Paderborner Ausstellungsmacher verabschiedet sich mit Rubens in den Ruhestand

Paderborn. Am Schluss musste es einfach Rubens sein. Anders konnte es gar nicht sein. Die Ausstellung mit dem weltbekannten Maler im Zentrum bietet Christoph Stiegemann nicht nur eine tolle Bühne für seinen Abschied als Museumschef. Sie rundet zugleich sein vier Jahrzehnte langes Schaffen im Paderborner Diözesanmuseum ab. Denn gewissermaßen hat mit Rubens und dem Barock alles auch angefangen. Während der Renovierung des Paderborner Doms war Stiegemann noch recht frisch als junger wissenschaftlicher Mitarbeiter dabei, als es 1983 eine wichtige Entdeckung gab: die Reste des im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörten Altargemäldes des früheren Barock-Altars. Geschaffen wurde es zwischen 1656 und 1658 von dem Antwerpener Maler Antonius Willemssens, der in direkter Umgebung von Rubens gelernt und gearbeitet hat. Insgesamt war Willemssens von 1655 bis 1661 in Paderborn. In diesen sechs Jahren revolutionierte er mit seinem Bildhauer-Bruder Ludovicus die hiesige Kunst und sorgte für die Ausbreitung des flämischen Barock in Westfalen. Dies wiederum ist der Ausgangspunkt für die aktuelle Rubens-Schau. "In dem Museum kann man wunderbar Geschichten erzählen" Unter Stiegemann hat sich das Diözesanmuseum stark gewandelt. Vor allem seit der großen Karolinger-Schau 1999/2000 hat das Haus gewaltig an Renommee gewonnen und sich als Ausstellungsort etabliert. Es war der Beginn des aktuellen Zeitalters im Museum. Mit 328.000 Besuchern wurden völlig neue Dimensionen erreicht. 198.000 beziehungsweise 130.000 waren es bei den Nachfolge-Hits "Canossa" und "Credo". Alle drei Großausstellungen liefen in Kooperation mit der Stadt Paderborn und dem Landschaftsverband an zugleich drei Orten. Mittlerweile schätzt Stiegemann jedoch das Diözesanmuseum als alleinige Spielstätte. Es habe eine gute Größe und sei "wunderbar, um Geschichten zu erzählen". "Wir haben uns ein ganz eigenes Profil erarbeitet", sagt der 65-jährige Stiegemann, der zunächst Kunst und später Kunstgeschichte, Philosophie und Pädagogik in Düsseldorf und Münster studiert hat. Das Besucherinteresse und die internationale Resonanz habe sich verstetigt. Erst vor wenigen Tagen habe er mit einem Mann aus Zürich gesprochen, der seit "Credo" 2013 alle Ausstellungen gesehen hat. Seinen Anteil am neuen Image hatte auch das Projekt mit dem Aktionskünstler HA Schult vor einigen Jahren. Die Einbindung zeitgenössischer Kunst ist denn auch ein Merkmal des Ausstellungsmachers Stiegemann. Mit seiner Leidenschaft steckt er andere an "Wir präsentieren hier keinen Wanderzirkus und haben immer einen lokalen oder regionalen Bezug", betont Stiegemann seinen Ansatz. Von dorther würden große, oft internationale Ausstellungspanoramen geschaffen. Rubens ist für ihn das ideale Beispiel. Mit ihm als Inspiration sei der Barock durch die Willemssens' nach Westfalen gekommen. "Rubens ist die Lichtgestalt und das Wetterleuchten erreicht Paderborn." Spricht Stiegemann so über seine Arbeit, steckt er andere mit seiner Leidenschaft an. Völlig fasziniert ist er von Rubens' &bdquo;Beweinung Christi", eines seiner absoluten Highlights. Die spannendsten Zeiten waren für ihn immer die der Ausstellungsvorbereitungen. "Wenn man merkt, dass das Team funktioniert und eins ins andere greift." Die Vorstellung von einer runden Exposition ändere sich aber schon mal. Sicher versucht Stiegemann bei Ausstellungen zunächst, die bekanntesten Stücke zu bekommen. Gibt es die nicht, wird auf andere Werke ausgewichen. Unendlich wichtig ist es für ihn, dass Paderborn mittlerweile Teil eines europäischen Netzwerks aus Museen und Wissenschaftlern ist. Die Mischung aus Wissenschaft, Kreativität und der Kontakt zu Menschen begeistert ihn. Die Entdeckung der Dauerausstellung 30 Jahre hat Stiegemann das Museum geleitet. Da sollte auch Corona nicht dafür sorgen, dass seine Arbeit einfach so ausläuft. Allerdings hat es die Rubens-Schau verschoben, weshalb der Museumsdirektor noch drei Monate dran gehängt hat. Seine offizielle Verabschiedung ist jetzt am 30. September. Corona habe aber auch seine gute Seite. In der Pandemie zeige sich, dass Kultur ein Lebensmittel sei, das unbedingt dazu gehöre. Durch das Hygienekonzept können zeitgleich immer nur 75 bis 80 Besucher ins Museum. Dadurch sei die Ausstellung ganz anders erlebbar. Qualität statt Quantität. "Mensch statt Kasse", sagt Stiegemann. Das wäre sein Wunsch auch für die Zukunft unter der noch nicht bekannt gegebenen Nachfolge. Stiegemann hofft überdies auf mehr: "Das Umdenken des Publikums mit dem Entdecken der Dauerausstellung wäre das Schönste." Wenn die Rubens-Schau am 25. Oktober endet, ist Christoph Stiegemann mit seinen Gedanken vielelicht schon bei der nächsten Aufgabe. Anstatt in den Ruhestand zieht es ihn ab November in den Kreis Höxter. Anlässlich des 1.200-Jahre-Jubiläums 2022 soll er sich um die Erschließung des UNESCO-Weltkulturerbes Corvey kümmern.

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