Missbrauch-Betroffener: „Wir fordern aktivere Aufarbeitung vom Erzbistum Paderborn“

Der Paderborner Dom erhält ein Mahnmal zu sexuellem Missbrauch. Wie bewerten Sie, dass das Erzbistum Paderborn jetzt dieses sichtbare Zeichen setzt? Reinhold Harnisch: Es ist ein positives Zeichen - ein weiterer Baustein auf dem Weg zu Aufklärung, Anerkennung und auch Prävention. Wir begrüßen, dass uns insbesondere Dompropst Joachim Göbel und das Domkapitel so konstruktiv unterstützt haben, dieses Zeichen für Betroffene zu setzen. Ich denke, das ist auch ein Zeichen für Beschäftigte des Bistums, aber auch ein Signal in die Gesellschaft, dass das Thema &bdquo;Sexueller Missbrauch“ nicht länger verschwiegen oder unbeachtet darüber hinweg gegangen werden kann. Was bedeutet das Denkmal für die Betroffenen von Missbrauch im Erzbistum? Dieses Denkmal hat eine besondere Bedeutung für Betroffene: Es ist das erste Mal, dass sich das Erzbistum Paderborn so deutlich zu den Verfehlungen bekennt, sie bereut und alle Maßnahmen für die Zukunft ergreifen möchte, damit Missbrauch nicht wieder geschieht. Wie haben die Betroffenen auf die Nachricht reagiert, dass es ein Denkmal geben soll? Und wie waren die Reaktionen zum Siegerentwurf? Die Jahresversammlung der Betroffenen im Erzbistum Paderborn hat am vergangenen Wochenende in Paderborn stattgefunden. Der prämierte Entwurf von Christoph Brecht wurde allen Teilnehmern vorgestellt. Das Auswahlergebnis wurde von den Anwesenden einstimmig positiv bewertet. Den Vorstandsmitgliedern wurde für ihren Einsatz in der Jury und der Arbeitsgruppe &bdquo;Mahnmal“ große Anerkennung ausgesprochen. Wir alle sehen der Realisierung des Mahnmals mit großen Erwartungen entgegen. Jury kürt Siegerentwurf: Paderborner Dom bekommt Mahnmal zu sexuellem Missbrauch Was müsste die katholische Kirche im Erzbistum in Sachen Aufarbeitung über die Aufstellung des Denkmals hinaus noch leisten? Wir stellen fest, dass wir in Paderborn im Gegensatz zu anderen Bistümern in unserer Arbeit durchaus sehr positiv unterstützt werden und die Gespräche mit großer Ernsthaftigkeit und konstruktiv geführt werden. Aber: Viele Prozesse benötigen immer noch viel zu viel Zeit. Welche wären das zum Beispiel? Die Anerkennungsleistungen für Betroffene durch die &bdquo;Unabhängige Kommission zur Festsetzung von Anerkennungsleistungen“ in Bonn (UKA) ist heillos überfordert, die wachsende Zahl an Anträgen und Widersprüchen zu erledigen. Betroffene warten inzwischen teilweise über zwei Jahre auf Bescheide. So ist dieses Verfahren nicht mehr tragbar. Für viele Betroffene im höheren Alter besteht die Gefahr, dass Sie die Bescheide zu ihren Anträgen nicht mehr erleben. Für alle anderen ist es eine ungeheuere Zumutung, diese Wartezeiten zu ertragen. Allein die vorangegangenen Antragsverfahren und Befragungen haben viele Betroffene re-traumatisiert und stellen eine hohe psychische Belastung dar. Darüber haben wir in der Betroffenenversammlung auch mit Erzbischof Udo Markus Bentz diskutiert. Er hat zugesagt, diese Kritik (&bdquo;So kann das nicht weitergehen!“) in die Deutsche Bischofskonferenz zu tragen. Die Betroffenenversammlung hat daher eine Resolution als Forderung an die Deutsche Bischofskonferenz beschlossen, diesen Mangel unverzüglich abzustellen. Hier sollten sich die Erzbischöfe und Bischöfe schnellstens auf Lösungen einigen, da die bisherige Regelung völlig versagt und keine Besserung für die Zukunft erkennbar wird. Missbrauch: Über Verfehlungen der Paderborner Bischöfe wird an ihren Gräbern und online informiert Was fordern Sie vonseiten der Betroffenen darüber hinaus? Einen deutlich aktiveren Umgang mit dem Thema &bdquo;Sexueller Missbrauch“ bei den Verantwortlichen und Beschäftigten des Erzbistums im Rahmen der Aufarbeitung in den eigenen Reihen. Diese Aufgabe sollte nicht nur unabhängigen Kommissionen oder Wissenschaftlern überlassen bleiben. Zur Verantwortung gehört für uns auch, einen eigenen Beitrag des Bistums zu sehen.

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