

Holz ist im Bauhandwerk unverzichtbar. Doch derzeit ist der Rohstoff auf dem Weltmarkt knapp. | © picture alliance / Sven Simon

Martin Fröhlich
20.04.2021 | 20.04.2021, 07:19

Bielefeld. Die gute Nachricht vorab: Das ostwestfälisch-lippische Handwerk erholt sich von den Einschlägen der Corona-Krise. Das geht aus der Konjunkturumfrage der Handwerkskammer OWL hervor. Insgesamt 51 Prozent aller befragten Betriebe bewerten ihre Geschäftslage als gut, 33 Prozent sind zumindest zufrieden. "Allerdings ist die Lage sehr abhängig davon, in welchem Bereich man tätig ist", sagt Peter Eul, Präsident der Kammer.

Der Blick auf die Zahlen zeigt: Wenn es ums Bauen geht, brummt der Konjunkturmotor. 67 Prozent der Betriebe aus dem Bauhauptgewerbe und 66 Prozent aus den Ausbau-Handwerken melden eine gute Geschäftslage. Ganz anders sieht das bei jenen aus, die nah am Menschen arbeiten. Bei den Handwerken für den privaten Bedarf, zu denen Friseure, Kosmetiker und Fotografen zählen, melden nur 15 Prozent eine gute Lage. Doch selbst dem krisensicheren Baubereich droht Ungemach.

Wie lange bleibt das Holz noch knapp?

Was die Möbelindustrie schon gemeldet hat, bekommt nun auch das Handwerk zu spüren: Das Holz ist knapp. Der Rohstoff ist teils nicht mehr in den erforderlichen Mengen zu bekommen. Ein Grund dafür ist der Bauboom in den USA. Die Amerikaner kaufen Bauholz auf dem Weltmarkt, das unter anderem in Deutschland fehlt. Zimmerer und Schreiner beklagen die Lage. Sie leiden unter langen Lieferzeiten. Das hat Auswirkungen für sie und die Kunden. Bei bestehenden Bauverträgen müssen die Firmen draufzahlen, bei künftigen Aufträgen werden die Kunden zur Kasse gebeten. "Wir können im Moment noch nicht einschätzen, wie lange das Problem andauern wird", sagt Wolfgang Borgert, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Kammer.

Dass das Problem in OWL angekommen ist, zeigt eine Angabe der Dachdecker und Zimmerer. Drei Viertel von ihnen melden steigende Preise. "Das hatten wir in dieser Breite noch nie", so Borgert. Er plädiert dafür, die Holzwirtschaft in Deutschland zu stärken und voranzutreiben. "Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass auf keinen Fall mehr ein Baum gefällt werden darf."

Nicht nur Holz ist knapp, auch Kunststoff ist nicht immer zu bekommen. Das wirkt sich etwa bei Dachrinnen und Dämmschäumen aus. Knappe Kapazitäten in der Seefracht machen sich bemerkbar. "Die internationalen Lieferketten funktionieren nicht mehr so reibungslos wie noch vor wenigen Jahren."

12.000 Stellen sind in OWL nicht besetzt

Insgesamt aber erweist sich das Handwerk als Fels in der Corona-Brandung, sagen Eul und Borgert. „Viele Dienstleistungen sind unverzichtbar." Ausführen aber lassen sich Dienstleistungen nur mit genügend Personal und da hakt es. 160.000 Beschäftigte zählt die Kammer in OWL. Sie meldet aber auch 12.000 offene Stellen, darunter 6.000 für Fachkräfte sowie 3.500 für Auszubildende. Peter Eul wirbt dafür, dass Beschäftige, die in anderen Branchen ihren Job verlieren, über einen Einstieg ins Handwerk nachdenken. Wie wichtig das Fachpersonal für die Betriebe ist, lässt sich daraus ablesen, dass trotz der Einbußen in der Pandemie zwei Drittel der Unternehmen die Belegschaft stabil halten.

Wolfgang Borgert, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld, und Peter Eul, Präsident der Handwerkskammer, sind coronakonform nur auf dem Bild dicht beeinander. - © Handwerkskammer
Wolfgang Borgert, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld, und Peter Eul, Präsident der Handwerkskammer, sind coronakonform nur auf dem Bild dicht beeinander. | © Handwerkskammer

Hinzu kommt, dass immer mehr Unternehmensinhaber Nachfolger suchen. Rund 4.500 Handwerksunternehmen in der Region stehen in den nächsten fünf Jahren vor diesem Problem.

Immerhin: Die Zahl belegt auch, dass es noch keine Pleitewelle gegeben hat. Bäcker, Fleischer und Konditoren werden hart von der Krise getroffen, vor allem durch den Wegfall der Café- und Cateringumsätze. Aktuell beklagen 84 Prozent der Lebensmittelbetriebe rückläufige Umsätze. Schuhmacher und Maßschneider können wiederum ohne Kundenkontakt kaum arbeiten. Friseure durften das lange auch nicht. "Die Hilfen des Bundes kommen allerdings oft spät an oder müssen später zum Teil zurückgezahlt werden", kritisiert Wolfgang Borgert. Deshalb sei eine Prognose in Sachen Insolvenzen schwierig.

Das Corona-Management der Bundesregierung sehen Eul und Borgert in Teilen kritisch. Im ersten Lockdown seien die Hilfen schnell und unbürokratisch geflossen. Das gelte inzwischen so nicht mehr. "Wir können auch manche Maßnahme nicht nachvollziehen", sagt Eul: "Warum müssen Autohäuser schließen? Dort verteilen sich wenige Kunden auf großen Flächen, da besteht so gut wie keine Ansteckungsgefahr." Manche Entscheidung sei vom Wahlkampfbeeinflusst. "Dennoch sind wir zuversichtlich, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich bleibt."