Hunderte Traktoren: Bauernprotest im Kreis Paderborn ist neun Kilometer lang

Kreis Paderborn. Da, wo normalerweise die Autos der SCP-Zuschauer an der Home-Deluxe-Arena parken, stehen am Montagmorgen bereits 450 Traktoren. Weitere Traktoren kommen durch die dichten Straßen mit Verspätung an. Sie alle sind da mit dem Ziel, auf ihre Situation als Landwirte aufmerksam zu machen. Lars Hagenmüller aus Paderborn-Elsen ist einer der Ersten an diesem Morgen. Hagenmüller ist Landmaschinen-Mechatroniker und hat zu Hause einen landwirtschaftlichen Betrieb. &bdquo;Die Kosten für uns steigen enorm“, sagt er. &bdquo;Wenn die Politik die Subventionen abschafft, können wir diese Kosten nicht mehr stemmen.“ Sein Vater Thomas Hagenmüller ist wie sein Sohn in der Landwirtschaft groß geworden. Der Betrieb der Hagenmüllers beschäftigt sich mit Fahrzeugen für die Nutzung in der Landwirtschaft. &bdquo;Das ist ein systemrelevanter Betrieb“, sagt Thomas Hagenmüller. Durch die Bürokratie werde ihm und seinem Betrieb Steine in den Weg gelegt. Die junge Landwirtin Cindy Vollmer-Halsband aus Paderborn ist mit ihrem Traktor nicht alleine wegen des Agrardiesels gekommen. &bdquo;Ich streike für all das, was die letzten Jahre in der Landwirtschaft passiert ist“, sagt sie. Oft werde sie jetzt gefragt, was Landwirte vor den Subventionen gemacht hätten. Ihre Antwort: &bdquo;Ich stelle mir das wie eine Säule vor: Die Subventionen sind unten und oben ist das, was wir verdienen.“ Streiche man die Subventionen Stück für Stück, kämen die Landwirte nicht mehr an den Verdienst ran. CDU-Generalsekretär lobt friedlichen Protest Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV) und Vorsitzender des WLV-Kreisverbands Paderborn, eröffnet die Veranstaltung mit der Begrüßung der anwesenden Gäste aus der Politik. Dazu gehören der Generalsekretär der CDU und Paderborner Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann, die Landtagsabgeordneten Bernhard Hoppe-Biermeyer (CDU) und Norika Creuzmann (Grüne) sowie Landrat Christoph Rüther (CDU). Auch Landtagsabgeordneter Marc Lürbke von der FDP war laut WLV geladen, erschien aber nicht. Linnemann lobt die Landwirte für ihren friedlichen Protest an diesem Tag. &bdquo;Es fehlt die Kommunikation mit den Landwirten“, sagt er mit Blick auf die aktuelle Regierung. Die Ampelkoalition treffe Entscheidungen, aber die daraus resultierende Verantwortung gegenüber den Landwirten übernehme sie nicht. Die Ampel müsse verstehen, dass die Landwirtschaft nicht nur Unterstützung brauche, &bdquo;sondern faire Marktpreise.“ Die Reaktionen auf Linnemanns Rede wechseln sich zwischen zustimmendem Klatschen und kritischen Zurufen ab. Diese zielen auf die frühere Regierungsbeteiligung der CDU ab. Protestler rufen in Creuzmanns Ansprache rein Laut Grünen-Politikerin Norika Creuzmann sei es zudem nicht fair ist, dass Landwirte, die einen Prozent der Bevölkerung ausmachten, sechs Prozent der Einsparungen tragen müssten. &bdquo;Dieser Ansatz ging zu weit und wird auch nun so nicht umgesetzt“, sagt Creuzmann. &bdquo;Die Kürzungen der umweltschädlichen Subventionen und die Steuererleichterungen müssen über alle Bereiche hinweg erfolgen.“ Dabei betont sie noch einmal, dass Hass und Gewalt keinen Platz bei einer demokratischen und friedlichen Demonstration haben dürfen und lobt den Bauernverband für seine klare Distanzierung von aufbrausenden Protestaktionen, so wie sie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der vergangenen Woche widerfahren sind. &bdquo;Das ist beschämend und widerwärtig“, sagt Creuzmann. Über ihre Rede hinweg gibt es immer mal wieder Rufe aus dem Publikum, die die Regierung als unfähig degradieren. Creuzmanns Antwort daraufhin: &bdquo;Wer schreit, hat unrecht.