
Paderborn. Der Paderborner Dom soll ein Mahnmal zu sexuellem Missbrauch in der Kirche bekommen. Das Erzbistum und das Metropolitankapitel haben gemeinsam mit der Betroffenenvertretung acht Künstler eingeladen, hierzu Entwürfe einzureichen. Auch ein möglicher Standort für das Denk- und Mahnmal wird bereits genannt.
Das geplante Kunstwerk soll sexuellen und geistlichen Missbrauch in der Kirche thematisieren. Es solle deutlich gemacht werden, „dass die Kirche das Versagen von Klerikern und Laien in Bezug auf den sexuellen oder geistlichen Missbrauch Schutzbefohlener, Kinder und Abhängiger, sieht, anerkennt, bereut und alle möglichen Maßnahmen ergreifen möchte, damit dies nicht weiter geschieht“, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung.
Gleichzeitig sollen die Betroffenen sichtbar einen Platz im Bereich des Domes und damit in der Kirche von Paderborn erhalten. Das Mahnmal solle zudem das Thema in die Gesellschaft tragen, um auch dort die Betroffenen sprachfähig und damit offen für Heilung zu machen.
Entscheidung für das Mahnmal im Dom ist gefallen
Ende März fiel dann die Entscheidung: Eine Jury hat sich aus den Beiträgen von acht Künstlern für den Entwurf von Christoph Brech aus München entschieden. Der Öffentlichkeit präsentiert wird er allerdings erst im April.
Dem Aufruf zum Künstlerwettbewerb folgte mit Herman Reichold auch ein Paderborner. Die Jury, zu der unter anderem Kirchen- und Betroffenenvertreter gehörten, entschied sich allerdings für den Entwurf aus München.
Christoph Brech ist vor allem mit Foto- und Videoarbeiten, Rauminstallationen und Arbeiten im öffentlichen Raum bekannt worden. Von ihm stammen unter anderem die Kirchenfenster in der Heilig-Kreuz-Kirche in München-Giesing, wofür er den Artheon-Kunstpreis der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst erhielt. Auch im Paderborner Diözesanmuseum hat er schon häufiger ausgestellt.
Lob vom Paderborner Erzbistum und Betroffenen
„Wir freuen uns sehr über die große Vielfalt der eingereichten Entwürfe“, unterstreicht Generalvikar Michael Bredeck. Sie reichten demnach von figürlichen bis hin zu interaktiven Installationen oder den ganzen Raum umfassenden Gestaltungen.
Der Vorsitzende der Betroffenenvertretung im Erzbistum, Reinhold Harnisch, sagt: „Wir sind zuversichtlich, dass das gefundene Ergebnis dem Wunsch, ein sichtbares Zeichen gegen Verdrängung und Vertuschung und zur Ermutigung für die Betroffenen zu setzen, gerecht wird.“ Insbesondere die Zukunftsorientierung des Entwurfs sowie dessen Interaktionsmöglichkeiten hätten die Betroffenen sehr stark angesprochen.
Paderborner Denkmal soll mehrere Themen enthalten
Das Paderborner Domkapitel habe gemeinsam mit der Betroffenenvertretung Themenbenannt, die sich in dem Denk- und Mahnmal am Dom wiederfinden sollen. Die Thematik der sexualisierten Gewalt in der Kirche sei jahrzehntelang im Dunkel gewesen, heißt es in der Ausschreibung. Verletzungen seien vielfach verdrängt und ins eigene seelische Dunkel abgeschoben worden.
Das Sprechen darüber und die Aufarbeitung könnten jedoch Licht ins Dunkel bringen und Heilung ermöglichen. Die Künstler sollen in ihren Entwürfen daher das Thema „Licht und Dunkel“ sowie „Schuld“ thematisieren. Diese sei nicht allein ein Thema in Bezug auf die Täter, vielmehr auch bei den Betroffenen sexualisierter Gewalt, die sich – fälschlicherweise – oft unbewusst eine Mitschuld geben würden, was zu weiterer Scham und Verdrängung führe. „So führt die Schuld der Täter oft zu Schuldgefühlen bei den Betroffenen“, erklären die Vertreter des Metropolitankapitels und Betroffenen im Auslobungstext.
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Standort im Atrium des Paderborner Doms

Ein möglicher Standort für das Mahnmal zur sexualisierten Gewalt kann den Angaben von Metropolitankapitel und Betroffenenvertretung zufolge das „Atrium“ auf der Nordseite desDomchores sein. Der Bereich, der Zugänge aus dem nördlichen Innenraum, vom Domplatz und durch den Westflügel des Kreuzgangs hat, sei ein sehr wertiger Teil des Domes und seiner Geschichte, wo die Schwelle vom Profanen zum Sakralen baulich manifestiert werde, heißt es zur Begründung.
Hier betrete man ganz klar den Paderborner Dom, sei aber dennoch nicht ganz drinnen, die Brigidenkapelle biete „Raum zum Verweilen und zur Kontemplation, von wo sich im besten Fall auch angesichts aller Verletzungen eine Tür in den Dom öffnet“.
Betroffene und Geistliche arbeiten in Paderborn zusammen
Die Planungen für das Mahnmal hatten noch in der Amtszeit von Erzbischof Hans-Josef Becker begonnen, als eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Domkapitels und Betroffenen gebildet wurde. Schon damals war ein Künstlerwettbewerb und ein Standort im Dom angedacht gewesen, die finale Entscheidung lag aber beim neuen Erzbischof. „Wichtig ist, dass sich die Kirche mit dem Denkmal auch zu ihrer Verantwortung bekennt“, sagte damals Reinhold Harnisch von der Betroffenenvertretung.
Zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Erzbistum Paderborn gehört auch eine Hinweistafel an Bischofsgräbern in der Domkrypta sowie eine unabhängige Untersuchung der Amtszeiten der Erzbischöfe Lorenz Kardinal Jaeger und Johannes Joachim Kardinal Degenhardt sowie Hans-Josef Becker.
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Wettbewerb und Ausstellung in Paderborn
Eine Ausstellung im Foyer des Erzbischöflichen Diözesanmuseums soll dann vom 4. April bis 18. Mai sowohl den Siegerentwurf als auch alle anderen eingereichten Entwürfe präsentieren (Eintritt frei). Begleitend zur Ausstellung seien Gespräche mit den Künstlern sowie zwei Gesprächsabende zum Thema Aufarbeitung sexualisierter Gewalt geplant.
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