Trotz hoher Inzidenzen

Länder wollen Testpflicht für Praxen, Kliniken und Heime lockern

Derzeit müssen sich geimpfte und genesene Beschäftigte täglich testen lassen. Dies sei "unzumutbar" teilte der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz Klaus Holetscheck mit.

Derzeit ist ein täglicher Coronatest auch für geimpfte und genesene Angestellte im medizinischen Bereich Pflicht. | © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbidl

25.11.2021 | 25.11.2021, 16:00

Berlin/München (dpa/epd/AFP). Die Gesundheitsminister der Länder fordern vom Bund eine Lockerung der Testpflicht für geimpfte und genesene Beschäftigte in Arztpraxen und Kliniken. Zwei Mal pro Woche durchgeführte Selbsttests müssten ausreichend sein, teilte der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU), nach einem einstimmigen Beschluss am Donnerstag mit. Dies deckt sich mit den Forderungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Kritik gabe es hingegen von Patientenschützern.

Nach dem neuen Bundesinfektionsschutzgesetz müssten sich auch geimpfte und genesene Beschäftigte täglich testen lassen. Dazu heißt es im GMK-Beschluss nun: „Eine tägliche Testung vollständig immunisierter Beschäftigter führt zu unzumutbaren Belastungen der durch die Pandemie ohnehin schon belasteten Bereiche." Aus infektiologischer Sicht erscheine eine Testpflicht für geimpfte und genesene Beschäftigte „mittels (mindestens) Antigen-Schnelltest in Eigenanwendung angemessen, um die auch von geimpften Personen ausgehenden Risiken eines Infektionseintrages zu begrenzen".

Dies müsse der Bund im Gesetz korrigieren. Und bis dahin - so heißt es im GMK-Beschluss - seien sich die Länder einig, dass die genannten Regelungen für immunisierte Beschäftigte nicht angewendet werden.

"Tägliche Tests völlig unzumutbar"

Holetschek sagte dazu: „Tägliche Tests gerade für Geimpfte und Genesene belasten das Personal in höchstem Maße und sind völlig unzumutbar. Und das in einer Situation, wo wir die Menschen, die täglich unser Gesundheitssystem am Laufen halten, eigentlich entlasten müssen." Zum GMK-Beschluss sagte er: „Wir sind der Auffassung, dass zwei Selbsttests für Geimpfte und Genesene in der Woche die Balance finden zwischen Gesundheitsschutz und Zumutbarkeit für das Personal, besonders in der derzeitigen Belastungssituation."

Der Bund müsse „dieses nicht praxistaugliche Gesetz" umgehend korrigieren und prüfen, inwieweit und wo Testpflichten überhaupt nötig und umsetzbar seien. „Gerade in Arztpraxen gibt es einen hohen Anteil geimpfter Beschäftigter und ausgefeilte professionelle Hygienekonzepte - daher sind die zusätzlichen Anforderungen aus dem neuen Infektionsschutzgesetz der Ampel-Koalition völlig überzogen."

Krankenhäuser protestieren

„Klar ist: Wir setzen damit nicht gänzlich die Testpflichten aus", betonte Holetschek. Für die bislang Ungeimpften seien regelmäßige Tests das Mindeste. „Aber dass Immunisierte, teils schon geboostert, sich jeden Tag testen lassen müssen, belastet die Einrichtungen über die Maßen, vor allem in einer Situation, bei der alle Kräfte am Patienten oder Betreuten gebraucht werden", erklärte der Minister. Zudem seien auch Tests nicht unbegrenzt verfügbar. Der Gesetzgeber habe das sicher so nicht bedacht und müsse hier dringend nachsteuern.

Auch die Krankenhäuser fordern, die tägliche Corona-Testpflicht für Geimpfte sofort auszusetzen. Sie sei praktisch nicht umsetzbar, erklärte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) am Donnerstag. Für Geimpfte und Genesene seien zwei Testungen pro Woche ausreichend. Es müssten praktikable Lösungen gesucht werden, forderte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß. Die tägliche Testung von Ungeimpften sei dagegen selbstverständlich. Die erweiterte Testpflicht habe in den Kliniken für Verwirrung und Empörung gesorgt, erklärte die Krankenhausgesellschaft. Sie führe zu einer untragbaren zusätzlichen Belastung für das Personal.

Kritik von Patientenschützern

Patientenschützer zeigten sich hingegen empört über die Forderung nach einer Aussetzung der Testpflicht für geimpftes oder genesenes Personal in medizinischen Einrichtungen. "Heute zählt Deutschland 100.000 Pandemie-Tote", sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, am Donnerstag.

Die Hälfte der Covid-19-Verstorbenen sei in der Altenpflege zu beklagen, sagte Brysch weiter. "Eine Impfung kann aber nicht vollständig immunisieren. Wann endlich begreifen die Gesundheitsminister, dass Impfen vornehmlich einen selbst schützt und Testen vornehmlich andere. Auch aktuell sterben Pflegeheimbewohner, weil das Virus nicht vor der Tür gestoppt wird." Die Länder hätten nun die Pflicht, Gesundheitseinrichtungen bei den täglichen Tests zu unterstützen. Dafür müssten auch die Bundeswehr und Hilfsorganisationen eingesetzt werden.