“ Auch Christoph Rüther betont, dass der Kreis Paderborn hinter den Landwirten steht. &bdquo;Danke für das, was ihr jeden Tag tut“, sagt er. Auch die friedliche Demonstration lobt Rüther. Das ändere aber nichts an der Dringlichkeit der Proteste. Auch er kritisiert die Regierung, die über die Köpfe der Landwirte hinweg entscheiden würde. Laut Rüther sei es bildlich gesprochen &bdquo;schon fünf nach zwölf“. Der westfälische EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU) äußert sich zudem per Mitteilung zu den Protesten der Landwirte und sichert ihnen seine Unterstützung zu. &bdquo;Ich kann die protestierenden Bauern gut verstehen. Auch wenn die Bundesregierung die vorgeschlagenen Kürzungen teilweise zurückgenommen hat, bliebt es ein Problem, dass die Ampel eine Wettbewerbsverzerrung zulasten deutscher Landwirte in der Europäischen Union plant.“ 750 Konvoi-Fahrzeuge, darunter 450 Traktoren, auf der B1 Um kurz vor 11 Uhr ist die Veranstaltung beendet und die Maschinen setzen sich in Gang, um auf die B1 zu fahren. Brummende Dieselmotoren reihen sich in die Schlange der Auffahrt ein. Insgesamt sind laut Polizei Paderborn 750 Fahrzeuge in dem Konvoi unterwegs, darunter 450 Traktoren. Der WLV geht von 200 Traktoren zu Beginn aus. &bdquo;Dass mehr kommen, als angemeldet sind, ist bei solchen Veranstaltungen normal“, sagt Polizeisprecher Mark Heinemann. Lesen Sie auch: Der Liveticker zum Bauernprotest im Kreis Paderborn Der Konvoi legt laut Polizei Paderborn eine Strecke von rund 50 Kilometern zurück. Dabei fahren die Teilnehmenden ab der Home-Deluxe-Arena bis nach Bad Lippspringe und über Salzkotten zurück zum Startpunkt. Die 750 Fahrzeuge ergeben zusammen eine Konvoi-Länge von etwa neun Kilometern. Aufgrund dieser Länge verzögert sich das Ende der Veranstaltung um viereinhalb Stunden. So treffen die letzten Traktoren nicht wie geplant wieder um 13 Uhr an der Arena an, sondern erst um 17.30 Uhr. Weitere Protestaktionen im Kreis Paderborn Abseits des vom WLV organisierten Korsos über die B1 finden am Montag zwei weitere Protestaktionen im Kreis Paderborn statt. Eine startet morgens um kurz vor 8 Uhr in Lichtenau-Husen mit dem Ziel Paderborn-Mönkeloh. Hierbei zählt die Polizei etwa 120 Fahrzeuge, davon 100 Traktoren. Eine dritte Veranstaltung führt rund 200 Menschen zum Paderborner Maspernplatz. Der Protest dort richtet sich allgemein gegen die Politik der Ampelkoalition und wurde organisiert von Initiativen, die in der Vergangenheit gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert hatten. Unter anderem auch Corona ist Thema, als ein Redner einen entsprechenden Untersuchungsausschuss gegen verantwortliche Politiker fordert. Nach Meinung einzelner Redner müsse die Ampel-Koalition beendet werden. Die oppositionelle CDU wird ebenfalls kritisiert. Die meisten Teilnehmenden der Kundgebung kommen mit ihrem Privat-Pkw, auch Spediteure mit Lkw sind vertreten. Vereinzelt nehmen Landwirte mit ihren Traktoren teil. Der WLV distanzierte sich zuvor von dieser Protestaktion. Einige Teilnehmende der Kundgebung auf dem Maspernplatz fahren anschließend in einem Korso weiter nach Bielefeld. Die Polizei begleitet die etwa 70 Fahrzeuge, Traktoren sind dann nicht dabei.

Meistgelesen