"Fassunglos": Impf-Unterbrechungen sorgen für großen Frust

Kreis Paderborn. Und täglich grüßt ein neuer Sachstand: Kaum war mit dem 1. Februar ein allgemeiner Impfstart für Über-80-Jährige und andere Personen der ersten Priorisierungsgruppe kommuniziert, da wurde dieser am späten Dienstagabend vom NRW-Gesundheitsministerium auch schon um eine Woche auf den 8. Februar verschoben. Aus Mangel an derzeit verfügbarem Impfstoff. Das hat auch Konsequenzen im Kreis Paderborn: "Mit den Erstimpfungen unter anderem in Krankenhäusern geht es nun erst am 1. Februar weiter; aktuell gibt es nur noch Zweitimpfungen in Altenheimen", sagt Ulrich Polenz, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung im Kreis Paderborn. Zusammen mit seinem Kollegen Gregor Haunerland sorgt er für die Organisation der Impfkampagne gegen das Coronavirus. Beide sind, gelinde gesagt, nicht erfreut über die plötzliche Verschiebung. "Von einem Tag auf den anderen gilt so etwas, ich bin fassungslos", sagt Haunerland. Gleichzeitig sei aber trotz der Verschiebung sichergestellt, dass für alle bisher 4.642 Erstgeimpften im Kreis Paderborn auch eine zweite Dosis vom gleichen Impfstoff für den Folgetermin bereit liege. Diese Regel gelte auch für alle in den nächsten Monaten folgenden Impfungen, beruhigt Ulrich Polenz für den Fall weiterer möglicher Impfstoff-Knappheiten. Im Kreis Paderborn gibt es 42 vollstationäre Pflegeeinrichtungen mit insgesamt rund 2.800 Bewohnerinnen und Bewohnern sowie 3.000 Mitarbeitenden. Somit hätten bereits gut 80 Prozent die Erstimpfung erhalten, heißt es vom Kreis. Frustrierte Reaktionen aus den Krankenhäusern Sehr verärgert über die Impf-Unterbrechung reagierten Sprecher der Krankenhäuser in der Region. &bdquo;Im St.-Vincenz-Krankenhaus konnten wir an den ersten beiden Tagen 290 Kolleginnen und Kollegen impfen. Nach nur zwei Tagen müssen wir nun eine Zwangspause einlegen, obwohl wir gerade einmal ein Drittel der Mitarbeiter aus den Risikobereichen impfen konnten. Weitere Verzögerungen verunsichern und entmutigen uns alle", sagen Martin Baur (Ärztlicher Direktor) und Marion Schwerthelm (Pflegedirektorin). Im MZG Bad Lippspringe seien bislang 180 Mitarbeiter geimpft worden. Siegfried Rörig, Kaufmännischer Direktor des Brüderkrankenhaus St. Josef, zeigte sich frustriert: Die ganze aufwendige Organisation sei nun umsonst gewesen. Und Josef Düllings, Hauptgeschäftsführer der St.-Vincenz-Krankenhaus GmbH und Vorsitzender im Verband der Krankenhaus Direktoren Deutschlands, fragt sich: &bdquo;Wie kann es sein, dass es in den Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bayern funktioniert und bei uns in NRW nicht?" Wie kommt man am besten zu einem Impftermin? Bis zum Wochenende sollen nun aber wie geplant alle Über-80-Jährigen (Stichtag 31. Januar) per Brief informiert werden, dass sie ab Montag, 25. Januar, ihre jeweils zwei persönlichen Impftermine im Impfzentrum des Kreises vereinbaren können. Das Zentrum befindet sich in der Sälzerhalle in Salzkotten. Da gerade zum Start mit einem riesengroßen Andrang bei gleichzeitig knappem Impfstoff gerechnet wird, empfiehlt Ulrich Polenz Geduld und eine Anmeldung über das Internet unter www.116117.de. Dort sei es genauso wie am Telefon möglich, einen konkreten Wunschtermin zu vereinbaren. Sollte es mit einer telefonischen Vereinbarung unter der bundesweiten Hotline 116117 nicht klappen, empfiehlt Polenz die Alternative der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe unter Tel. 0800 116 117 02. "Sollte jemand zum Beispiel wegen Gebrechlichkeit Bedenken haben, dass er oder sie die eine Stunde, die man für das Impfen in der Sälzerhalle insgesamt einplanen muss, nicht durchhält, dann empfehlen wir zu warten bis im März die Hausärzte mit Impfstoff versorgt sind. Sollte es im Einzelfall nötig sein, impfen wir die Menschen dann auch Zuhause", sagt Polenz. Wer zahlt die Fahrt und wer