Kreis Paderborn

Jeder Fünfte ist weg: Dramatischer Personal-Schwund im Gastgewerbe

Im Kreis Paderborn haben 1.200 Beschäftigte die Branche in der Corona-Pandemie verlassen. Die Gewerkschaft NGG fordert bessere Arbeitsbedingungen in Hotels und Gaststätten.

Servicekraft händeringend gesucht: Viele Hotels und Gaststätten finden aktuell kein Personal. | © NGG

07.07.2021 | 07.07.2021, 02:30

Kreis Paderborn. Supermarktkasse statt Biertheke: Im Zuge der Corona-Pandemie verzeichnen die Hotels und Gaststätten im Kreis Paderborn eine dramatische Abwanderung von Fachkräften. Innerhalb des vergangenen Jahres haben im Kreis rund 1.200 Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte dem Gastgewerbe den Rücken gekehrt – das ist jeder fünfte Beschäftigte der Branche, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) unter Berufung auf jüngste Zahlen der Arbeitsagentur mitteilt.

Demnach beschäftigte das Hotel- und Gaststättengewerbe im Kreis Paderborn zum Jahreswechsel 5.026 Menschen. Genau ein Jahr zuvor waren es noch 6.188. Das ist ein Rückgang von 19 Prozent der Beschäftigten innerhalb von zwölf Monaten. Angesichts weiterer Lockdowns bis in den Mai hinein dürfte sich der Personal-Schwund bis heute nochmals zugespitzt haben, befürchtet Thorsten Kleile, Geschäftsführer der NGG-Region Detmold-Paderborn.

„Viele Menschen schätzen es, nach langen Entbehrungen endlich wieder essen zu gehen oder zu reisen. Aber ausgerechnet in der Sommersaison fehlt einem Großteil der Betriebe schlicht das Personal, um die Gäste bewirten zu können", so Kleile. Für die Lage macht der Gewerkschafter insbesondere die Einkommenseinbußen durch die Kurzarbeit verantwortlich: „Gastro- und Hotel-Beschäftigte arbeiten sowieso meist zu geringen Löhnen. Wenn es dann nur noch das deutlich niedrigere Kurzarbeitergeld gibt, wissen viele nicht, wie sie über die Runden kommen sollen."

Wenn die gut ausgebildeten Fachkräfte in Anwalts- oder Arztpraxen die Büroorganisation übernehmen oder in Supermärkten zwei Euro mehr pro Stunde verdienen als in Hotels und Gaststätten, dürfe es niemanden überraschen, dass sich die Menschen neu orientierten. Wirte und Hoteliers hätten nun die Chance, die Branche neu aufzustellen. Zwar seien viele Firmen nach wie vor schwer durch die Pandemie getroffen. Doch wer künftig überhaupt noch Fachleute gewinnen wolle, müsse jetzt umdenken und sich zu armutsfesten Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen bekennen.

Dazu seien Tarifverträge unverzichtbar, unterstreicht Kleile. Die Gewerkschaft NGG verweist zudem auf die umfassenden Finanzhilfen des Staates für angeschlagene Betriebe. So können sich Hotels und Gaststätten im Rahmen der Überbrückungshilfen in diesem Monat bis zu 60 Prozent der Personalkosten bezuschussen lassen, wenn sie Angestellte aus der Kurzarbeit zurückholen (Restart-Prämie).