Paderborner Jobcenter-Chefin zum Bürgergeld: Sanktionen schaffen Verbindlichkeit

Paderborn. In den Augen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist das Bürgergeld "die größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren". Deutliche Kritik dagegen hat jüngst das Paderborner Arbeitslosenzentrum (PadAlz) geäußert: Die Hartz-IV-Reform sei alter Wein in neuen Schläuchen (die NW berichtete). Beim Paderborner Jobcenter wiederum beurteilt man das Bürgergeld ein wenig anders. "Generell begrüßen wir die Neuausrichtung", sagt Barbara Schäfer, Geschäftsführerin des Paderborner Jobcenters. Den betroffenen Menschen bringe das Bürgergeld positive Effekte, etwa den stärkeren Fokus auf die Aus- und Weiterbildung und die Nachhaltigkeit der Vermittlung. So entfällt der sogenannte Vermittlungsvorrang. Künftig gilt: Ausbildung vor Aushilfsjob, mit dem Ziel, langfristige Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Ein Weiterbildungsgeld von 150 Euro pro Monat dient als Anreiz. Zudem gibt es längere Fördermöglichkeiten: Ein Berufsabschluss kann künftig auch dann gefördert werden, wenn er unverkürzt - also über drei statt zwei Jahre - gemacht wird. Dies seien auch wichtige Forderungen der Bundesagentur für Arbeit gewesen. "Es ist gut, dass diese berücksichtigt worden sind", so Schäfer, und dass die langjährigen Erfahrungen aus der Arbeit mit den Kunden im Gesetz einbezogen wurden. Dazu habe auch die offene und vielschichtige Diskussion beigetragen, die sie allerdings als Jobcenter-Geschäftsführerin nicht inhaltlich bewerten wolle. Lesen Sie auch: "System wurde nicht abgeschafft" - Paderborner Verein kritisiert Bürgergeld Kontrovers wurde die Debatte zuletzt geführt. Ein Argument dabei: Durch das Bürgergeld, mit dem auch eine Erhöhung des Regelsatzes um etwa 50 Euro für Alleinstehende einhergeht, fehle der Anreiz, arbeiten zu gehen, weil der Abstand zum Mindestlohn zu gering sei. "Das Gesetz enthält aus unserer Sicht sehr wohl Anreize zur Arbeitsaufnahme", findet Schäfer. Arbeit habe in erster Linie eine soziale Funktion und ermögliche gesellschaftliche Teilhabe. Zudem stehe den Leistungsberechtigten durch die geplanten höheren Freibeträge insgesamt ein höheres Einkommen zur Verfügung. Wer zwischen 520 und 1.000 Euro verdient, soll laut Bundesarbeitsministerium mehr von seinem Einkommen behalten können. Die Freibeträge werden auf 30 Prozent angehoben. "Das ist eine ganz klare Motivation", sagt Schäfer. Ob das Gesetz letztlich zum Erfolg werde und mehr Menschen in Arbeit vermittelt werden, hänge allerdings auch von der wirtschaftlichen Gesamtsituation und dem Arbeitsmarkt ab. Wie wichtig sind Sanktionen in der Praxis? Diskussionen gab es auch um die Sanktionen. Ursprünglich sah der Gesetzentwurf eine halbjährige Vertrauenszeit vor, in der nur eingeschränkt Leistungskürzungen drohten, etwa wenn die Bezieher wiederholt Termine beim Jobcenter verpassten. Die Union war strikt dagegen. Wie wichtig sind Sanktionen in der Praxis? Im Kreis Paderborn wurden nach Angaben des Jobcenters zuletzt innerhalb von 12 Monaten gegen 512 Personen Sanktionen erlassen. Das entspricht einem Anteil von vier Prozent. "Unser Handeln ist, war und wird auch in Zukunft nicht auf Leistungsminderungen ausgerichtet sein", betont Schäfer. Es sei ihrer Einschätzung nach aber wichtig, dass es in der Zusammenarbeit weiterhin eine Verbindlichkeit gebe. Sportlich ist der Zeitplan für die Umsetzung: In weniger als fünf Wochen tritt das Bürgergeld in Kraft. "Wir haben nun Klarheit und können loslegen", sagt Schäfer. Die Vorbereitungen hätten bereits begonnen. Die pünktliche Auszahlung der Leistungen, inklusive der erhöhten Regelsätze, sei für alle Bedarfsgemeinschaften in Paderborn gewährleistet.

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