
Paderborn. Diese Demonstration könnte in Paderborn noch lange nachhallen. 1.000 Menschen werden Montag ab 18 Uhr auf dem Parkplatz des Schützenhofs erwartet, um unter dem Motto „AfD auf Eis legen“ gegen rechtsradikale Tendenzen ihre Stimme zu erheben. Parteien und Verbände haben zur Teilnahme aufgerufen.
Unterstützung für das Bündnis gibt es jetzt von Bürgermeister Michael Dreier (CDU) und den Paderborner Schützen.
Mit deutlichen Worten gegen Rassismus und Ausgrenzung bezieht der Oberst des Paderborner Bürger-Schützenvereins (PBSV), Thomas Spieker, öffentlich Stellung. Schließlich findet ein AfD-Treffen am Montagabend, das Auslöser für die Gegendemo ist, im Schützenhof statt. Der Raum war dazu von der Stadthallenbetriebsgesellschaft an die AfD vermietet worden.

In seinem Brief an die lieben „Schützenschwestern und Schützenbrüder“ betont Spieker am Sonntag die „christliche Nächstenliebe“ als „Klammer unseres Vereins“. Zu einem klaren Aufruf an die Schützen, an der Demo teilzunehmen, kann er sich jedoch nicht durchringen.
Rückendeckung für die Demonstration
Volle Rückendeckung für die Demonstration gegen rechte Hetze kommt von Bürgermeister Dreier. Er selbst könne krankheitsbedingt nicht teilnehmen, sagt aber: „Ich finde es gut und richtig, dass die Menschen auf die Straße gehen und ein klares Zeichen der Solidarität, der Toleranz und des Zusammenhaltes setzen.“ Auch die Parteien Bündnis 90/Die Grünen, SPD, und Die Linke sowie separat die CDU mahnen in am Sonntag veröffentlichten Erklärungen davor, dass derzeit Rechtsextremisten „die Verfassung mit Füßen treten und menschenverachtende Pläne in Hinterzimmern schmieden“.
Schütze Spieker betont zwar, dass er „sehr vorsichtig mit politischen Äußerungen“ sei, schließlich sei der PBSV „überparteilich“. Dennoch macht er klar, für wie bedeutend er etwa Migration hält – und in ihr eine Bereicherung für Gesellschaft und Schützen sieht: „Es ist bemerkenswert, dass der erste Kommandeur des PBSV, Andreas Ferrari, italienische Wurzeln hatte. Die königlichen Hoheiten aus Schweden, die Majestät und der Leutnant mit türkischen Wurzeln, der königliche Standartenträger und der frischgebackene Unteroffizier mit iranischen Wurzeln, der irische Oberstleutnant, der portugiesische Unteroffizier, der britische Sergeant – all diese Persönlichkeiten und noch viele, viele mehr zeigen, dass unser ehemaliges Jahresmotto „Menschen verbinden – Freundschaften pflegen“ topaktuell ist: Menschen zu verbinden – auch Menschen, die neu in unsere Stadt kommen – ist seit 1831 eine unserer größten Stärken.“
Rassismus habe keinen Platz im PBSV
Spieker formuliert deutlich in Richtung aller, die Zuwanderung ablehnen: „Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung haben keinen Platz in unserem PBSV.“ Die christliche Nächstenliebe als Basis des Schützengedankens unterscheide „nie nach Herkunft, Hautfarbe oder Religion“.
Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zitiert SPD-Größe Kurt Schumacher, wonach Demokratie auf dem Prinzip von Gegenseitigkeit und Ehrlichkeit beruhe. Die Schützen fordert der Oberst in seinem Brief auf, an die Politik zu appellieren, gesellschaftliche Herausforderungen zu benennen und in Parlamenten um Lösungen zu ringen. Bürgerinnen und Bürger wendeten sich aktuell vom Gemeinwesen ab.
Spieker: „Wir sollten daher als Paderborner Schützen, gerade auch im Hinblick auf die AfD-Veranstaltung, unsere demokratischen Politiker ermutigen, die heißen Eisen unserer Zeit zu schmieden. Das ist das beste Mittel gegen das Erstarken politischer Extrempositionen an den Rändern des politischen Spektrums.“

Bürgermeister Dreier dankt derweil ausdrücklich den Initiatoren der Gegendemo: „Ich spreche mich klar und deutlich gegen die rechtsextremen Ideen aus. Der Begriff ’Remigration’ darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Er ist ein Paradebeispiel für die verschleierte Sprache der Rechtsextremen. Der Begriff erinnert an die schlimmste Zeit und ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie. Wir alle können einen Beitrag dazu leisten, dass Ausgrenzung keinen Platz in unserer Mitte findet.“
In Paderborn lebten 140 Nationen friedlich und verständnisvoll zusammen. Dreier appelliert „an uns alle, weiterhin für Solidarität, Respekt für den Nächsten und eine von Offenheit geprägte Kultur einzustehen“.
Vertreter aller Parteien werden erwartet
In ihren Erklärungen warnen unterdessen die demokratischen Paderborner Parteien davor, dass die AfD es systematisch versuche, „völkisches und menschenverachtendes Gedankengut in die Gesellschaft zu bringen und Diskursverschiebungen vorzunehmen“.
Die nahezu wortgleichen Statements der Parteien sollen auch vor dem Schützenplatz verlesen werden, Vertreter aller Parteien werden vor Ort erwartet. In der Erklärung heißt es auch: „Die AfD nutzt alle Möglichkeiten unserer Demokratie und offenen Gesellschaft und verbirgt gar nicht mehr, dass sie diese Demokratie und die plurale offene Gesellschaft mit Toleranz und Solidarität zutiefst verachtet, und abschaffen will.“
Breite Unterstützung der Demo
Für die Demonstration auf dem Parkplatz vor dem Masperntor des Schützenplatzes hat das Bündnis der Veranstalter eine Rednerliste zusammengestellt.
Neben der Verlesung der Erklärung der demokratischen Parteien kommen auch Vertreter von Organisationen zu Wort.
So sind eingeplant Wortbeiträge des DGB, vom Verein Seebrücke, vom Runden Tisch Armut, Fridays for Future, der Antirassistischen Aktion Paderborn, des Vereins für Menschen in Abschiebehaft sowie der evangelischen und der katholischen Kirche.
Bündnis-Sprecher Johannes Menze (Grüne) sagt: „Wir sind froh, eine so bunte Mischung präsentieren zu können, die für die Paderborner Stadtgesellschaft steht.“