"Reinen Tisch machen": Reaktionen auf Sexismus-Vorwürfe beim Padersprinter

Paderborn. Gleich mehrere aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen des Padersprinter werfen einem Vorgesetzten vor, sie teilweise über Jahre hinweg sexuell belästigt zu haben. Eine Mitarbeiterin verklagt ihren Arbeitgeber, weil der das Verhalten geduldet habe (die "NW" berichtete). Der Padersprinter dagegen bestreitet, seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen zu sein. Statement des Padersprinter Eine Woche nach Öffentlichwerden der Vorwürfe äußerte sich jetzt Padersprinter-Geschäftsführer Oliver Eikenberg gemeinsam mit Bürgermeister Michael Dreier, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der zuständigen Kommunalbetriebe ist, in einem gemeinsamen Statement. Sexuelle Diskriminierung am Arbeitsplatz werde nicht geduldet. Der Padersprinter sei als Arbeitgeber den Vorwürfen der Arbeitnehmerin "jeweils ordnungsgemäß und sorgfältig nachgegangen", heißt es. So einig, wie sich das Unternehmen und Bürgermeister in dem Statement geben, scheinen sich allerdings nicht alle Mitglieder im Aufsichtsrat zu sein. In dem Gremium, dessen Aufgabe auch die Kontrolle der städtischen Betriebe und Gesellschaften ist, sitzen Vertreter aller Ratsfraktionen. Darunter sind auch viele der Fraktionsvorsitzenden. Reaktionen Die Fraktionsvorsitzenden äußern sich mit Blick auf den konkreten Fall gegenüber der "NW" mehrheitlich zurückhaltend. Sie betonen, dass zunächst die Unschuldsvermutung gelte und noch nicht alle Details geklärt seien. Klaus Schröder, Fraktionsvorsitzender der Grünen, spricht von einer "heftigen Angelegenheit", die unbedingt aufgeklärt werden müsse und das Potenzial habe, dem Padersprinter "sehr zu schaden". Markus Mertens, Chef der CDU-Fraktion, findet es schwierig, den konkreten Fall zu beurteilen. Gleichzeitig betont er aber, dass er Sexismus grundsätzlich verurteile. Franz-Josef Henze spricht von einem "verwerflichen Vorgehen" des Mitarbeiters, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. Es sei richtig und wichtig, wenn sich Betroffene Gehör verschaffen, schreibt die FDP in einem Statement. Der Vorwurf von strukturellem Sexismus habe die Liberalen "sehr schockiert und ist ernst zu nehmen". Verani Kartum (fraktionslos) kritisiert mit Blick auf die Rassismus-Vorwürfe, dass es beim Padersprinter diesbezüglich keine Strukturen und Meldesysteme gebe. Deutliche Worte findet Reinhard Borgmeier, Vorsitzender der Linksfraktion: Dass davon auszugehen sei, dass es sich nicht um Einzelfälle handele, mache das Ausmaß des Problems deutlich. Darauf hätte "früher und konsequenter" reagiert werden müssen, meint er und fordert von den Verantwortlichen, "offensiv reinen Tisch zu machen". Für den Padersprinter, der händeringend Busfahrer sucht und wegen Personalmangels über Monate nur nach Sonderfahrplan fuhr, könnten die Vorwürfe "existenziell" werden. Sondersitzung Die Fraktion Für Paderborn hat sich in einem offenen Brief an Bürgermeister Michael Dreier in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender gewandt. Die Berichte über mögliche sexuelle Belästigungen gäben Anlass zur Sorge, schreibt Stephan Hoppe und fordert eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrates. Ziel müsse sein, "alle Sachverhalte rückhaltlos aufzuklären und verlorenes Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen". Von einer solchen Aufsichtsratssitzung außerhalb der Reihe halten die meisten anderen Fraktionen wenig, weil noch zu viele Details unklar seien. "Solange die Fakten nicht belastbar geklärt sind, hat das wenig Sinn", sagt beispielsweise Henze. Dass die Vorwürfe Thema für den Aufsichtsrat seien, da sind sich die Kommunalpolitiker aber weitgehend einig. So fordert etwa die Ratsfraktion Die Fraktion, "eine für die Öffentlichkeit transparente Aufklärung des Sachverhalts". Dieser Verantwortung solle sich der Aufsichtsrat stellen. Rolle des Aufsichtsrates Thema seien die jetzt öffentlich gewordenen Vorwürfe gegen den Padersprinter in den Sitzungen, die etwa dreimal pro Jahr stattfinden, bislang nicht gewesen. Die Geschäftsleitung des Padersprinter solle aus ihrer Sicht zum aktuellen Stand berichten und erläutern, welche Maßnahmen bislang ergriffen wurden, "um potenzielle Verstöße zu verhindern, zu dokumentieren und zu ahnden", fordert Für Paderborn. Auch Borgmeier meint, der Aufsichtsrat müsse jetzt proaktiv handeln. Das erwarte er auch vom Vorsitzenden Dreier: "Mit so einem Thema muss man maximal sensibel umgehen - das ist aber nicht passiert", kritisiert er dessen langes Schweigen. "Sollte es zu Verletzungen der Fürsorgepflicht seitens des Padersprinter gekommen sein, erwarten wir, dass Geschäftsführung oder Aufsichtsorgan des Padersprinter entsprechende Konsequenzen ziehen“, fordert die FDP. Sollten sich die Vorwürfe als zutreffend erweisen, müsse im Aufsichtsrat "Transparenz für die Öffentlichkeit geschaffen werden, welche Instanzen von diesen Missständen wussten" und welche Maßnahmen zur Besserung des Betriebsklimas ergriffen wurden, sagt Marvin Weber (AfD). Ausblick Mehr Klarheit in die Vorwürfe könnte die Verhandlung vor dem Paderborner Arbeitsgericht bringen. Dort ist für Montag, 24. April, ein Kammertermin angesetzt, nachdem der Gütetermin zwischen Angestellter und Padersprinter im November gescheitert war. Auch danach dürfte die Diskussion in den politischen Gremien wohl nicht enden: Für den darauffolgenden Tag ist inzwischen die nächste Sitzung des Aufsichtsrates der Paderborner Kommunalbetriebe angesetzt - die hätte regulär eigentlich erst Ende Mai stattfinden sollen.

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