Paderborner Eigentümer verärgert über Hürden bei der Grundsteuererklärung

Paderborn. Gisbert Gehlen sagt von sich selbst, dass er mit seinen 73 Jahren noch ziemlich fit sei. Jetzt im Ruhestand fährt er zum Beispiel gerne mit seinem Mercedes durch die Region. Im Internet ist er hingegen nicht mehr unterwegs, seinen Laptop hat er verschenkt. Den brauche er jetzt nicht mehr. Dass er keinen Online-Zugang hat, sorgt nun aber für ein Problem. Denn Gehlen ist Grundstückseigentümer und muss seit Monatsbeginn - wie viele andere Menschen im Kreis Paderborn - eine Feststellungserklärung für die Grundsteuer abgeben. Und zwar digital, zum Beispiel über das Portal Elster. Das ärgert ihn, denn Eigentümer wie er würden dadurch vor hohe Hürden gestellt. Auch hält er die Erklärung, die er ausfüllen muss, für zu kompliziert. Was sagt das Finanzamt dazu? Auf Papier nur in Ausnahme Gehlen ist sich sicher, dass er nicht der einzige mit diesem Problem ist. "Es gibt Menschen, die nicht in der Lage sind, das Internet zu nutzen, oder daran kein Interesse haben", meint der 73-Jährige. Dem kann Dirk Winthuis, Vorsitzender bei Haus & Grund Paderborner Land, zustimmen. Die Digitalisierung sei zwar "schön und gut". Aber: Viele Eigentümer seien ältere Mitbürger. "Und für sie ist die Online-Erklärung ein technisches Hemmnis", sagt Winthuis. In solchen Fällen rät die Oberfinanzdirektion Münster, sich Unterstützung für die Abgabe bei Elster zu holen. "Die Feststellungserklärung kann auch über den Zugang von nahen Angehörigen oder über andere Software-Anbieter, die diesen Service anbieten, abgegeben werden", sagt Sprecher Gianluca Fischer auf nw.de-Nachfrage. Für Gisbert Gehlen kam aber auch das nicht infrage. Er möchte seine Erklärung gerne klassisch in Papierform ausfüllen, hat sich daher an das Paderborner Finanzamt gewandt und das Formular ganz physisch erhalten. In Ausnahmefällen und als letzte Alternative sei dieser Weg möglich, bestätigt Martin Kaufmann, Leiter des Finanzamtes Paderborn. "Ein paar Hundert Papierbögen haben wir schon rausgeschickt." Das Finanzamt habe Verständnis, wenn ein Bürger oder eine Bürgerin bislang keinen Elster-Zugang besitze. Zugleich betont er, dass Elster definitiv bevorzugt werde. "Das erleichtert uns die Arbeit", so der Finanzamt-Leiter. Papierformulare müssten eingescannt werden; da es dabei zu Scanfehlern kommen könne, müssten die Daten immer händisch überprüft werden. Zu kompliziert? Gehlen kritisiert aber nicht nur den Zugang zur Erklärung, sondern auch deren Inhalt selbst. Seiner Meinung nach sind die dort gestellten Fragen schwierig zu beantworten. "Die meisten Hausbesitzer sind keine Finanz- und Bauamtsangestellten", sagt der Paderborner. "Für mich alleine ist das nicht auszufüllen. Ich muss mit den Unterlagen zu meinem Steuerberater gehen." Auch ein weiterer Punkt beschäftigt ihn. In einem Informationsschreiben, das alle Eigentümer erhalten haben, sind bereits ein Teil der benötigten Daten aufgeführt. Zum Beispiel das Aktenzeichen, die Gemarkung, das Flurstück und der Bodenrichtwert. "Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir Hausbesitzer das angeben müssen, wenn das Finanzamt doch all diese Daten schon hat." Die Oberfinanzdirektion für NRW erklärt dazu, dass besagte Daten von den Eigentümerinnen und Eigentümer auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft werden sollen. Und nach Ansicht von Martin Kaufmann ist die Abgabe der Feststellungserklärung für den Normalbürger "relativ einfach". Komplizierter werde es für diejenigen, die viele Häuser oder Wohnungen besäßen. Dirk Winthuis von Haus & Grund rechnet mit einem zeitlichen Aufwand von einer Stunde, um sich in die Materie einzuarbeiten. Stark ausgelastete Hilfshotline Die im Info-Schreiben aufgeführten Daten seien eine Unterstützung beim Ausfüllen der Erklärung, so Kaufmann. Zudem hat die Finanzverwaltung NRW ein Portal eingerichtet. Wer das Schreiben verlegt oder keines erhalten hat, kann hier die Daten zum jeweiligen Grundstück abfragen. Auch finden sich auf der Internetseite Erklärvideos, eine Check-Liste und eine Klick-Anleitung für Elster. Für persönliche Rückfragen, auch um ein Papierformular anzufordern, hat das Finanzamt Paderborn eine Hotline unter Tel. (05251) 1001959 eingerichtet. Sie ist montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr freigeschaltet. Das Finanzamt bittet, möglichst erst nach der Mittagszeit anzurufen. Denn vormittags ist die Hotline derzeit stark ausgelastet. Aus der ganzen Behörde würden Mitarbeiter eingesetzt, sagt Leiter Kaufmann. Neuberechnung ab 2025 Am 1. Juli startete die Abgabephase. "Wir haben jetzt einen riesigen Andrang", berichtet Kaufmann. Abgabefrist ist am 31. Oktober, bis dahin erwartet das Finanzamt Paderborn etwa 140.000 Feststellungserklärungen. Dass diese überhaupt notwendig sind, hängt mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zusammen. Das Gericht hatte 2018 die bisherige Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Mit dem Ende 2019 verabschiedeten sogenannten Bundesmodell wurde die gesetzliche Neuregelung geschaffen. Ab dem 1. Januar 2025 wird der Grundsteuerwert nach dem neuen Verfahren errechnet und von den Städten und Kommunen an die Grundstückseigentümer übermittelt. Dass dann eine Mehrbelastung auf viele Eigentümer zukommt, hält Dirk Winthuis für denkbar. Relevant sei, ob die Kommunen die Hebesätze anpassen. "Die Grundsteuer ist ein erheblicher Faktor für die Kommunen", so Winthuis. Und deren finanzielle Situation sei aktuell nicht am besten, es herrsche ein Investitionsstau.

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