Tafel vor ihren Gräbern

Missbrauch: Über Verfehlungen der Paderborner Bischöfe wird auch online informiert

Die Hinweistafel in der Krypta des Doms ist um einen QR-Code ergänzt worden. Das Metropolitankapitel veröffentlicht auf der Homepage einen Text zu den in der Krypta bestatteten Geistlichen.

Dompropst Monsignore Joachim Göbel (r.) und Reinhold Harnisch stellen die neue Informationsseite vor, auf der über „Licht und Schatten“ in der Biografie der in der Krypta des Paderborner Domes beigesetzten Erzbischöfen informiert wird. Darunter ist der QR-Code zu zuerkennen, der zu den Informationen führt. | © Thomas Throenle/Erzbistum Paderborn

16.01.2024 | 16.01.2024, 17:30

Paderborn. In der Krypta des Hohen Domes haben Dompropst Monsignore Joachim Göbel als Vertreter des Paderborner Metropolitankapitels und Reinhold Harnisch, Vorstand der Unabhängigen Betroffenenvertretung im Erzbistum Paderborn, jetzt eine neue Informationsseite im Internet vorgestellt: „Kurz, offen und klar“ skizziere das Paderborner Metropolitankapitel auf seiner Homepage Leben und Wirken der in der Domkrypta beigesetzten Erzbischöfe, teilt das Erzbistum Paderborn mit.

Die im Juli 2023 an den Grablegen der beiden Paderborner Erzbischöfe Lorenz Kardinal Jaeger und Johannes Joachim Kardinal Degenhardt aufgestellte Tafel mit Hinweisen zu Verfehlungen im Umgang mit Missbrauchsfällen wurde um einen QR-Code ergänzt, mit dem Interessierte auf die Internetseite mit den Daten der Erzbischöfe gelangen. Dort werde „ein massives Versagen der Kirche und ihrer Vertreter“ im Umgang mit dem sexuellen Missbrauch Minderjähriger deutlich ausgesprochen. Zugleich finden sich dort die Lebensdaten der beigesetzten Erzbischöfe inklusive ihrer spezifischen Lebensleistung.

Das Interesse im Hinblick auf die vom Metropolitankapitel in der Bischofsgruft aufgestellten Hinweistafel zum Versagen der ehemaligen Paderborner Erzbischöfe im Umgang mit Opfern und Tätern sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen sei weiterhin groß und löse unterschiedliche Reaktionen aus, sagte Göbel. „Es gab Anerkennung, Respekt und Zustimmung, aber auch Ablehnung, Protest, Beschädigung und Diebstahl.“

„Ein massives Versagen der Kirche und ihrer Vertreter“

Göbel sei dankbar, dass die neue Informationsseite im Internet nun eine differenzierte Wahrnehmung der in der Krypta bestatteten Erzbischöfe ermögliche. „Es ist durch die bereitgestellten Informationen zu erkennen, dass sich Licht und Schatten in den Biografien der Erzbischöfe vereinen. Es gibt Leistungen, die zu würdigen sind, zugleich aber auch inakzeptables Verhalten, das wir erkennen müssen und dem wir heute mit Unverständnis und Ablehnung gegenüberstehen.“

Das Metropolitankapitel habe den unter www.dom-paderborn.de unter der Rubrik „Grablege“ veröffentlichten Text mit der Unabhängigen Betroffenenvertretung im Erzbistum Paderborn abgestimmt: „Im Rahmen der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Paderborn durch Kleriker und dem unangemessenen Umgang der Verantwortlichen des Erzbistums mit Opfern und Tätern wurde das Handeln vor allem der Erzbischöfe Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degenhardt intensiv – auch wissenschaftlich – untersucht. Diese Aufarbeitung ist Anlass dafür, diese Problematik – auch an den Gräbern – zu nennen. Leben und Wirken der Erzbischöfe waren insgesamt sehr vielfältig und in vielerlei Hinsicht segensreich, doch auch der Umgang mit dem Missbrauch und den Tätern gehört zu ihren Amtszeiten und steht für ein massives Versagen der Kirche und ihrer Vertreter, das unsägliches Leid über die Opfer gebracht hat und unter dem viele Betroffene heute noch leiden.“

Aufklärung über Umgang mit sexuellem Missbrauch

„Es ist ein Baustein der Aufarbeitung“, erklärt Harnisch. Die Hinweistafel und ihr QR-Code, der auf die neue Informationsseite führt, seien ein Beitrag. Ziel sei die Aufmerksamkeit für den geschehenen sexuellen Missbrauch Minderjähriger im Raum der Kirche sowie den inakzeptablen Umgang der Kirche mit Betroffenen und Tätern aufzuklären, so Harnisch.

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Es gehe Betroffenen nicht darum, die Verdienste der verstorbenen Kardinäle zu beschneiden, „aber wo es Verfehlungen und Versagen gab, bedarf dies nach langen Jahrzehnten des Leugnens, des Schweigens und Vertuschens einer klaren Darstellung und einer detaillierten Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels in der Geschichte des Erzbistums, an dem sich die heute Verantwortlichen nun endlich auch beteiligen“, betont Harnisch als Sprecher der Betroffenen-Vertretung im Erzbistum Paderborn.