Blutiger Zoff um 150 Euro: Ungewöhnlicher Fall vor dem Paderborner Gericht

Paderborn. Es waren eigentlich zwei gute Freunde, die an einem Sonntagnachmittag in einer gut situierten Wohngegend Paderborns aneinandergerieten. Und zwar so schwer, dass Andy M. (Namen geändert) operiert werden musste und Harry T. am nächsten Tag ins Untersuchungsgefängnis Bielefeld-Brackwede überstellt wurde. Ein knappes halbes Jahr später muss sich der 26-Jährige vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Paderborn wegen versuchten Totschlags verantworten. Ein ungewöhnlicher Fall, bei dem sowohl eine Klappsäge wie auch ein Messer eine wichtige Rolle spielen. Harry T. sitzt hellwach und aufrecht auf der Anklagebank hinter seinem Verteidiger Andreas Chlosta, der sofort nach Verlesung der Anklage seine Marschrichtung vorgibt. Und die zielt ab auf Notwehr, denn sein Mandant werde schildern, &bdquo;dass er von dem Zeugen angegriffen wurde“, sagt Chlosta. Harry T. habe seinen alten Freund weder töten noch verletzen wollen. Auseinandersetzung erst über Whatsapp Tatsächlich schildert der 26-Jährige dann detailliert, wie sich an diesem Sonntagnachmittag zwischen ihm und seinem alten Kumpel Andy M. via Whatsapp eine Auseinandersetzung entwickelt hatte. Der Grund: Harry T. war dem 35-Jährigen noch 150 Euro schuldig. Lesen Sie auch: Streit im Hausflur eskaliert: Mann wird mit Messer in Paderborn schwer verletzt Dieser beließ es dann nicht beim ins Handy getippten Wort, sondern stand plötzlich im Zuhause des jungen Mannes. &bdquo;Ich habe nicht damit gerechnet, dass er kommt“, sagt Harry T. Er beschreibt, wie sich Andy M. trotz seiner Gegenwehr Zutritt zu seiner Wohnung verschafft und dabei eine aufgeklappte Astsäge in der Hand gehalten habe. &bdquo;Er hat das Ding in mein Bein gehauen“, behauptet der Angeklagte und deutet auf seinen linken Oberschenkel. Verletzt worden sei er dabei aber nicht, nur die Hose sei zerrissen worden. Anschließend sei er ins Wohnzimmer geflüchtet, habe ein Obstmesser vom Tisch genommen und Andy M., der ihm dicht auf den Fersen gewesen sei, einen Stich versetzt. &bdquo;Dann ist er abgedampft“, sagt Harry T. Allerdings habe sein Kontrahent noch vor der Wohnungstür mit seiner Mutter gesprochen, die ebenso wie seine Schwester aus ihren eigenen Wohnungen durch den Lärm angelockt in den Flur geeilt waren. Messer in die Flanke gestochen &bdquo;Ich war noch sauer“, beschreibt der Angeklagte seine Gefühlslage. Deshalb sei er dann doch noch aus dem Haus gegangen, um sämtliche Reifen am Wagen von Andy M. zu zerstechen. Dieser indes beschreibt das Kerngeschehen deutlich anders. Zwar gibt er zu, Harry T. mit seiner Astsäge bedroht zu haben, während er diesen am Hals gepackt gegen eine Wand drückte. &bdquo;Ich habe die Säge an seine Brust gehalten“, sagt der 35-Jährige. Allerdings habe er damit aufgehört, als er die Schwester und die Mutter auf dem Flur gehört habe. Ihnen habe er den Grund für seinen Auftritt erklärt und anschließend Harry T. noch zum Abschluss eine Backpfeife verpasst, bevor er dann zu seinem Auto gegangen sei, sagt Andy M. Dorthin sei ihm der 26-Jährige gefolgt und habe ihm, als er sich umdrehte, mit den Worten &bdquo;Das hast du davon“ ein Messer in die Flanke gestochen. Setzte selbstständig einen Notruf ab Andy N. war zwar noch in der Lage, selbstständig einen Notruf abzusetzen und an der nahe gelegenen Dubelohstraße auf den Rettungswagen zu warten, doch er musste notoperiert werden. &bdquo;Ich weiß nicht, ob ich meinen Körper wieder zu 100 Prozent belasten kann“, bilanziert der Landschaftsgärtner ein halbes Jahr später und erzählt von einschneidenden psychischen Folgen. &bdquo;Mein Alltag ist jetzt ganz anders. Ich habe keine Lust mehr auf Menschen.“ Mehr zu dem Thema: Kontrahent lebensgefährlich verletzt: Anklage gegen 26-jährigen Paderborner Kein ganz einfacher Fall für das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Eric Schülke. Zwar verzichtet die Mutter des Angeklagten auf ihr Recht zu schweigen, liefert aber keine widerspruchsfreie Schilderung der Geschehnisse. Eine weitere Krux für das Gericht: Die Tatwaffe ist durch die Polizeibeamten nicht sichergestellt worden. &bdquo;Mich hat keiner danach gefragt“, sagt Harry T. und erzählt, dass er das Messer in seiner Küche in einen auf der Spüle stehenden Kochtopf gelegt habe. Misslich, denn während er von einem kleinen Obstmesser spricht, hat Andy M. vor den Notfallsanitätern von einer 15 Zentimeter langen Klinge gesprochen. Die Verhandlung wird am Dienstag, 11. Februar, fortgesetzt.

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