Wie Paderborner Abiturienten in die Zukunft blicken

Paderborn. Schon 2020 wurde vom "Corona-Abi" gesprochen. Deutlich härter trifft die Pandemie jedoch die Schüler, die nun kurz vor den Abschlussprüfungen stehen - denn sie müssen nicht nur die wichtigsten Klausuren unter Corona-Bedingungen meistern, sondern haben auch fast ihr komplettes letztes Schuljahr im Distanzunterricht verbracht. Und der ist oftmals mit normalen Präsenz-Schulstunden kaum zu vergleichen. Technische Probleme "Das ist sehr kursabhängig. In manchen Kursen bekommen wir sehr viel Input und haben regelmäßig Videokonferenzen. In anderen Fächern sieht das aber ganz anders aus, da haben vor allem leistungsschwächere Schüler echte Probleme", sagt Carlo Kaul, der sich derzeit auf das Abitur am Pelizaeus-Gymnasium vorbereitet. Die größte Schwierigkeit sieht er momentan bei der Technik. Denn die digitale Plattform "Lernstatt" der Stadt Paderborn stürze nach wie vor häufig ab. "Viele Lehrer geben wirklich ihr Bestes, aber es erschwert alles unnötig, wenn die Systeme immer Probleme machen. Wir dürfen deshalb jetzt auch Zoom nutzen. Vorher war nur "Big Blue Button", das zur Lernstatt gehört, erlaubt", so Kaul. Doch diese Erlaubnis kommt spät. "Momentan läuft die Lernstatt relativ gut, letzte Woche musste aber sogar eine Konferenz komplett abgebrochen werden. Die Technik ist leider sehr unzuverlässig", berichtet der 18-jährige Jan Dallaserra, der ebenfalls mitten in den Abiturvorbereitungen steckt. Am Theodorianum hapert es hingegen weniger an der Technik. "Wir nutzen hauptsächlich Teams, die Lernstatt benutzen wir nur noch selten", so Abiturient Leon Lichtenauer. Wie der Unterricht umgesetzt wird, hänge aber auch hier stark vom Kurs ab. "Manche Lehrer geben uns am Anfang der Stunde Aufgaben, die bis zur nächsten Stunde zu erledigen sind. Andere geben sich sehr viel Mühe und im Unterricht finden richtige Diskussionen statt", berichtet Abiturient Joshua Wischnewski. Arbeitsmoral Grundsätzlich fühlen sich die Schüler relativ gut vorbereitet. "Trotzdem stehen wir vor einem unverhältnismäßig schwierigeren Abi als der Jahrgang vor uns. Viele unserer Mitschüler haben große Angst vor dem Abi", so Kaul. Der Beschluss der Kultusministerkonferenz, bei jeder Prüfung eine größere Auswahl der Prüfungsthemen bereit zu stellen, sorge dabei nicht für Erleichterung. "Viele Schüler sind der Meinung, dass das nicht wirklich hilft. Besonders große Angst haben die Leute, die sowieso schon Probleme in der Schule haben. Und dann kommt noch hinzu, dass die Arbeitsmoral eben nicht bei jedem gegeben ist. Es gibt immer Leute, die ihre Aufgaben einfach nicht abschicken", berichtet Dallaserra. Doch auch, wenn alles eingereicht wird, sei eine Rückmeldung seitens der Lehrer nicht immer selbstverständlich. Kontakt zu Mitschülern Doch nicht nur der Unterricht, sondern auch die Kontakte zu Mitschülern fehlen. "Das ist im Moment schon bitter, aber wir sind gerade doch recht optimistisch und hoffen, im Sommer die ausgefallenen Stufentreffen und vielleicht den einen oder anderen 18. Geburtstag nachfeiern zu können", so Kaul. Eine leise Hoffnung bleibt bei ihnen auch mit Blick auf den Abi-Ball bestehen. "Wirklich planen können wir natürlich nichts, aber wir hoffen, dass vielleicht wenigstens wir Schüler uns noch einmal alle treffen können", so Dallaserra. Um eine solche Feier im kleinen Rahmen zu finanzieren, ist der Abi-Jahrgang des Pelizaeus-Gymnasiums kreativ geworden: Bei einer digitalen Fundraising-Aktion haben die Schüler viel Unterstützung erfahren und wenigstens der traditionelle Nikolaus-Verkauf konnte stattfinden. Zukunftspläne Auch die Zeit nach dem Abi ist für die Schüler ungewiss. "Eigentlich wollte ich für ein Jahr ins Ausland, aber jetzt fange ich doch direkt mit dem Studium an. Ich hatte auch immer geplant, dass ich für das Studium sofort weg ziehe, aber das ist mir im Moment einfach zu unsicher. Deshalb denke ich, dass ich auf jeden Fall für den Bachelor in Paderborn bleiben werde", so Kaul. Und für angehende Studenten gestaltet sich auch die Suche nach einem Nebenjob schwierig: "Ich möchte soziale Arbeit studieren und nebenbei auch in dem Bereich arbeiten. Bisher habe ich aber noch keine Stelle finden können", so Schülerin Caralina Dicke. Auch für Wischnewski steht noch nicht fest, wie es weitergeht: "Ich möchte ein duales Studium machen und habe mich bei zwei Unternehmen beworben. Von beiden wurde ich abgelehnt. Man bekommt bei uns in der Stufe mit, dass es deutlich weniger Ausbildungsplätze gibt." Das musste auch Marie Brökelmann feststellen. Sie interessiert sich für eine Ausbildung in der Hotelbranche - doch die hat es derzeit bekanntlich schwer. "Bisher habe ich von drei Hotels eine Absage bekommen, ein Vorstellungsgespräch steht noch aus. Ich habe mich auch für ein duales Studium zum Hotelmanager beworben, da habe ich erst einmal unter Vorbehalt eine Zusage bekommen", so Brökelmann, die dennoch an ihrem Berufswunsch festhalten möchte: "Trotzdem halte ich natürlich die Augen nach Alternativen offen, es ist ja leider alles sehr unsicher momentan."

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