darf mit? Insgesamt gibt es im Kreis Paderborn rund 17.400 Menschen, die ab dem Stichtag 80 Jahre oder älter sind. Wer sich ab 8. Februar auf den Weg nach Salzkotten macht, muss die Fahrtkosten dorthin selbst zahlen, die Impfung selbst ist kostenlos. Es sei auch möglich, eine Begleitperson mitzubringen - wichtig für zum Beispiel Menschen im Rollstuhl oder auch Schwerhörige. Vorerkrankungen hätten im Übrigen keinen Einfluss auf die Impfung, sagt Polenz. Außer: "Wer hochgradig, also lebensbedrohlich allergisch auf bestimmte Stoffe ist, sollte sich nicht impfen lassen. Und Menschen, die Blutverdünner nehmen, sollten das vorher sagen, dann wird beim Impfen darauf geachtet." Was ist mit möglichen Nebenwirkungen? Nebenwirkungen der Impfung könnten in Form einer Rötung an der Einstichstelle oder auch einer Reaktion des Immunsystems wie bei Erkältungskrankheiten auftreten. Mattigkeit, Frösteln, in manchen Fällen auch Fieber gehörten dazu. Wirklich nennenswerte Beeinträchtigungen gebe es aber in weniger als einem von 1.000 Fällen. Etwa jeder 20. Geimpfte berichte, dass es ihr oder ihm am Tag zuvor besser gegangen sei, aber nach drei Tagen seien sämtliche Nebenwirkungen bei fast allen Betroffenen verschwunden. Man müsse sich immer vor Augen halten, dass die Alternative zur Impfung eine mögliche Erkrankung mit ihren etwaigen Folgen durch das Coronavirus sei. Der Impfstoff selbst wirke im Körper so wie auch Erkältungsviren. Polenz: "Er bringt einen bestimmten Bauplan in die Zellen, ohne jedoch den Zellkern zu verändern. Da kommt er gar nicht hinein. Niemand muss sich also sorgen, dass der Impfstoff den Körper umprogrammiere. Und Frauen müssen keine Angst haben, nicht mehr schwanger werden zu können", widerspricht Polenz einer Angst, die vor Kurzem Schlagzeilen machte. Wie lange dauert das Impfen der Über-80-Jährigen? Zu den Personen in der Anspruchsgruppe 1 gehören neben den Über-80-Jährigen auch Pflegekräfte, Beschäftigte in medizinischen Diensten mit hoher Corona-Gefährdung und Beschäftigte in Rettungsdiensten. Wie lange es dauert, bis alle aus dieser Gruppe im Kreis Paderborn geimpft sind, hängt von der Menge des zur Verfügung stehenden Impfstoffs ab. Deshalb stehen in den ersten drei Wochen Termine auch nur nachmittags zur Verfügung. Bis jetzt hatte man für diese Zeit mit je rund 1.500 Impfdosen pro Woche kalkuliert, danach sollten es mehr sein. Ausgelegt ist das Impfzentrum aber auf bis zu 1.000 Impfungen am Tag - und das an sieben Tagen pro Woche. Polenz geht derzeit davon aus, dass diese volle Kapazität erst Mitte März erreicht wird. Ungefähr um Ostern herum könnten dann die Impfungen in der Anspruchsgruppe 2 mit rund 75.000 Berechtigten im Kreis Paderborn beginnen. Dazu gehören neben den Über-70-Jährigen unter anderen Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen, Ärzte, Polizei und Betreuer in Einrichtungen für geistig Behinderte. Um dem dann zu erwartenden Ansturm gerecht zu werden, setze man neben dem Impfzentrum auch auf die Hausärzte. Was passiert eigentlich mit Impfstoffresten? Weil der derzeit verwendete Impfstoff von Biontech/Pfizer hochsensibel im Umgang ist und nur für wenige Stunden nach der Zubereitung verwertbar ist, tauchte zuletzt die Frage auf, ob mögliche Reste weggekippt werden statt sie zu verwenden. "Das passiert in der Regel nicht", sagt Polenz. Man suche zunächst am Ort der Impfung nach möglichen weiteren Personen in derselben Priorisierungsgruppe. Sollten keine da sein, kämen auch anwesende Personen aus einer folgenden Priorisierungsgruppe zum Zuge. Auch die zweite Impfung folge dann für diese Personen entsprechend drei bis vier Wochen später. Der Kreis Paderborn hat eine Impfseite erstellt, auf der alle Informationen rund ums Impfen mit allen Links zu relevanten Behörden und Einrichtungen zusammengestellt sind: www.kreis-paderborn.de/impfen

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