Totschlagsprozess: Tödlicher Messerangriff auf dem Kaukenberg

Paderborn. Eine Woche lang rangen die Ärzte in der Uniklinik Münster um das Leben von Viktor L. (alle Namen geändert). Vergebens. Der Lippspringer, dessen Halsschlagader mit einem Küchenmesser durchtrennt worden war, erlag seinen Verletzungen. Dabei hatte er einer jungen Paderbornerin helfen wollen, als diese von ihrem Freund geschlagen wurde. Für seinen Tod ist wahrscheinlich Jochen B. verantwortlich. Ihm wirft Staatsanwalt Kai Uwe Waschkies Totschlag vor. Der 31-Jährige, der sich vor dem Schwurgericht am Landgericht Paderborn verantworten muss, ist ein schlanker Mann, der sein Haar kurz geschnitten trägt. Jochen B. lebt in Verhältnissen, die gemeinhin als ordentlich gelten. Doch seine Einstellung zu Frauen und zum Zusammenleben mit einer Partnerin ist anscheinend völlig unangemessen. Es besteht nämlich der Verdacht, dass der Paderborner seine junge Freundin misshandelt, wenn er betrunken ist. Genau so etwas geschah auch in der Nacht auf den 19. September. Damals hatte Nora T. ihren Lebensgefährten ins Krankenhaus gebracht, nachdem er bei einer Fetenschlägerei verletzt worden war. Dass die 20-Jährige nicht auf ihn wartete, verärgerte Jochen B. gewaltig, glaubt man der Erklärung, die er seinen Verteidiger Detlev Binder verlesen lässt."Ich war sowieso schon sauer“ Als er in den frühen Morgenstunden nach einem Fußmarsch bei Nora T. eintrifft und sieht, dass sie zusammen mit einer Freundin und zwei Bekannten im Wohnzimmer sitzt, steigert das seine Aggressionen. "Ich war sowieso schon sauer“, zitiert der Verteidiger seinen Mandanten. In seinem Kopf habe es sich festgesetzt, "dass sie lieber mit Jungs Party macht und sich amüsiert“.Der 31-Jährige zerrt die junge Frau aus dem Wohnzimmer in die Küche, wo er sie schlägt. Als die zurückgebliebenen Gäste besorgt die Küchentür öffnen, sehen sie, wie Jochen B. bei der jungen, am Boden kauernden Frau steht. Irgendwann hält er ein Messer in den Händen. Beruhigen lässt er sich von den beiden Männern, die er schon lange kennt, nicht.Irgendwann schlägt Viktor L. seinen aufgebrachten Gegenüber mit der Faust ins Gesicht. Plötzlich spritzt Blut. Das Messer, das Jochen B. in der Hand hielt, hat die Hauschlagader des Lippspringers durchtrennt. Die beiden Männer stürzen zu Boden. Als der schwer verletzte Viktor L. in den Garten taumelt, folgt ihm Jochen B., er versucht, die Wunde abzudrücken und den Zustand seines Opfers mit Beatmung zu verbessern, bis die Polizei und die Rettungswagen eintreffen.An den Stich selbst will sich der Angeklagte nicht erinnern und spricht von einem "Unfall". Niemals habe er bewusst zugestochen. "Eigentlich wollte ich den anderen zeigen, dass Nora zu mir gehört und ich der Herr im Haus bin.“ "Es war und ist eine schöne Beziehung“ Obschon drei Menschen vor Ort waren, als Viktor L. schwerst verletzt wird, gibt es für die Schwurgerichtskammer noch viel Klärungsbedarf. Denn die Verteidiger Detlev Binder und Stephanie Risse halten es für möglich, dass der Angeklagte in Notwehr gehandelt haben könnte. So soll einer der Männer, die Nora T. zu Hilfe kommen wollten, zeitweilig gleichfalls ein Messer in der Hand gehabt haben.Rückhalt findet der Angeklagte weiterhin bei Nora T. Sie beteuert, dass Jochen B. sie - vor diesem Septembermorgen - niemals geschlagen habe, nie habe sie Angst vor ihm gehabt. Wie Schilderungen von wiederholten Handgreiflichkeiten in die Protokolle der Polizei gerieten, kann sie nicht erklären. So etwas habe sie niemals gesagt. "Es war und ist eine schöne Beziehung“, behauptet die 20-Jährige vor Gericht - ungerührt von der Skepsis, aus der der Vorsitzende Richter Eric Schülke kein Geheimnis macht. Es überrasche ihn sehr, so Schülke, dass die Zeugin den Angeklagten als ein "Osterlamm“ darstelle. Das Gericht hat sechs weitere Verhandlungstage angesetzt. An diesen wird es auch um die Schuldfähigkeit des Angeklagten gehen. Er hatte nämlich zur Tatzeit nicht nur Alkohol, sondern auch einen Cocktail diverser Drogen intus. Der nächste Termin findet am Freitag, 25. März, statt.

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