Grundsteuerschock für Eigentümer von Sozialwohnungen in Bielefeld

Bielefeld. Lars Becker ist ein erfahrener Immobilienunternehmer. Für rund 2.000 Wohnungen im Raum Bielefeld kümmert er sich um die Verwaltung, etwa 500 dieser Wohnungen stehen in seinem Eigentum. Ein erheblicher Anteil ist öffentlich geförderter Wohnraum: &bdquo;Ich habe für die Stadt in den vergangenen 20 Jahren wohl 200 Sozialwohnungen gebaut, die dringend benötigt werden“, erklärt er. Als er jetzt aber die neuen Grundsteuerbescheide von der Stadt erhielt, war er geschockt. Spontan griff er zum Telefon, seiner Stimme war die Verärgerung anzuhören: &bdquo;Wir müssen gegen fast alle Bescheide Widerspruch einlegen“, sagt er. In Extremfällen habe sich der von der Stadt nun geforderte Steuerbetrag fast verzehnfacht. Der Unternehmer verweist beispielhaft auf das nun eingegangene vierteljährliche &bdquo;Zahlungsavis“ für einen 2016 erbauten Komplex mit 24 öffentlich geförderten Wohnungen an der Stadtheider Straße. Das Amt für Finanzen kündigte ihm in einem Brief den Einzug von 24.588,71 Euro für ein Quartal an. Für das Gesamtjahr werden für das zweiteilige Gebäude demnach fast 100.000 Euro an Grundsteuer fällig. &bdquo;Jeder Mietpartei müssten wir mehr als 300 Euro monatlich in Rechnung stellen – allein für die Grundsteuer“, sagt Becker fassungslos. Pikantes Detail: In 18 von 24 Fällen würden Miete und Nebenkosten in Form von Wohngeld von der Stadt Bielefeld getragen, sagt Becker – die Stadt hätte durch das enorme Grundsteuer-Aufkommen also wenig gewonnen. Lesen Sie auch: Mehrkosten durch Grundsteuer in OWL: Das können Eigentümer jetzt noch tun 2.500 Euro Grundsteuer für einen Pkw-Stellplatz Der Fall klingt utopisch, und es liegt auf der Hand, dass bei der Berechnung Fehler gemacht wurden. Der Blick auf die Zahlen zeigt: Die Grundsteuern für die einzelnen, 80 bis 120 Quadratmeter großen Wohnungen, die zu Kaltmieten von 5,50 Euro pro Quadratmeter vermietet sind, haben sich vervielfacht. In einem Fall wird der vierfache Betrag gefordert, in einem anderen Fall der sechsfache, im nächsten Fall der 7,6-fache. Völlig aus dem Rahmen fallen die geforderten Grundsteuern allerdings für die ebenfalls im Haus befindlichen, für monatlich 30 Euro vermieteten Tiefgaragenplätze: Deren Grundsteuer soll nämlich von bisher knapp 32 Euro jährlich auf gut 2.500 Euro steigen – fast auf das 80-fache. Die Stadt Bielefeld verweist auf Nachfrage darauf, dass wegen des Steuergeheimnisses zu Einzelfällen nichts gesagt werden könne. Bei Fragen zu einem Abgabenbescheid könne sich jeder Immobilien-Eigentümer selbst an das städtische Amt für Finanzen wenden. Die grundlegenden Berechnungen der Finanzämter könnten von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung jedoch &bdquo;nicht überprüft werden“, bedauert Stadt-Sprecherin Ruth Braun. Dafür müsse sich der Steuerpflichtige an das zuständige Finanzamt wenden, dessen Vorgaben wiederum &bdquo;für die Grundsteuerberechnung der Stadt Bielefeld bindend“ seien. Die Grundsteuer wird von der Stadt festgelegt, indem der vom Finanzamt ermittelte &bdquo;Grundsteuermessbetrag“ mit dem Hebesatz der Stadt multipliziert wird. Selbst wenn ein Einspruch gegen die Bescheide des Finanzamtes eingelegt wurde – also gegen die meistens schon vor Jahren ergangenen Bescheide über Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag – müsse der jetzt geforderte Betrag erst einmal gezahlt werden. Das Gleiche gelte, wenn Widerspruch gegen einen Bescheid der Stadt Bielefeld erhoben werde: &bdquo;Ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung“, heißt es dazu auch auf der Internetseite der Stadt. Auch interessant: Grundsteuer in Bielefeld: Hauseigentümer entsetzt über Grundsteuerbescheide Zu viel gezahlte Beträge werden erstattet Immerhin, &bdquo;sollten später Korrekturen erfolgen, werden diese selbstverständlich von der Stadt nachvollzogen und gegebenenfalls überzahlte Beträge natürlich erstattet“, heißt es seitens der Stadt. Ein milder Rüffel ist aus dem Rathaus auch zu hören: Um &bdquo;Unstimmigkeiten zu klären, wäre es für die betroffenen Eigentümer wichtig gewesen, die Bescheide der Finanzverwaltung bereits in der Vergangenheit zeitnah zu überprüfen“, heißt es im Hinblick auf die kurzen (einmonatigen) Einspruchsfristen der Finanzämter, die in der Regel längst abgelaufen sind. &bdquo;Ist die Einspruchsfrist verstrichen und wurde kein Einspruch eingelegt, wird der Bescheid bestandskräftig“, heißt es dazu trocken von der Oberfinanzdirektion (OFD) in Münster. Bestandskräftige Bescheide könnten nur noch unter bestimmten Voraussetzungen geändert werden, oder wenn ein Bescheid unter Vorbehalt ergangen sei. Eine Möglichkeit, im Nachhinein noch zu reagieren, sei ein &bdquo;Antrag auf fehlerbeseitigende Wertfortschreibung“, erklärt Gianluca Fischer als Sprecher der Oberfinanzdirektion. Die Beseitigung des Fehlers sei möglich, &bdquo;wenn der Grundsteuerwert ohne diesen Fehler um mehr als 15.000 Euro vom zuletzt festgestellten Grundsteuerwert abweicht“, die Änderung erfolge dann noch für das Kalenderjahr, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird. Und es gibt Tipps von der OFD: Die Erhebung der Grundsteuer einschließlich ihrer Stundung, ihrer Niederschlagung, ihrer Erstattung und ihres Erlasses obliegt der zuständigen Kommune. Für eine mögliche &bdquo;Aussetzung der Vollziehung“ sei zunächst einmal ein Einspruchsverfahren nötig. In einem Fall wurde Grundsteuer doppelt kassiert Wer die vermuteten Fehler zu verantworten hat, weiß Lars Becker nicht – waren vielleicht schon die Grundsteuererklärungen falsch? &bdquo;Wir haben die Erklärungen nach bestem Gewissen erstellt“, betont er. Sehr aufwändig ist das Ganze wohl auch, weil die Immobilie an der Stadtheider Straße nach den Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in 24 eigenständige Wohnungen aufgeteilt wurde, um sie im Bedarfsfall einzeln verkaufen oder beleihen zu können. Das Gleiche ist für die 20 Pkw-Parkplätze geschehen – für jeden Stellplatz wird separat Grundsteuer berechnet. Becker hätte von der Stadt aber erwartet, dass sie auf ihn zugekommen wäre, sobald erkennbar war, dass die Steuerbescheide oder ihre Voraussetzungen fehlerhaft sind. &bdquo;Ich könnte die Grundsteuern ja auch einfach auf die Mieter umlegen“, sagt er – doch diesen Schrecken will er den Bewohnern nicht zumuten. Und selbst, wenn ein Teil der Probleme auf seine eigene Kappe gehen sollte, ist er überzeugt, dass auf Seiten der Behörden ebenfalls Fehler gemacht wurden. So seien die Grundsteuern für ein anderes Objekt gerade doppelt abgebucht worden. Lars Becker hat die Sache angesichts der erkennbaren Fallstricke an einen Rechtsanwalt übergeben. .responsive23-oMArI7hjcdXaCcDs-choro-grundsteuer-b-owl-2024-2023 { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-oMArI7hjcdXaCcDs-choro-grundsteuer-b-owl-2024-2023 { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-oMArI7hjcdXaCcDs-choro-grundsteuer-b-owl-2024-2023 { padding-top: 142.86%; } }

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