Tag der Arbeit

Proteste von Linksradikalen, Rechtsextremen und „Querdenkern“ am 1. Mai

Die Polizei bereitet sich vielerorts auf Einsätze zum 1. Mai vor. In Berlin kündigen "Querdenker" an, vor die Privatadressen von Bundeskanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn zu ziehen.

Deutschlandweit bereiten sich Polizisten auf Einsätze am 1. Mai vor. | © picture alliance/dpa

30.04.2021 | 30.04.2021, 18:59

Berlin. Auch in diesem Jahr finden deutschlandweit Demonstrationen zum 1. Mai statt. Dazu aufgerufen haben linke Gruppen, rechtsextreme Parteien und „Querdenker". In Berlin zeichnen sich die größten Proteste ab.

Dort will die linke Szene im Rahmen ihrer „Revolutionären 1. Mai Demo" am Abend vom Hermannplatz in Neukölln nach Kreuzberg ziehen. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) rechnet mit bis zu 10.000 Protestlern, sollte es den Organisatoren gelingen, „ein politisches Bündnis rund um die Themen Migration und Wohnungspolitik zu schließen." Das sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel.

Im Stadtteil Lichtenberg wiederum planen derzeit selbsternannte „Querdenker" eine Demonstration mit bis zu 1.000 Teilnehmern. „Aber die Zahlen können auch deutlich nach oben steigen", sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz dieser Redaktion. Antifa-Gruppen kündigten bereits Störaktionen an.

Tausende Polizisten allein in Berlin im Einsatz

Sollten sich die „Querdenker" nicht an die Corona-Regeln halten, habe ein schnelles Unterbinden der Infektionsrisiken Priorität, sagte Cablitz weiter. „Es geht darum, die Menschen zu zerstreuen, auf den Abstand zu bringen." Im schlimmsten Fall könnte es daher auch zum Einsatz von Wasserwerfern kommen. Das hatte Polizeipräsidentin Barbara Slowik ebenfalls angekündigt.

Aus der Szene der „Querdenker" kursiert ein weiterer Aufruf: Die Anhänger der teilweise vom Verfassungsschutz beobachteten Initiative wollen anscheinend vor Privathäusern von Politikern wie Angela Merkel und Jens Spahn demonstrieren - die Adressen sind im Aufruf angegeben. Dieser enthält zudem einen antisemitischen Beigeschmack, weil explizit auch der Zentralrat der Juden und das jüdischen Bildungszentrum „Chabad Lubawitsch" genannt sind.

Der Polizei sind der Aufruf sowie weitere bekannt. Auch andere beteiligte Behörden hätten Kenntnis darüber, sagte Cablitz. Aktuell würden alle Verantwortlichen die Lage bewerten.

Über 5.000 Polizisten sollen im Laufe des Feiertags in Berlin unterwegs sein. Die genaue Zahl soll erst am Samstag feststehen. Zwar forderte die Berliner Polizei auch Unterstützung aus anderen Bundesländern an. Das sei in diesem Jahr aber wegen zahlreichen weiteren Demonstrationen „schwierig", erklärte Polizeipräsidentin Slowik.

Brisante Gemengelage in Leipzig

Neben Berlin sieht sich Leipzig mit einer brisanten Gemengelage konfrontiert: Zahlreiche Proteste waren ursprünglich gegen eine angemeldete Versammlung von rund 1.000 „Querdenkern" am Völkerschlachtdenkmal geplant. Das berichtete die Leipziger Volkszeitung. Nun hat das Ordnungsamt das Vorhaben der „Bürgerbewegung Leipzig 2021″ mit Blick auf das Infektionsschutzgesetz untersagt. Auch ein geplanter Fahrradkorso der Gruppe darf nicht stattfinden.

Von dem Verbot betroffen ist auch ein Aufmarsch der rechtsextremen Kleinpartei „Der Dritte Weg". Auf dem Nachrichtendienst Telegram kündigten die Neonazis bereits an, bis in die letzte Instanz gegen das Verbot klagen zu wollen. Verschiedene linke Gruppen kündigten an, dennoch protestieren zu wollen. Der morgige Tag dürfte also bis zuletzt dynamisch bleiben.

Ähnlich sieht es in Weimar aus. Dort wollten prominente „Querdenker" vor dem Amtsgericht gegen die Ermittlungen wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen einen Amtsrichter demonstrieren. Dieser hatte die Maskenpflicht im Unterricht für rechtswidrig erklärt, das Verwaltungsgericht hob sein Urteil später auf. Mehrere angemeldete Kundgebungen wurden nun untersagt, gab die Stadt bekannt. „Weimar darf nicht zur Resterampe für andernorts abgesagte bzw. eskalierte Versammlungen dieser Art werden", betonte Oberbürgermeister Peter Kleine.

"Notorische NS-Verharmloser"

Die Demonstranten wollten weiße Rosen vor dem Amtsgericht niederlegen. Organisator Ralf Ludwig sagte: „Der Faschismus ist in Deutschland etabliert." Der Direktor der NS-Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, kritisiert solche Gleichsetzungen: „Ludwig setzt einmal mehr die Corona-Schutzmaßnahmen und rechtsstaatliche staatsanwaltliche Ermittlungen mit dem NS-Verbrechen gleich. Ludwig und seine Mitstreiter sind, man kann es nicht anders sagen, notorische NS-Verharmloser."

Nicht verboten ist eine Demonstration der NPD im mecklenburgisch-vorpommerschen Greifswald. Die Rechtsextremen wollen laut Ostseezeitung vom Hauptbahnhof aus durch die Stadt laufen. Zahlreiche Initiativen und die Stadt selbst wollen dagegen ein klares Zeichen setzen - darunter etwa das Bündnis „Greifswald für alle".

In Hamburg planen mehrere linke und linksextreme Gruppen in Hamburg ihre Demonstrationszüge. Bereits Freitagabend soll es erste Kundgebungen geben - unter anderem im Schanzenviertel und auf St. Pauli. Insgesamt seien zur Walpurgisnacht 13 stationäre Versammlungen angemeldet worden. Für Samstag seien zwei Dutzend stehende Versammlungen und fünf Aufzüge angemeldet, darunter eine Demo des Roten Aufbaus zum „revolutionären 1. Mai" und gleich mehrere Kundgebungen des Bündnisses „Wer hat, der gibt", deren Organisatoren aus der autonomen Szene kommen.

Generell gelte derzeit für Aufzüge eine maximale Teilnehmerzahl von 50 Personen, teilte die Polizei Hamburg auf Anfrage mit. Bei Versammlungen seien es 100, mit Ausnahmegenehmigung maximal 200 Teilnehmer. Ursprünglich hatte das Bündnis „Wer hat, der gibt" einen Aufzug durch Harvestehude mit 2.000 Demonstranten angekündigt. Das berichtete der NDR. Die Polizei rechnet mit einem gewaltfreien Verlauf.