Kampf gegen Corona

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"Brückenlockdown" im April? Kräftig Gegenwind für Laschets Idee

Der NRW-Ministerpräsident kündigt einen letzten Kraftakt im Kampf gegen die Pandemie an. Die Menschen seien dazu bereit und das Ziel sei in Sicht.

Im April soll das öffentliche Leben noch einmal weitgehend runter gefahren werden. | © AFP

05.04.2021 | 06.04.2021, 09:45

Berlin/Aachen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat den Vorschlag von NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU) abgelehnt, in einer vorgezogenen Ministerpräsidentenkonferenz über einen „Brücken-Lockdown" zu beraten. „Es ist, glaube ich, noch sehr viel unklar, was Herr Laschet damit meint", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz dem ARD-Hauptstadtstudio.

Update: "Verzweiflungstat"? Laschets "Brücken-Lockdown" spaltet

Laschets Vorschlag werfe viele Fragen auf. „Ein Brücken-Lockdown für eine Übergangszeit und dann mit welchen Maßnahmen? Und das soll so lange gelten, bis viele Menschen geimpft sind. Was heißt das alles?" Er glaube, da seien viele Überlegungen bei Laschet noch nicht abgeschlossen, sagte Müller. „Und insofern, glaube ich, macht es auch keinen Sinn, jetzt vorfristig zu einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenzukommen."

Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht während einer Pressekonferenz im Aachener Impfzentrum. - © picture alliance/dpa
Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht während einer Pressekonferenz im Aachener Impfzentrum. | © picture alliance/dpa

Der NRW-Ministerpräsident hatte sich angesichts der dritten Corona-Welle für einen harten und kurzen Lockdown im April ausgesprochen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte der Bild am Sonntag, ein kurzer konsequenter Lockdown könne der bessere Weg sein als „ein halbherziges und dafür endloses Corona-Konzept".

"Stückwerk und von Hektik geprägt"

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat ebenfalls skeptisch auf den Vorschlag reagiert, noch in dieser Woche in einer vorgezogenen Bund-Länder-Runde einen „Brücken-Lockdown" zu beschließen. „Wir können als Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gerne jederzeit zusammenkommen, aber da muss auch vorher was auf dem Tisch liegen, was wir dann auch wirklich gemeinsam beschließen und vor allem auch alle umsetzen", sagte er dem Spiegel. „Die aktuellen Wortmeldungen sind wieder Stückwerk und von Hektik geprägt."

Auch die Co-Vorsitzende der Linken, Janine Wissler, kritisierte Laschet. „Es ist unverantwortlich, dass man die Zahlen hat derart in die Höhe steigen lassen, dass so viele erkrankt und die Intensivstationen voll sind", sagte sie dem Spiegel. „Laschet hat tagelang rumgeeiert. Ob seine Vorschläge nun auf Einsicht beruhen oder weil er den Machtkampf gegen die Kanzlerin verloren hat, sei dahingestellt. Bei diesem Krisenmanagement wird einem auf jeden Fall angst und bange."

Divi-Präsident begrüßt Vorschlag

Mit einem solchen „Brückenlockdown" müsse die Zeit überbrückt werden, bis viele Menschen geimpft seien, sagte der CDU-Bundesvorsitzende am Montag nach einem Besuch des Impfzentrums der Städteregion Aachen gemeinsam mit dem Präsidenten der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx. Vor diesem Hintergrund sprach sich Laschet für ein Vorziehen der für den 12. April geplanten Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder auf die kommenden Tage aus.

Der Bund sei immer bereit, zu beraten, wenn es sich als erforderlich erweise, hieß es am Montag aus Regierungskreisen in Berlin. Eine solche Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse aber gut vorbereitet sein, so dass bereits vorher im Wesentlichen klar sei, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Eine schnell anberaumte MPK mit völlig unterschiedlichen Vorstellungen zwischen den Ländern dürfe es nicht noch einmal geben, hieß es weiter. Daher sei noch kein Termin festgelegt.

„Brücken-Lockdown" könnte auch Ausgangsbeschränkungen bedeuten

Die Lage erfordere es, „dass wir nochmal in vielen Bereichen nachlegen und uns Richtung Lockdown bewegen", sagte Laschet. Er sei sich bei seiner Einschätzung mit vielen Ministerpräsidenten, der Kanzlerin und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einig. Es seien nun mehr Tempo und klare Entscheidungen notwendig. Die Runde der Ministerpräsidenten mit Merkel müsse in dieser Woche in Präsenz tagen. „Wir dürfen nicht wieder eine Ministerpräsidentenkonferenz erleben wie beim letzten Mal. Mit stundenlangen Diskussionen, mit stundenlangen Auszeiten."

Gebraucht würden weniger private Kontakte, sagte Laschet mit Blick auf seine Forderung nach einem „Brücken-Lockdown". Das könnten auch Ausgangsbeschränkungen in den Abend- und Nachtstunden bedeuten. Diese seien ein effektives Mittel, um Kontakte im privaten Raum zu reduzieren. Zudem müsse man sich auf das Notwendige bei Kitas- und Schulen fokussieren - bei gleichzeitiger Absicherung durch flächendeckende und eng getaktete Tests.

„Es sind noch viel zu viele Menschen in Bewegung zum Arbeitsplatz"

Mehr müsse zudem im Bereich Homeoffice getan werden. „Es sind immer noch viel zu viele Menschen in Bewegung zum Arbeitsplatz", sagte Laschet. In den zwei bis drei Wochen des Lockdowns müsse die Homeoffice-Offensive der Wirtschaft nochmals vorankommen. Dazu werde die Bundesregierung diese Woche nochmals mit den Wirtschaftsverbänden auch über Testungen sprechen. Es müsse zudem bei der Schließung der Gastronomie bleiben, außerdem müsse es im gesamten Freizeitbereich nochmals eine Reduzierung geben.

Laschet lobte die Impfkampagne, die durch die Zusatztermine für die über 60-Jährigen, die sich mit Astrazeneca impfen lassen können, weiter Fahrt aufgenommen habe. Er prognostizierte ein deutlich zunehmendes Tempo bei den Impfungen, zu dem auch die Hausarztpraxen beitragen werden. Diese steigen ab Dienstag mit ins Impfgeschehen ein. „Das Ziel ist in Sicht, jetzt brauchen wir noch einmal einen Kraftakt für die letzten Meter", so Laschet.

Der Sommer werde der Wendepunkt in der Pandemie

Das Impfen bleibe die stärkste Waffe. Noch vor Beginn der Sommerferien werde deutlich mehr als die Hälfte der Deutschen mindestens ein Mal geimpft sein, sagte der CDU-Chef. Bis zum Ende des Sommers werde jeder Deutsche ein Impfangebot erhalten, versprach er. Der Sommer werde dann „der Wendepunkt in der Pandemie". In Nordrhein-Westfalen solle bis Ende April ein Fünftel der Bevölkerung geimpft sein.

Hoffnungen zahlreicher Kommunen, die sich als sogenannte Modellregion beworben hatten, in denen Lockerungen erprobt werden sollen, erteilte der CDU-Politiker vorerst eine Absage. „Man kann die Kommunen, die ausgewählt wurden, schon bekannt geben, aber es wird nicht in der nächsten Woche starten", stellte er klar.